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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Inspirationsgemeinden; Inspirieren; In spiritualibus; Inspizieren; Installation; Installieren; Instánt; Instánz

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Inspirationsgemeinden - Instanz.

Strenge aber haben die Reformatoren im Interesse ihres Schriftprinzips den Inspirationsbegriff wieder geltend gemacht, was jedoch Luther nicht hinderte, sich auch gelegentlich freiere Äußerungen über die I. einzelner biblischer Bücher zu erlauben. Erst von der lutherischen und reformierten Orthodoxie ward in der Polemik gegen die römische Kirche sowie gegen die Socinianer und Arminianer, welche den herkömmlichen Begriff von der I. ermäßigten, derselbe als unmittelbare Erleuchtung (s. d.) gefaßt und auf eine Höhe getrieben, auf welcher zuletzt der gesamte Inhalt, jedes Wort, auch die hebräische Punktation, als vom Heiligen Geist eingegeben erschien. Die heiligen Schriftsteller waren demnach nichts weiter als "Notarien" des ihnen diktierenden Geistes. Diese strenge Theorie mildernd, hielten schon ältere Theologen für das den heiligen Autoren menschlicherweise Bekannte eine bloß Irrtümer verhütende Thätigkeit des Geistes (assistentia spiritus sancti) für hinreichend. Je mehr sich aber ein wissenschaftliches Verständnis der Heiligen Schrift Bahn brach, desto weniger konnte der Begriff einer I., sofern er einen übernatürlichen Ursprung der biblischen Litteratur aussagte, noch aufrecht erhalten werben, und so hat ihn selbst die Vermittelungsrichtung auf die ursprüngliche Frische der Begeisterung oder auf den religiösen Takt zurückgeführt, welche den Aposteln und Propheten innewohnten.

Inspirationsgemeinden, die zu Anfang des vorigen Jahrhunderts durch Anregung von seiten der Propheten der Kamisarden (s. d.) aus Separatisten gegründeten Sekten, welche an eine fortwährend bestehende unmittelbare göttliche Inspiration einzelner Auserwählten glaubten. Nach dem unglücklichen Ausgang der Religionskämpfe in den Cevennen wandten sich viele der neuen Propheten nach England und Schottland und von dort, aus der bischöflichen anglikanischen Kirche ausgeschlossen und dadurch zur Konstituierung einer besondern Kirchengemeinschaft gezwungen, nach den Niederlanden. Sie stimmten in der Lehre im wesentlichen mit der evangelischen Kirche überein, nur verwarfen sie deren äußere Institutionen, namentlich das Lehramt und die Sakramente. Der Heilige Geist erwählt sich nach ihrer Meinung jeweilig aus den Gläubigen seine Werkzeuge und erteilt ihnen durch ein "inneres Licht oder Wort" (lumen sive verbum internum) besondere Offenbarungen. Die mit der "Einsprache" Begnadigten traten sodann in den gottesdienstlichen Versammlungen auf mit Ermahnungen zur Buße und Besserung, die unter Zuckungen und Schluchzen stoßweise sich aus der Seele losrangen. Dann und wann fanden Liebesmahle statt, denen die Fußwaschung voranging. Dieses Inspirationswesen fand bei den Pietisten und Separatisten im nördlichen und westlichen Deutschland einen besonders empfänglichen Boden. Schon 1713-14 entstanden in Halle und Berlin I. Sie verpflanzten sich in die Wetterau, wo sich ihnen die Führer der dortigen Separatisten, Eberhard Ludwig Gruber (gest. 1728) und Rock (gest. 1749), anschlossen. Inspirierte Missionäre durchzogen von der Wetterau aus das ganze westliche Deutschland und die Schweiz und gründeten allenthalben kleinere I. Auch in Germantown in Pennsylvanien war durch Joh. Gruber, Sohn des Vorgenannten, eine separatistische Gemeinde gestiftet worden. Streitigkeiten, teils mit den geistesverwandten Herrnhutern, teils innere, beschleunigten aber den mit Rocks Ableben eintretenden Verfall der I. Fast erloschen, lebte seit 1816 der Inspirationsgeist wieder auf, und die alten Gemeinden in der Wetterau, der Pfalz und dem Elsaß reorganisierten sich, wanderten aber, vielfach bedrückt, 1841 nach Ebenezer bei Buffalo im Staat New York aus, wo sie, etwa 2000 Seelen stark, sich unter Leitung von Christian Metz mit Ackerbau und Tuchfabrikation beschäftigten und in teilweiser Gütergemeinschaft lebten. Auch nach Kanada haben sie Kolonien ausgesandt. 1854 wandten sich die meisten nach dem Staat Iowa. Vgl. Göbel in Niedners "Zeitschrift für historische Theologie" 1854-57.

