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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Idiotikon; Idiotismus; Idisen; Idistavisus; Idle; Idokras; Idol; Idolatrie; Idolopöie; Idomeneus; Idrac; Idria

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Idiotikon - Idria.

gegründete, noch bestehende Anstalt in Möckern bis zu seinem Tod (1868) verwaltete. Seitdem hat sich die Zahl der Idiotenanstalten von Jahr zu Jahr vermehrt, und gegenwärtig bestehen in allen Teilen Deutschlands dergleichen, teils aus reinen Privatmitteln, teils durch mildthätige Beiträge, teils auch auf der Basis staatlicher oder provinzialer Subvention gegründete Erziehungs- und Pfleganstalten. Bis jetzt bestehen aber nur zwei als wirkliche Staatsanstalten, deren oberste Leitung im engsten Anschluß an die daneben bestehenden Irrenanstalten einem Psychiater unterstellt ist: Hubertusburg im Königreich Sachsen und Sachsenberg bei Schwerin. Jede dieser Anstalten hat sich mehr oder weniger aus sich selbst entwickelt und trägt in der Regel die subjektiven Anschauungen desjenigen über Wesen und Behandlung der I. sowie über die Ziele der Idiotenanstalten zur Schau, welcher die betreffende Anstalt ins Leben gerufen hat und dirigiert. Diese Anschauungen gehen oft weit auseinander, je nachdem ein Arzt oder Pädagog oder ein Geistlicher an der Spitze steht. Vgl. Sengelmann, Systematisches Lehrbuch der Idioten-Heilpflege (Soltau 1885); "Zeitschrift für Idiotenwesen" (Dresden 1881 ff.).

Idiotikon (griech.), Wörterbuch, welches die Eigenheiten eines Dialekts (Idiotismen) enthält.

Idiotismus (griech.), eigentlich die Sprechweise oder Mundart des gemeinen Mannes; dann jede Eigentümlichkeit im Ausdruck, welche diese oder jene Sprache ausschließlich besitzt, und durch die sie sich von andern unterscheidet; auch eigentümliche Mundart einer Gegend, daher s. v. w. Idiom; endlich s. v. w. Albernheit, Blödsinn (s. Idiotie).

Idisen (im Norden Dîsin), in der deutschen Mythologie allgemeiner Name für göttliche Jungfrauen, insbesondere die Nornen und Walküren (Otfried nennt die Jungfrau Maria "Itis"). Derselbe kommt in den sogen. Merseburger Zaubersprüchen vor, wo die I. in zauberischen Verrichtungen begriffen erscheinen; sie winden Stricke, um Heere aufzuhalten, die Feinde oder ihre Führer zu fesseln, und entscheiden dadurch den Kampf. Weihestätten, an welchen ihnen geopfert wurde, scheinen der Desenberg im Osning und der Disenberg (Disibodenberg) im Nahethal gewesen zu sein. Vgl. auch Idistavisus.

Idistavisus, nach Tacitus Name der Thalebene auf dem rechten Ufer der Weser, wo 16 n. Chr. Germanicus den Arminius besiegte. Die Lage des Ortes ist nicht sicher zu bestimmen, am wahrscheinlichsten aber oberhalb Minden, in der Nähe der Westfälischen Pforte, zu suchen. P. Höfer ("Der Feldzug des Germanicus", Gotha 1884) erklärt I. für die Ebene am linken Ufer der Weser, zwischen dieser und dem Wedigenstein (Wittekindstein), dem östlichen Ende des Wiehengebirges. Der Name wird von J. Grimm auf die Idisen (s. d.) bezogen und in Idisiaviso, s. v. w. Walkürenwiese, Jungfernheide, verbessert.

Idle (spr. eidl), Stadt in Yorkshire (England), unfern Bradford, hat Woll- und Worstedfabriken, Stein- und Schieferbrüche und (1881) 6643 Einw.

