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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Landquartbahn; Landquart (Bezirk); Landrat; Landrecht; Landrecies

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Landquart (Bezirk) – Landrecies

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Landquart (Fluß)'

springt mit zwei Quellbächen aus den Gletschern der Silvrettagruppe, durchstießt das Prättigau, in welchem ihr vom Rhätikon und den Plessuralpen mehrere Wildbäche zugehen, tritt durch die Felsenge der Klus in die Ebene hinaus und mündet, 42 km lang, 13 km nördlich von Chur. Die L. ist ein wildes Bergwasser, das namentlich im Unterlauf öfters Überschwemmungen verursacht und deshalb teilweise kanalisiert wurde.

Landquart auch Lanquart. 1) Ober-Landquart, Bezirk im schweiz. Kanton Graubünden, hat 676,6 qkm, (1888) 10499 E., darunter 1468 Katholiken und 34 Israeliten in 12 Gemeinden, und zerfällt in die 5 Kreise Davos (4781 E.), Jenaz (1583 E.), Klosters (1514 E.), Küblis (1377 E.) und Luzein (1244 E.). Hauptort ist Klosters (s. d.). –

2) Unter-Landquart, Bezirk im schweiz. Kanton Graubünden, hat 352,5 qkm, (1888) 12189 E., darunter 3272 Katholiken in 16 Gemeinden, und zerfällt in die 4 Kreise Fünf Dörfer (4965 E.), Maienfeld (3002 E.), Schiers (2610 E.) und Seewis (1612 E.). Hauptort ist Malans (s. d.).

Landquartbahn, auch Prättigauer Bahn, schmalspurige Privatbahn (50,1 km),von Landquart über Klosters nach Davos, 1889 und 1890 eröffnet. Die Fortsetzung von Davos nach Chiavenna in Oberitalien (Scalettabahn) ist geplant.

Landrat, in Preußen (mit Ausnahme des Reg.-Bez. Sigmaringen) der Vorsteher der Kreisverwaltung (s. Kreisordnung), der als besoldeter Staatsbeamter einerseits die Staatsgewalt vertritt, andererseits dem Kreisausschuß und der Kreisvertretung vorsitzt. Früher wurde er aus den Rittergutsbesitzern des Kreises dem König zur Ernennung präsentiert; heute bilden die angesessenen L. wohl die Ausnahme, während in der Regel die L. aus der Zahl der Regierungsassessoren (allerdings auch heute noch auf Präsentation des Kreistags) genommen werden. Der L. gehört zu den polit. Staatsbeamten der innern Verwaltung, kann deshalb jederzeit seiner Stellung enthoben werden und hat den Rang der Räte vierter Klasse. Durch die Gesetzgebung der neuesten Zeit ist seine persönliche Machtvollkommenheit nach unten hin beschränkt, wogegen der Kreisausschuß erweiterte Befugnisse erhalten hat und die Abhängigkeit des L. von der Bezirksregierung und dem Minister des Innern geringer geworden ist. – Ähnliche Stellungen haben die Oberamtmänner in den Hohenzollernschen Landen, die L. in Schwarzburg, die Kreisräte in Hessen und Waldeck, die Kreisdirektoren in Elsaß-Lothringen, Anhalt und Braunschweig u. s. w. – In Mecklenburg wird das ständische Direktorium von acht L. als Vertretern des eingeborenen oder recipierten Adels, den drei Erblandmarschällen und einem Vertreter der Stadt Rostock gebildet; auch gehören dem Engern Ausschuß der Ritter- und Landschaft zwei L. neben drei ritterschaftlichen und vier städtischen Deputierten an.

Landrecht, das in einem Lande geltende Recht. Der Ausdruck kam auf, als man im deutschen Mittelalter anfing, den Grundsatz aufzugeben, daß der Franke, der Sachse, der Bayer u. s. w., gleichgültig, wo er wohnte, nach dem Rechte seines Stammes (Princip der persönlichen Rechte) lebte, vielmehr für ihn nun das Recht seiner Heimat maßgebend wurde. Neben dem L. erwuchs in den Städten das Stadtrecht. Den Gegensatz zu beiden bildete einerseits das Reichsrecht, andererseits ↔ die Sonderrechte des Hofrechts, Dienstrechts und Lehnrechts, parallel der Unterscheidung von Landgericht (s. d.) und Lehngericht, Hofgericht u. s. w. Das auf Gewohnheit beruhende L. wurde zum Teil schriftlich dargestellt; die berühmteste Darstellung ist die des sächsischen L. (s. Sachsenspiegel). Seit dem 13. Jahrh. bemächtigte sich die Gesetzgebung des L., z. B. in den friesischen L. vor 1252, im bayrischen L. von 1346, im Kulmer L. von 1394.

