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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Helleboreïn; Helleborus; Helleichmaß; Hellen; Hellenen; Hellenismus

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Helleboreïn - Hellenismus.

H. bewehrten Soldaten hießen Hellebardiere. In Deutschland wird die H. bereits 1313 genannt; in den Hussitenkriegen bildete sie die Hauptwaffe des Fußvolks, wurde aber vom 15. Jahrh. an durch die Pike, später durch das Bajonettgewehr verdrängt, wogegen die Unteroffiziere u. Offiziere sie der Leichtigkeit wegen der Pike vorzogen. Sie war die Lieblingswaffe der Schweizer im 14. und 15. Jahrh., im 16. Jahrh. oft die Hauptwaffe der Anführer des Fußvolks, insbesondere bei den Landsknechten (s. d.), und noch später diente sie als Abzeichen der Sergeanten. Bei letztern erhielt sich die H. als Sponton (s. d.) hier und da bis zu Anfang des 19. Jahrh., während sie bei der Linie schon Ende des 18. Jahrh. verschwand. Als Waffe der Unteroffiziere heißt sie Sponton oder Halbpike. Jetzt ist sie bloß noch bei fürstlichen Leibwachen im Gebrauch.

Helleboreïn C26H44O15 ^[C_{26}H_{44}O_{15}] findet sich in der Wurzel und den Wurzelblättern von Helleborus viridis und H. niger, bildet farb- und geruchlose Kristalle, schmeckt süßlich, löst sich in Wasser und Alkohol, nicht in Äther, zersetzt sich beim Erhitzen und zerfällt beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure in Zucker und Helleboretin C14H20O3 ^[C_{14}H_{20}O_{3}], welches sich in blauen Flocken abscheidet. H. reizt stark zum Niesen und ist eins der intensivsten Herzgifte. Neben demselben findet sich Helleborin C36H42O6 ^[C_{36}H_{42}O_{6}], welches farb- und geruchlose Kristalle bildet, in alkoholischer Lösung scharf brennend schmeckt, sich in Alkohol und Äther, nicht in kaltem Wasser löst, beim Erhitzen sich zersetzt und beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure in Zucker und Helleboresin C39H38O4 ^[C_{39}H_{38}O_{4}] zerfällt. Letzteres bildet ein grauweißes, geschmackloses Pulver. Helleborin bedingt die narkotische Wirkung des Helleborus, ist sehr giftig und tötet durch Lähmung des Gehirns.

