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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Muskat-Frontignan - Muskelgefühl.

folgt der Frontignac in Güte und Annehmlichkeit des Geschmacks, dann der Montbasin (Montbason). Der von Béziers ist der geringste. Unter den Muskatellerweinen der Provence sind der St.-Laurent, Cante Perdrix und Ciotat die schmackhaftesten und angenehmsten. Unter den italienischen sind vorzüglich der von Syrakus, der Moscato oder Moscatello von Cagliari und verschiedene aus Sardinien, Toscana, z. B. der Aleatico Castello und der Albano aus der Campagna, berühmt. Die Insel Lipari liefert besonders schöne M., desgleichen Korfu, Cypern und Kandia sowie Spanien, die Kanarischen Inseln und das Kap.

Muskat-Frontignan, s. Languedocweine.

Muskatholz, s. Letternholz.

Muskathyazinthe, s. Muscari.

Muskatkraut, s. Pelargonium.

Muskat-Lunel, s. Muskatellerweine.

Muskatnußbaum, s. Myristica.

Muskatnußleber, s. Leberkrankheiten.

Muskatnußöl (Muskatbutter, Bandaseife, Oleum nucistae), aus den schwach gerösteten und gepulverten Muskatnüssen gepreßtes Fett, wird in der Heimat des Baums, aber auch in Europa dargestellt, kommt in würfelförmigen Stücken in den Handel, hat Talgkonsistenz, ist gelbrötlich bis rötlichbraun, von körniger, weißlicher Masse durchsetzt, riecht und schmeckt angenehm nach Muskatnuß, schmilzt zwischen 41 und 51°, löst sich nur teilweise in kaltem, vollständig in heißem Alkohol und Äther, besteht aus 70 Myristin, 20 Olein, 1 Butyrin, 3 saurem Harz und 6 ätherischem Öl. Es dient, mit Wachs und Öl gemischt, als Muskatbalsam zu Einreibungen bei gastrischen Störungen, Kopfschmerzen etc., ist aber ziemlich wirkungslos.

Muskatvogel, s. Amadinen.

Muskau, Standesherrschaft im preuß. Regierungsbezirk Liegnitz, zwischen der Lausitzer Neiße und Spree, 470 qkm (8,54 QM.) groß mit etwa 16,000 Einw. (ca. 9000 Wenden), gehörte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. der Familie von Schönaich und fiel hierauf an den Kaiser Rudolf II., der sie 1597 an die Burggrafen von Dohna erblich verkaufte. 1784 kam sie an den Grafen (seit 1820 Fürsten) Pückler. Fürst Hermann Pückler (s. d.) verkaufte sie 1845 an den Grafen Edmund von Hatzfeld-Weißweilers und dieser wieder 1846 an den Prinzen Friedrich der Niederlande. Gegenwärtiger Besitzer ist Graf Arnim. - Hauptort der Standesherrschaft ist die Stadt M., im Kreis Rothenburg, an der Lausitzer Neiße und der Linie Weißwasser-M. der Preußischen Staatsbahn, 108 m ü. M. M. hat 2 evangelische (darunter eine wendische) und eine kath. Kirche, ein prächtiges Schloß (1866 im Renaissancestil umgebaut), eine höhere Knabenschule, ein Amtsgericht, eine bedeutende Buckskinfabrik, Thonwaren-, Glas- und Zigarrenfabrikation, Braunkohlengruben und (1885) 3170 meist evang. Einwohner. Ein berühmter, vom Fürsten Hermann Pückler angelegter, 604 Hektar großer Park zu beiden Seiten der Neiße, über welche zwei Verbindungsbrücken führen, umgibt Schloß und Stadt; derselbe hat eine berühmte Baumschule, ein Arboretum mit großem Bestand seltener Bäume und Holzarten, bedeutende Ananaszucht, das Hermannsbad mit einer glaubersalzhaltigen Eisenquelle von 12° C., Alaunquelle, Moor- und Fichtennadelbädern, das Englische Haus, eine Fasanerie, das Jagdschloß Hermannsruhe etc. In M. lebte und starb der Dichter L. Schefer. Vgl. "Der Park und das Arboretum von M." (Spremb. 1869); Petzold, Fürst von Pückler-M. in seinem Wirken in M. etc. (Leipz. 1874); Liebusch, Sagen und Bilder aus M. (Dresd. 1885).

