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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Normāltarife; Normālzeit; Norman; Normanby; Normandīe

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Normaltarife - Normandie.

auch Gelegenheit zur eignen Übung im Schulehalten unter Leitung ihrer Lehrer in einer Übungsschule darbietet. In Österreich wurde im Unterschied von Norddeutschland und namentlich von Preußen durch die Schulordnung vom 6. Dez. 1774 die Bezeichnung der Lehrerbildungsanstalten als Normalschule eingeführt. Während sie hier längst wieder aufgegeben ist und lediglich in der Benennung der mit den Lehrbildungsanstalten verbundenen Volksschulen als Übungs- und Musterschulen fortlebt, hat sie dagegen durch die Begründung der großen Écoles normales primaire und supérieure zu Paris (1795) in der romanischen Welt sich dauernd eingebürgert und behauptet sich auch jetzt noch, wo die Übungsschule als solche nur ein wenn auch hochwichtiges Glied (école annexe) der umfassenden Anstalt bildet. Neuerdings hat man als Musterschulen auch solche Anstalten bezeichnet, die, ohne unmittelbar der Lehrerbildung zu dienen, durch ihre ganze Ausstattung und Einrichtung andern als Muster zu dienen bestimmt sind, wie z. B. die École modèle der Ligue de l'enseignement zu Brüssel. In diesem Sinn trägt auch die 1803 gegründete Musterschule (Realgymnasium) zu Frankfurt a. M. ihren Namen.

Normāltarife, s. Eisenbahntarife, S. 465.

Normālzeit, s. Eisenbahnzeit.

Norman, Fluß im nördlichen Queensland, welcher sich in den Carpentariagolf ergießt. Etwa 48 km von der Mündung liegt Normanton, Verschiffungshafen für die Cloncurry-Gold- und Kupfergruben und die Etheridge und Croydon-Goldfelder.

Normanby (spr. nórmänbi), Stadt in Yorkshire (England), dicht bei Middlesborough, mit Eisenhütten, Glashütten und (1881) 7714 Einw.

Normanby (spr. nórmänbi), 1) Constantine Henry Phipps, Marquis von, brit. Staatsmann, geb. 15. Mai 1797, ältester Sohn des Grafen Mulgrave (s. d. 2), trat, zu Cambridge gebildet, 1819 ins Unterhaus, wo er mit beredten Worten für Wahlreform und Katholikenemanzipation eintrat. Da er hierüber in Zwiespalt mit den Ansichten seiner Familie, namentlich seines Vaters, geriet, mußte er seinen Parlamentssitz aufgeben und verweilte mehrere Jahre in Italien. Nach seiner Rückkehr wurde er 1822 wieder ins Unterhaus gewählt und unterstützte die Reformbestrebungen Lord Russells. Auch litterarisch machte er sich bekannt durch die Romane: "Matilda" (Lond. 1825), "Yes and No" (1828, 2 Bde.) und "The contrast" (1832, 3 Bde.), die das Leben der höhern Klassen in England treffend schildern. Nach dem Tod seines Vaters (1831) trat er ins Oberhaus und verfocht auch hier die Reformbill John Russells. Das Whigministerium sandte ihn 1832 als Gouverneur nach Jamaica. Unter Melbourne übernahm er 1834 das Amt des Siegelbewahrers und ging im folgenden Jahr als Lord-Lieutenant nach Irland, wo er die Emanzipation der Katholiken durchführte und durch seine volkstümliche Verwaltung eine ruhige Stimmung der Insel erzielte, wofür er 1838 zum Marquis of N. erhoben ward. Im Februar 1839 zum Kolonialminister ernannt, wirkte er eifrig für die Befreiung der Neger, stieß aber auf den heftigsten Widerstand im Parlament und vertauschte daher im August sein Portefeuille mit dem des Innern. Im August 1841 trat er mit dem Whigministerium ab, und seitdem beschränkte er seine öffentliche Wirksamkeit auf eine gemäßigte Opposition im Oberhaus. Von 1846 bis 1852 war er Botschafter in Paris und 1854-58 Gesandter in Florenz. Er starb 28. Juli 1863 in London.