Idokras (Vesuvian, Egeran), Mineral aus der Ordnung der Silikate (Epidotgruppe), kristallisiert tetragonal, findet sich meist in säulenförmigen, seltener tafelförmigen Kristallen ein- oder aufgewachsen, in Drusen, auch derb in stängeligen und körnigen Aggregaten. Er ist ein Silikat nach der Formel H14(CaMg)40(Al2Fe2)10Si35O147 ^[H_{14}(CaMg)_{40}(Al_{2}Fe_{2})_{10}Si_{35}O_{147}] und enthält auch wenig Alkali, Manganoxydul, Titansäure. I. ist braun, gelb, grün, blau, glas- oder fettglänzend, durchsichtig bis undurchsichtig, Härte 6,5, spez. Gew. 3,34-3,44. Der I. kommt vor in einem aus Dolomit, Glimmer, Granat etc. gemengten Gestein am Monte Somma (Vesuvian), auf Lagern und Gängen im Gneis, Serpentin, körnigen Kalkstein etc. in Piemont, Tirol, bei Eger (Egeran), Oravicza im Banat, Egg und Sudland (Cyprin) in Norwegen, Gökum in Schweden (Gökumit), Frugard in Finnland (Frugardit), am Wilui in Sibirien (Wiluit), bei Newton in New Jersey (die größten Kristalle). Die durchsichtigen oder stark durchscheinenden, schön grünen und braunen Varietäten des I. werden als Schmucksteine benutzt.

Idol (griech. Eidolon), Bild, Schatten- oder Trugbild; dann besonders s. v. w. Götzenbild, Abgott und endlich jeder Gegenstand blinder Verehrung. Idole in letzter Bedeutung, die sich aus der Vorzeit erhalten haben, sind z. B. gewisse Thonfiguren von Tieren und Menschen aus Österreich und Norddeutschland, Bronzefiguren von Pferden und Ebern aus Posen, Sachsen und Böhmen, menschliche Steinfiguren aus der Regnitz, auf Rügen etc. Auch jene Kamine Babe ("steinerne Weiler") genannten Figuren aus Südrußland u. a. gehören hierher.

Idolatrie (Idololatrie, griech.), Götzendienst, Bilderdienst; Idololater, Götzendiener.

Idolopöie (griech.), Bildungskraft; rednerische Figur, welche verstorbene Personen redend einführt.

Idomeneus, in der griech. Mythologie Sohn des Deukalion, Königs von Kreta, Enkel des Minos, war unter den Freiern der Helena, führte dann, begleitet von Meriones, dem Sohn seines Halbbruders, die Kreter in 80 Schiffen gegen Troja und zählte im Trojanischen Krieg zu den hervorragendsten Helden. Homer läßt ihn glücklich seine Heimat wieder erreichen. Nach späterer Sage gelobte er auf der Rückfahrt während eines Sturms, dem Poseidon für seine Rettung dasjenige zu opfern, was ihm in seiner Heimat zuerst entgegenkommen werde. Der erste aber, der ihm begegnete, war sein Sohn, und als er diesen nun opferte und infolge davon eine Pest ausbrach, vertrieben ihn die Kreter. Er begab sich nun nach Kalabrien, später nach Kolophon in Asien, wo er begraben sein sollte. Nach Diodor ward sein Grabmal zu Knosos gezeigt und er selbst dort als Heros verehrt.

Idrac, Jean Marie Antoine, franz. Bildhauer, geb. 1849 zu Toulouse, studierte in Paris bei den Bildhauern Guillaume, Cavelier und Falguière und errang 1873 den römischen Preis. Von Rom sendete er als sein Erstlingswerk den gestochenen Amor, welcher vom Staat angekauft wurde. 1879 erhielt er eine Medaille erster Klasse für die Marmorstatue eines Merkur, welcher bei der Beobachtung eines sich um seinen Stab ringelnden Schlangenpaars den Caduceus erfindet. Das Werk, durch eine lebendige Komposition und durch gediegene Körperkenntnis gleich hervorragend, wurde ebenfalls vom Staat angekauft. Die feine, überaus weiche und geschmeidige Behandlung des nackten Körpers war auch der Hauptvorzug der im Salon von 1881 ausgestellten Salammbô, der karthagischen Schlangenbeschwörerin und Heldin des gleichnamigen Romans von G. Flaubert. Das Gipsmodell dieser später für die Luxembourgsammlung in Marmor ausgeführten Statue erwarb dem Künstler auf der Münchener Ausstellung von 1883 eine erste Medaille. Er starb 28. Dez. 1884.

Idria (Ober-I.), berühmte Bergstadt im österreich. Herzogtum Krain, Bezirkshauptmannschaft Loitsch, liegt 333 m ü. M., in der Tiefe eines engen, von hohen Waldbergen eingeschlossenen Thals am