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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Kirchendiebstahl - Kirchengesang

in strenger Weise auch bei den Herrnhutern, Mennoniten und Socinianern, etwas milder bei den Quäkern. In Deutschland war im 19. Jahrh. die K. in der evang. Kirche so gut wie ganz verschwunden. Durch die neueste Entwicklung, insbesondere durch die von Reichs wegen erfolgte Aufhebung des Taufzwanges und der kirchlichen Eheschließung hat sich auch in der evang. Kirche die Überzeugung mehr und mehr festgestellt, daß eine Wiederherstellung der Kirchendisciplin zur Aufrechthaltung der kirchlichen Ordnung, besonders in Bezug auf Taufe und kirchliche Trauung (s. d.), notwendig sei. Demgemäß sind mehrfach neuere Vorschriften hierüber erlassen worden. (S. Kirchenstrafen und Kirchenzucht.)

Kirchendiebstahl, s. Diebstahl (Bd. 5, S. 271).

Kirchendiener, an vielen Kirchen der neben dem Küster vorhandene Beamte, dem untergeordnete Dienstleistungen obliegen. Als Gesamtbegriff umfaßt der Ausdruck niedere K. in der neuern kirchlichen Amtssprache gewöhnlich diese K. und die Küster, Meßner, Glöckner, Balgentreter, Totengräber u. s. w.

Kirchendotalen, s. Dotalen.

Kirchenfabrik (lat. fabrica ecclesiae), Domfabrik, früher das Bauamt bei größeren Kirchenbauten, dann die Einkünfte und das Vermögen einer Kirche (Kirchenärar), später der Teil des Kirchenvermögens, der zur Bestreitung der gottesdienstlichen Bedürfnisse und besonders der Unterhaltung der Kirchengebäude bestimmt war. Die Verwaltung wird gemeinrechtlich von dem Pfarrer unter Zuziehung weltlicher Kirchenväter (vitrici, provisores, magistri fabricae) geführt. Doch haben neuere Gesetze für die katholische wie die evang. Kirche der Kirchengemeinde und den von dieser zu wählenden Kirchenräten, Stiftungsräten (Fabrikräten) ein Recht der Kontrolle, der Mitwirkung bei der Verwaltung oder diese selbst übertragen. (S. Baulast, kirchliche.) - Vgl. Beissel, Die Bauführung des Mittelalters (2. Aufl., Freib. i. Br. 1889); Neuwirth, Die Wochenrechnungen des Prager Dombaues (Prag 1890).

Kirchenfahne, s. Fahne (Bd. 6, S. 521 b).

Kirchenfeste, s. Festtage.

Kirchengebote (lat. praecepta ecclesiae), bei den Katholiken gewisse, neben den Sittengeboten zu beobachtende kirchliche Pflichten: Messehören an allen Sonn- und Festtagen, Halten der Fasttage, österliche Beichte und Kommunion, Beobachtung der Geschlossenen Zeit (s. d.).

Kirchengemeinde, die Vereinigung der durch ein bestimmtes Glaubensbekenntnis verbundenen Personen für einen bestimmten Ortsbezirk. Die Abgrenzung der K. bedarf in Deutschland allenthalben der Genehmigung des Staates. Jede K. hat einen oder mehrere Pfarrer. Auf der K. baut sich die Synodalverfassung (s. d.) auf. In der kath. Kirche ist die Gemeinde grundsätzlich nur grex audiens et obeoediens, doch hat z. B. die neuere preuß. Gesetzgebung auch der katholischen K. aktive Funktionen der Verwaltung übertragen (s. Kirchenvorstand). Kreissynode, Provinzialsynode, Generalsynode sind grundsätzlich als Gemeindevertretung zu betrachten.

Kirchengemeinschaft, entweder Bezeichnung der Religionsgesellschaft selbst, der jemand angehört, oder der persönlichen Zugehörigkeit zu einer solchen.