Inspirieren (lat.), einatmen; einem etwas "einhauchen", einflößen, eingeben (vgl. Inspiration); Inspirierte, s. Inspirationsgemeinden.

In spiritualibus (lat.), in geistlichen Angelegenheiten.

Inspizieren (lat.), besichtigen, beaufsichtigen. Das militärische Inspizierungsrecht ist durch Art. 63 der deutschen Reichsverfassung dem Kaiser beigelegt. Derselbe ist berechtigt, "sich jederzeit durch Inspektionen von der Verfassung der einzelnen Kontingente zu überzeugen und die Abstellung der dabei gefundenen Mängel anzuordnen". Auch den Bundesfürsten und Senaten ist durch Art. 66, soweit nicht besondere Konventionen anders bestimmen, das Inspizierungsrecht vorbehalten. Außerdem hat jeder höhere Vorgesetzte das Inspizierungsrecht über die ihm unterstellte Truppe.

Installation (mittellat., v. altdeutschen stal, d. h. Stelle, mittellat. stallus), Einweisung in ein Amt, besonders in ein geistliches, an Ort und Stelle der Wirksamkeit des Berufenen, in Stiftskirchen mit Anweisung eines besondern Platzes (stallus) im Kapitel und im Chor (s. Investitur). I. heißt auch die äußere Einrichtung eines Geschäfts, die Beschaffung des nötigen Inventars für ein gewerbliches Etablissement; daher Installationskonto, das hierüber geführte Konto.

Installieren (mittellat.), einweisen, einrichten.

Instánt (lat.), Bittsteller, Ansucher.

Instánz (lat., von instare, "auf etwas bestehen, eine Sache eifrig betreiben"), in der Rechtswissenschaft Bezeichnung einmal für die einzelnen Abschnitte des vor dem nämlichen Gericht geführten Rechtsstreits (in welchem Sinn man von I. des ersten Verfahrens, Beweisinstanz und Exekutionsinstanz spricht), sodann für das durch Einwendung eines Rechtsmittels vor einem Obergericht entstandene nochmalige Verfahren über den schon vorher ("in erster I.") beurteilten Rechtsstreit (I. der Rechtsmittel), endlich für die zu einander in dem Verhältnis der Überordnung stehenden Gerichte. Die Parteien können nämlich sowohl gegen Endurteile als auch gegen manche Verfügungen im Lauf des Prozesses, durch welche sie sich beeinträchtigt erachten, Rechtsmittel einwenden. Diese Rechtsmittel müssen in bestimmter Frist, nach der deutschen Zivilprozeßordnung meist binnen Monatsfrist und in Strafsachen nach der Strafprozeßordnung binnen einer Woche von Eröffnung der beschwerenden Verfügung an, eingewendet werden und hindern deren Übergang in Rechtskraft und Vollziehbarkeit. Indessen ist manchen Rechtsmitteln dieser sogen. Suspensiveffekt entzogen, und auch nach Ablauf der gewöhnlichen Frist sind unter Umständen noch außerordentliche Rechtsmittel (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Wiederaufnahme der Untersuchung) möglich. Über das Rechtsmittel entscheidet regelmäßig ein übergeordneter Richter (devolutive Rechtsmittel), dessen Spruch den ersten Richter bindet. Während aber früher der Grundsatz der drei Instan-^[folgende Seite]