Das bedeutendste L. ist das Allgemeine Preußische L. (Publikationspatent vom 5. Febr. 1794). Dasselbe erstreckt sich auf das bürgerliche Recht, auf Staats- und Verwaltungsrecht, Polizeirecht, Kirchenrecht und Strafrecht. Seine größte Bedeutung liegt darin, daß es die bestehenden röm. und deutschen Rechtsinstitute den Bedürfnissen des modernen Lebens anpaßte und so verständige und volkstümliche Rechtssätze aufstellte. Aber wie nach der Allgemeinen Gerichtsordnung (s. Gerichtsordnung) der Richter nicht der Thätigkeit der Parteien das überließ, was ihnen gebührte, so überließ hier der Gesetzgeber nicht dem Richter, was dessen Sache ist. Es sollte von vornherein jede einzelne Frage entschieden werden, statt daß man sich auf allgemeine Grundsätze beschränkte. Infolgedessen ist die Wissenschaft des preuß. bürgerlichen Rechts weit zurückgeblieben hinter der des gemeinen Rechts. Sie ist erst von dieser aus wieder von neuem befruchtet. Unter den ausarbeitenden Juristen war der bedeutendste Suarez. Das Allgemeine L. zerfällt in zwei Teile, diese in Titel und weiter in Paragraphen. Nach dem Vorgange der Citierung des Corpus juris wird vielfach so citiert: §. 74 A. L. R. I, 13, statt A. L. R. I,13, §. 74. Die Gesetzeskraft des heute noch geltenden L. datiert vom 1. Juni 1794. Es gilt unbeschadet der abweichenden Provinzialgesetze, soweit diese nicht ausdrücklich beseitigt sind, und mit Ausnahme der das Familienrecht betreffenden Titel, welche für einzelne Gegenden suspendiert sind, im Umfang der alten preuß. Provinzen, einschließlich Westfalen, Posen und der frühern sächs. Landesteile; aber nicht in Neuvorpommern und Rügen, den Fürstentümern Hohenzollern, wo überall gemeines Recht gilt, nicht in der Rheinprovinz, wo die Gesetze des franz. Rechts erhalten geblieben sind, und nicht in den neuerworbenen Landesteilen, mit Ausnahme von Ostfriesland, Lingen und einem Teil des Eichsfeldes sowie in dem Jadegebiet. Es gilt ferner in den Teilen der ehemaligen frank. Fürstentümer, welche an Bayern abgetreten sind. In seinen privatrechtlichen Bestimmungen ist es auf die Konsulargerichtsbezirke (preuß. Gesetz vom 29. Juni 1865, §. 16, Bundesgesetz vom 8. Nov. 1867, Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879, §. 3) und auf die deutschen Kolonien (s. Kolonialrecht) ausgedehnt. – Altere Ausgaben von 1791/92, 1821, 1832,1863; neuere von Schering, mit Anmerkungen (2. Aufl., Berl. 1869), Rehbein und Reincke, mit Anmerkungen und den neuern Gesetzen (5. Aufl., ebd. 1894); Kommentar von Koch (8. Aufl., ebd. 1884–86); wissenschaftliche Bearbeitung von Förster, Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preuß. Privatrechts (5. Aufl., bearb. von Eccius, 4 Bde., ebd. 1887–88; 6. Aufl., ebd. 1892), und Dernburg, Lehrbuch des preuß. Privatrechts (3 Bde.; Bd. 1, 5. Aufl., Halle a. S. 1893; Bd. 2, 4. Aufl. 1889; Bd. 3, 3. Aufl. 1884).

Landrecies (spr. langdrëßih) oder Landrecy, Stadt und Festung dritten Ranges im franz. Depart. Nord, Arrondissement Avesnes, an der hier schiff-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 933.