Kirchengeräte, alle zum Dienste in der Kirche oder zu religiösen Handlungen gebrauchten Gegenstände. Man teilt sie nach dem Material in drei Hauptklassen ein: in Holzgeräte (Altar, Chor- und Sitzgestühl u. s. w.), Metallgeräte (Glocken, Leuchter, Taufbecken, Reliquiarien, Rauchgefäße, die Geräte des Altars oder der Sakramente, nämlich Kelch und Patene, Hostienbehälter, Monstranzen, Crucifix u. s. w.) und Gewebe und Stickereien (Paramente u. s. w.). - Vgl. Otte, Handbuch der kirchlichen Kunstarchäologie des deutschen Mittelalters (5. Aufl., 2 Bde., Lpz. 1883-84).

Kirchengesang, der Gesang beim Gottesdienst als Mittel und Zeichen der Erhebung zu Gott. Der K. ist so alt wie das Bedürfnis gemeinsamer Erbauung überhaupt. Schon im Heidentum gehörten Gesänge, meist von musikalischen Instrumenten begleitet, zum religiösen Kultus; dasselbe war im alten Judentum der Fall, wo der Gesang unter Musikbegleitung den Leviten übertragen war. Auch im christl. Kultus wendete man frühzeitig Musik und Gesang an. (S. Kirchenmusik.) Im Morgenlande bildete sich der K. zuerst als Wechselgesang der Gemeinde aus (s. Antiphonie, Responsorien), der durch Ambrosius (s. d.) von Mailand auch im Abendlande eingeführt wurde. An die Stelle des überaus lebhaften Ambrosianischen Gesangs setzte Papst Gregor d. Gr. den Choral (s. d.). Der kirchliche Gemeindegesang ging im Mittelalter allmählich fast ganz verloren. In den Leisen (s. d.) entstand zwar ein geistliches Volkslied in deutscher Sprache, aber gesungen wurde es viel weniger in den Kirchen als im Freien bei Wallfahrten und ähnlichen Gelegenheiten. Erst durch Luther, den Schöpfer des deutschen Kirchenliedes (s. d.), wurde der K. wieder wesentlich zum Gemeindegesang und seitdem ist er, unterstützt von der Orgelmusik, nirgends mehr als in der deutschen evang. Kirche gepflegt und vervollkommnet worden. Die ältere, sog. rhythmische oder melodische Sangesweise wurde im 18. Jahrh. durch die einförmig getragene verdrängt, die jetzt meist üblich ist; in neuerer Zeit ist die Wiedereinführung der rhythmischen Weise von manchen Seiten warm befürwortet, von andern ebenso entschieden zurückgewiesen worden. Der Pflege des evangelischen K. dienen die neuerlich an vielen Orten gebildeten Kirchengesangvereine (s. d.).

Die religiösen Liedersammlungen für den K. sind in den Gesangbüchern enthalten. Luther gab zuerst eine Sammlung von acht Liedern (vier von ihm, drei von Paul Speratus, eins von einem unbekannten Dichter) heraus ("Etlich Cristlich lider Lobgesang und Psalm", Wittenb. 1524) und ließ derselben rasch neue vermehrte Auflagen folgen. Die letzte von Luther besorgte und von ihm mit einer neuen Vorrede versehene Auflage von 1545 ("Geystliche Lieder, gedruckt zu Leipzig durch Valentin Babst") hatte über 100 Lieder, darunter 37 von Luther selbst. Das Luthersche Gesangbuch von 1545 blieb in vielen luth. Gemeinden lange im Gebrauch; doch mehrte sich die Zahl der Gesangbücher bald so sehr, daß es deren zu Ende des 16. Jahrh. in Deutschland schon etwa 200 gab. Die reform. Kirche benutzte zum kirchlichen Gesang fast lediglich die alttestamentlichen Psalmen, die von Element Marot und Theodor Beza französisch umgedichtet und in dieser Form von Calvin 1555 als Gesangbuch in die Genfer Kirche eingeführt wurden, mit Melodien nach geistlichen und weltlichen Volksliedern. Der Professor der Rechte Ambrosius Lobwasser in Königsberg übertrug diesen Marot-Bezaschen Psalter ins Deutsche (Heidelb. 1573). Die spätere Entwicklung des Ge-^[folgende Seite]

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