Helleborus L. (Nieswurz), Gattung aus der Familie der Ranunkulaceen, Stauden oder zweijährige Kräuter mit kräftigen, mehr oder weniger kriechenden oder schief aufsteigenden Rhizomen, hand- oder fußförmig zusammengesetzten oder gelappten, immergrünen Grundblättern, einfachern Stengelblättern, einzeln oder in Rispen stehenden Blüten und lederartigen, geschnäbelten, vielsamigen Kapseln. Elf europäische und westasiatische Arten. Alle H.-Arten sind giftig. H. viridis L. (grüne Nieswurz, grüne Christwurz, s. Tafel "Giftpflanzen II"), mit kriechendem, verästeltem Wurzelstock, fadenförmigen, ästigen Wurzeln, langgestielten, krautartigen, fußförmigen, gesägten Wurzelblättern, fast gabelästigem, wenigblütigem Stengel und gelbgrünen Blüten im März und April, wächst in Wäldern niedrigerer Gebirge von den Pyrenäen durch Westfrankreich bis Schottland, in der Schweiz, Tirol, Steiermark, Süd- und Mitteldeutschland, in Italien, am Kaukasus und in Nordamerika. Das frisch rettichartig riechende, stark bitter, hinterher brennend scharf schmeckende Rhizom war früher offizinell und enthält Helleborin C36H42O6 ^[C_{36}H_{42}O_{6}] und Helleborein C26H44O15 ^[C_{26}H_{44}O_{15}] (s. d.). Die Wirksamkeit der Nieswurz erstreckt sich besonders auf das Gangliensystem und die Beförderung der Darmsekretionen. Man gibt sie bei Anschoppungen der Unterleibsorgane, hypochondrischen Leiden, Melancholie, Wassersucht etc.; äußerlich auch gegen chronische Hautausschläge. H. foetidus L. (stinkende Nieswurz), der vorigen Art ähnlich, aber mit beblättertem, vielblütigem Stengel, fußförmigen und mit 5-9 spitzig gesägten Abschnitten versehenen untern und kleinern, drei- bis fünfspaltigen obern Blättern und glockig zusammengeneigten, grünen, am Rande tief purpurrot geäderten Blütenkelchen, auf buschigen Hügeln und Bergen, findet sich in Bergwäldern, besonders im südlichen und westlichen Europa, in der Schweiz, in Württemberg, im Rheinthal bis nach den Niederlanden hinab. Ehedem waren Wurzel und Kraut als wilde Christwurz, Läusekraut, Bärenfuß offizinell. H. niger L. (schwarze Nieswurz, Christwurz, Weihnachts-, Winter- oder Schneerose, s. Tafel "Giftpflanzen II"), mit schiefem oder senkrechtem, sonst dem des H. viridis ähnlichem Rhizom, zahlreichen stielrunden, gestreiften, einfachen oder nur gegen die Spitze wenig verästelten Nebenwurzeln, fußförmigen, unbehaarten, gegen die Spitze hin entfernt gesägten Blättern, einfachem, ein- bis dreiblütigem Blütenschaft und großer, weißer, später rötlicher Blüte, von November bis März blühend, wächst in Gebirgsländern und Voralpen in Schlesien, Böhmen, Salzburg, Steiermark, Krain, in der Provence, in Italien und Griechenland. Die Wurzel war früher offizinell und enthält dieselben Bestandteile wie die von H. viridis. Der H. melas des Hippokrates, der bei den Alten in hohem Ansehen stand, stammte von H. antiquorum Braun, welcher noch jetzt auf dem bithynischen Olymp gefunden wird, vielleicht auch von H. ponticus Braun in Pontus. Die Blüten der schwarzen Nieswurz benutzt man zu Totenkränzen. H. viridis und H. niger sowie einige andre Arten, wie H. orientalis Lam. aus Griechenland, mit rötlichen Blüten, H. purpurascens Willd., mit weinroten Blüten, und eine Menge durch Kreuzung gewonnene Spielarten, werden in Gärten als Zierpflanzen kultiviert. H. hiemalis, s. v. w. Eranthis hiemalis. Die Radix (Rhizoma) Hellebori albi stammt von Veratrum album L.

Helleichmaß, s. Altmaß.

Hellen, im griech. Mythus Sohn des Deukalion und der Pyrrha, erzeugte mit der Nymphe Orseis den Äolos, Doros und Xuthos, d. h. die Stammväter der Äolier, Dorier und Ionier, nach andern auch den Amphiktyon. Sein Land heißt Phthia. Er erscheint als Stammvater der Hellenen.

Hellenen, der Name der alten Griechen seit dem Emporkommen der Dorier und Ionier. Unter den Neugriechen unterscheidet man H. als diejenigen, welche dem Staat Griechenland (Hellas) angehören, im Gegensatz zu den unter türkischer Herrschaft lebenden Griechen.

Hellenismus, die nationale Eigentümlichkeit des Griechenvolks, namentlich in Bezug auf Sprache, Sitte und Bildung; im besondern Sinne nach J. J. Scaligers und D. Heinsius' Vorgang Bezeichnung des griechischen (hellenistischen) Idioms, dessen sich die alexandrinischen Übersetzer des Alten Testaments (Septuaginta) und die Schriftsteller des Neuen Testaments bedienten. Dasselbe hat ein hebräisch-jüdisches Kolorit, welches teils in der Übertragung gewisser, besonders tropischer Bedeutungen hebräischer Wörter auf entsprechende griechische, teils in der wörtlichen Nachbildung hebräischer Phrasen und Konstruktionen besteht. Auch geben die betreffenden Schriften, entsprechend der einfachen Denk- und Sprechweise der Hebräer, eine nur geringe Gewandtheit und Mannigfaltigkeit des Gedankenausdrucks sowie fast durchgängige Vernachlässigung des Periodenbaues kund. Die Sprache ist der gemeine griechische Volksdialekt, der sich seit Alexanders d. Gr. Feldzügen in den von ihm eroberten Ländern gebildet hatte, u. in welchem die frühern Dialekte gemischt erscheinen (s. Griechische Sprache, S. 734). Vgl. Winer, Grammatik des neutestamentlichen Sprachidioms (7. Aufl., Leipz. 1867).