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Karl Ⅵ. (römisch-deutscher Kaiser)
schlug den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen, der in die Hand des Feindes fiel, bei Mühlberg 24. April 1547, während Philipp von Hessen kurz darauf zu Halle Abbitte leistete und ebenfalls in Haft genommen wurde. Aber das herrische Gebaren des siegreichen Kaisers und seiner Spanier auf dem «geharnischten» Augsburger Reichstag (1547‒48), seine Regelung der deutschen Religionsfrage durch das sog. Interim (s. d.), die Mißhandlung der gefangenen Fürsten, vor allem die allmählich hervortretende Absicht K.s, die Nachfolge im Reich an seinen Sohn Philipp zu bringen, erregten bei den deutschen Ständen eine so tiefgehende Unzufriedenheit, daß Moritz von Sachsen, dem K. die Kurwürde des gefangenen Johann Friedrich verliehen hatte, mit ein paar andern prot. Fürsten ohne viel Widerstand 1552 die Fahne der Empörung erheben und den überraschten Kaiser zur eiligen Flucht aus Innsbruck über den Brenner nötigen konnte. Inzwischen bemächtigte sich ihr Verbündeter Heinrich Ⅱ. von Frankreich der ihm zugesagten Bistümer Metz, Toul und Verdun. K., der wenigstens für den Augenblick (im Passauer Vertrag) das Zugeständnis eines dauernden Religionsfriedens für die Protestanten hintertrieben hatte, suchte vergebens das feste Metz den Franzosen wieder zu entreißen. Am Glück verzweifelnd und durch körperliche Leiden verstimmt, ging er in die Niederlande; auf dem Hoflager zu Brüssel entsagte er im Okt. 1555 und stellte den Ständen seinen Sohn Philipp Ⅱ. als König von Spanien und Herrn der Niederlande und Italiens vor. Die Nachfolge in Deutschland erhielt K.s Bruder Ferdinand. Dann begab sich K., von wenigen begleitet, nach Spanien, wo er ein Landhaus bei dem Kloster San Juste in Estremadura zu seinem Aufenthalte wählte und bald darauf, 21. Sept. 1558, starb. Von seiner Gemahlin Isabella von Portugal (gest. 1538) stammten K.s Nachfolger in Spanien, Philipp Ⅱ., und zwei Töchter: Maria (vermählt mit Maximilian Ⅱ. von Österreich) und Johanna (vermählt mit dem Thronfolger Johann von Portugal). Außerdem hatte K. mehrere uneheliche Kinder, darunter Johann von Österreich und Margarete von Parma.
Litteratur. Von gleichzeitigen Werken sind am bedeutendsten Sleidanus’ Commentarii de statu religionis et reipublicae Carolo Ⅴ. Caesare (Straßb. 1555); die bekanntesten Biographien älterer Zeit sind: Sandoval, Vida y hechos del emperador Carlos Ⅴ. (Vallad. 1604); Robertson, History of the reign of Charles Ⅴ. (Lond. 1769). Von neuern Werken ist Baumgartens Geschichte K.s Ⅴ. (3 Bde., Stuttg. 1885‒92) hervorzuheben. Wichtiges Quellenmaterial bietet vor allem die Korrespondenz des Kaisers K. Ⅴ., hg. von Lanz (3 Bde., Lpz. 1844‒46) und Kervyn de Lettenhove, Aufzeichnungen des Kaisers K. Ⅴ. (deutsch von Warnkönig, ebd. 1862); K.s Klosterleben in San Juste wurde von Stirling (deutsch von Lindau, Dresd. 1853; 2. Aufl. 1858), von Gachard (3 Bde., Brüss. 1854‒55), Mignet (Par. 1854) und Pichot (ebd. 1854‒55) behandelt. Vgl. ferner Maurenbrecher, K. Ⅴ. und die deutschen Protestanten 1545‒55 (Düsseld. 1865); Henne, Histoire de la Belgique sous le règne de Charles Ⅴ (4 Bde., Brüss. 1866); Rösler, Die Kaiserwahl K.s Ⅴ. (Wien 1868); Druffel, Briefe und Akten zur Geschichte des 16. Jahrh. (3 Bde., Münch. 1873‒80); De Leva, Storia documentata di Carlo Ⅴ. in correlazione all’Italia (Padua 1873‒81); Höfler, K.s Ⅰ. (Ⅴ.), Königs von Aragon und Castilien, Wahl zum röm. König, 26. Juli 1519 (Wien 1874); ders., Kaiser K.s (Ⅴ.) erstes Auftreten in Spanien (ebd. 1874); Maurenbrecher, Studien und Skizzen zur Geschichte der Reformationszeit (Lpz. 1874); Mignet, Rivalité de François Ⅰ <sup>er</sup> et de Charles Ⅴ (2 Bde., Par. 1875); Druffel, Kaiser K. Ⅴ. und die röm. Kurie 1544‒46 (Abteil. 1‒4, Münch. 1877‒90); Ranke, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation (6 Bde., 6. Aufl., Lpz. 1880‒81); Turba, Über den Zug Kaiser K.s Ⅴ. gegen Algier (Wien 1890).