Muskeegon (spr. mößkihgön), Stadt im nordamerikan. Staat Michigan, bei der Mündung des Flusses M. in eine Bai des Michigansees, hat Sägemühlen, Holzhandel und (1880) 11,262 Einw.

Muskelatrophie (progressive M.), Form des Muskelschwundes, wobei die Muskeln infolge einer schleichend verlaufenden parenchymatösen Entzündung an Umfang abnehmen, blaß und gelblich werden und zuletzt die Fähigkeit, sich zusammenzuziehen, verlieren. Die betroffenen Glieder sind dann gelähmt. Am häufigsten betrifft die M. den Daumenballen, die Muskeln der Hand, der Schulter und schreitet in vielen Fällen von einem Glied auf das andre über. Häufig bleibt jedoch die Krankheit auch auf bestimmte Muskeln beschränkt. Der M. liegt gewöhnlich eine Nervenlähmung zu Grunde, die entweder zentral in einer Rückenmarkserkrankung begründet oder peripherisch sein kann, wie bei der chronischen Bleivergiftung. Auch im Gefolge von Typhus, Scharlach, Pocken ist die Krankheit beobachtet worden. Die methodische Anwendung des induzierten elektrischen Stroms auf die erkrankten Muskeln verdient das größte Vertrauen als Mittel, dem Schwund Einhalt zu thun, ebenso der Gebrauch der methodischen Übung (s. Heilgymnastik) und der passiven Erregung (s. Knetkur), oft aber ist die M. unheilbar.

Muskelelektrizität, die Gesamtheit der im lebenden Muskel zu beobachtenden elektrischen Erscheinungen; s. Muskeln, S. 638.

Muskelfasergewächs (Myoma), eine Geschwulst, welche aus glatten Muskelfasern in sehr wechselnder Menge, aus fibrillärem Bindegewebe und Gefäßen besteht, wird wegen seines Reichtums an fibrillärem Gewebe häufig auch als Fibroid bezeichnet. Es ist im ganzen den reinen, festen Fasergeschwülsten sehr ähnlich, rundlich oder mit grob höckeriger Oberfläche versehen, scharf umschrieben und leicht ausschälbar. Bei weitem am häufigsten kommt das M., welches durchaus zu den gutartigsten Geschwülsten gehört, im Körper der Gebärmutter vor, viel seltener im Magen, im Darm und in der äußern Haut. Das M. der Gebärmutter kann die Größe eines Kindskopfes und größere Dimensionen erreichen und in diesem Fall durch Druck auf die benachbarten Organe große Beschwerden verursachen. Mitunter wachsen Muskelfasergewächse, die ursprünglich mitten in der Wand der Gebärmutter entstanden sind, in die Höhle derselben vor, lösen sich ab und werden durch eine Art von Geburtsakt nach außen befördert. Sonst sind sie auf operativem Weg zu entfernen. - Geschwülste, welche aus quergestreiften Muskelfasern bestehen, kommen nur gemischt mit Sarkomgewebe vor (Myosarcoma striocellulare); sie sind an der Hode und den Nieren bei ganz jungen Kindern (meist wohl angeboren) beobachtet worden.

Muskelfibrin, s. Fibrin.

Muskelgefühl, eine zu den Gemeingefühlen (s. d.) zählende eigentümliche Empfindung der willkürlichen Muskeln, die man wieder in Anstrengungs- und Ermüdungsgefühl zerlegen kann. Das M. unterrichtet uns nicht nur stets von der jeweiligen Lage unsrer Glieder und der verschiedenen Hautstellen überhaupt zu einander, sondern wir bemessen auch vermittelst der Muskeln den Grad der Anstrengung, welcher erforderlich ist, um den sich uns entgegenstellenden Widerstand zu überwinden. Die Empfindung von dem Grade der erforderlichen Anstrengung zur Überwindung eines uns entgegenstehenden Widerstandes ist so fein, daß sie uns Dienste leistet wie ein Sinn, welchen man nach E. H. Weber