2) George Augustus Constantine Phipps, zweiter Marquis von, Sohn des vorigen, geb. 23. Juli 1819, wurde 1847 ins Unterhaus gewählt, wo er der liberalen Partei angehörte, und 1853 zum Schatzmeister des königlichen Haushalts ernannt. 1858 ging er als Gouverneur nach Neuschottland, kehrte 1863 nach England zurück, um seinen Sitz im Oberhaus Anzunehmen, ließ sich aber bald darauf wieder als Gouverneur nach Queensland senden, verwaltete dann die Kolonie Neuseeland und war von 1878 bis 1884 Gouverneur der Kolonie Victoria.

Normandīe, eine der alten Provinzen Frankreichs, mit dem Titel eines Herzogtums, grenzte gegen Norden und W. an den Kanal, gegen O. an die Picardie und Isle de France, gegen S. an Orléanais, Maine und Bretagne und umfaßte die jetzigen Departements Niederseine, Eure, Calvados, Orne und Manche, im ganzen 29,540 qkm (536 QM.) mit (1886) 2,517,595 Einw. und der Hauptstadt Rouen.

Geschichte. Die nach den Normannen benannte Landschaft war früher von vielen kleinen gallischen Stämmen bewohnt und bildete zur Römerzeit einen Teil von Gallia Lugdunensis secunda. Nachdem sie im 5. Jahrh. von den Franken erobert worden, machte sie unter den merowingischen Königen einen Teil von Neustrien aus. Bei der Teilung des fränkischen Reichs unter die Söhne Ludwigs des Frommen kam sie an Karl den Kahlen, welcher Robert den Tapfern von Anjou, den Stammvater des kapetingischen Geschlechts, 861 mit dem Dukat zwischen Seine und Loire betraute. Die N. als Statthalterschaft führte seitdem den Namen des Herzogtums Frankreich (Duché de France). Um sich vor den Einfällen der Normannen zu sichern, welche sich in der N. festgesetzt hatten, gab Karl der Einfältige 912 ihrem Herzog Rollo seine Tochter Gisela zur Ehe und das Land von der Epte bis zum Meer als Herzogtum nebst der Lehnshoheit über die Bretagne. Rollo wurde Christ, nahm den Namen Robert I. an und machte sich als Gesetzgeber um sein Land verdient. Sein Enkel Richard I. (seit 942) verteidigte das Land tapfer gegen Ludwig IV. und Lothar von Frankreich, und dessen Sohn Richard II. (seit 996) schlug 1003 einen Einfall der Engländer zurück: Dessen unehelicher Enkel Wilhelm II., der Eroberer (seit 1035), erhielt sich mit Hilfe des Königs Heinrich I. von Frankreich im Besitz der N., unterstützte den König Eduard den Bekenner von England gegen die Dänen, wofür ihm jener später sein Reich vermachte, segelte 1066 nach Eduards Tod mit einer Flotte nach England, schlug den angelsächsischen König Harald 14. Okt. 1066 bei Hastings und ließ sich auf dem Schlachtfeld zum König von England ausrufen. Nach seinem Tod (1087) folgte ihm sein ältester Sohn, Robert II., in der N. nach, welcher 1096 das Land seinem jüngern Bruder, Heinrich, spätern König von England, verpfändete, um nach Palästina zu ziehen. Als er nach seiner Rückkehr (1101) Heinrich I. die englische Krone streitig machte, fiel dieser 1106 in die N. ein, besiegte Robert bei Tinchebrai, führte ihn in die Gefangenschaft und vereinigte die N. mit England. Nach Heinrichs I. Tod (1135) folgte ihm der Gemahl seiner einzigen Tochter, Mathilde, Gottfried Plantagenet, Graf von Anjou, als Herzog der N. Ludwig VI. von Frankreich hatte aber inzwischen schon den Grafen Stephan von Blois, einen Neffen König Heinrichs I., mit der N. belehnt, und erst 1144 gelang es Gottfried, sich zum Herrn von der N. zu machen. Ihm folgte 1150 sein Sohn Heinrich II. erst in der N., dann 1154 auch in Eng-^[folgende Seite]