Karl Ⅵ., römisch-deutscher Kaiser (1711‒40), der letzte des habsburg. Mannsstammes, zweiter Sohn Kaiser Leopolds Ⅰ., geb. 1. Okt. 1685, trat bei dem Aussterben der span. Habsburger (1700) als Bewerber um die span. Krone auf; für sein Erbrecht verbanden sich, um die Erhaltung des europ. Gleichgewichts besorgt, England und Holland mit Österreich, und diesem Bündnisse gegen das übermächtige Frankreich schlossen sich bald darauf auch das Deutsche Reich, Portugal und Savoyen an. K. wurde zu Wien 1703 unter dem Namen Karl Ⅲ. zum König von Spanien ausgerufen. Er begab sich 1704 dahin, nahm mit Hilfe der Catalonier Barcelona, Valencia und andere Städte und hielt 1706 eine schwere Belagerung Barcelonas aus, wo er residierte, bis es ihm Sept. 1710 gelang, nach bedeutendem Nachschub österr. Truppen und nach den Erfolgen des Grafen Starhemberg in Madrid einzuziehen. Allein durch die Siege der Franzosen unter Vendôme ward er 1711 wieder auf den kleinen Nordostwinkel der Halbinsel beschränkt. (S. Spanischer Erbfolgekrieg.)
Am 17. April 1711 starb sein Bruder Joseph Ⅰ., und K., der ihm in den deutschen Ländern nachfolgte, kehrte im Herbst über Italien nach Deutschland zurück. Von nun an zogen sich die verbündeten Mächte, an ihrer Spitze England, von K. zurück, da sie nicht die ganze span. und die österr. Macht in einer Hand vereinigt sehen wollten; sie schlossen allein für sich 1713 mit Frankreich den Utrechter Frieden. K. hatte im Dez. 1711 zu Frankfurt die kaiserliche und im folgenden Jahre zu Preßburg die ungar. Krone erhalten. Mit Eifer setzte er den Spanischen Erbfolgekrieg fort im Vertrauen auf des Prinzen Eugen Feldherrntalent. Doch sah er sich, von seinen Bundesgenossen verlassen und von den Reichsständen nur schwach unterstützt, 1714 genötigt, mit Frankreich den Frieden von Rastatt zu unterzeichnen, durch den ihm die span. Besitzungen in Italien, Neapel, Mailand und Sardinien, sowie die Niederlande zugesprochen wurden, während Ludwigs ⅩⅣ. zweiter Enkel als Philipp Ⅴ. den Thron in Madrid behauptete. Wie im Westen und Süden, durch die Herrschaft in den Niederlanden und in Italien, so dehnte K. bei Beginn seiner Regierung auch gegen die Türken die Macht seines Hauses bedeutend aus. Unter Anführung des Prinzen Eugen erfochten die österr. Heere entscheidende Siege bei Peterwardein und Belgrad. Im Frieden von Passarowitz (1718) wurde das Temesvarer Banat, das nördl. Serbien mit Belgrad, ein Teil von Bosnien und der Walachei erworben.
Eine neue Verwicklung im Westen wurde hervorgerufen durch die ehrgeizigen Pläne der span. Königin Elisabeth Farnese und ihres Günstlings Alberoni, welche die verlorenen ital. Nebenländer zurückgewinnen wollten. Um die Festsetzungen des Friedens aufrecht zu halten, traten 1718 Frankreich,
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