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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Pirschen; Pirus; Pisa

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Pirschen - Pisa.

d. h. eine ganze oder teilweise Drehung des Pferdes auf der Hinterhand mit gleichzeitig erhobener Vorderhand; pirouettieren, eine Kreisbewegung machen.

Pirschen, s. Birschen.

Pirus L., Gattung aus der Familie der Rosaceen, Bäume oder Sträucher mit einfachen, gesägten Blättern, ziemlich großen Blüten in wenigblütigen Dolden, meist auf verkürzten Zweigen, und kugeligen oder birnförmigen Äpfelfrüchten mit fünf pergamentartigen Fächern, zerfällt in die zwei Gruppen Apfelbaum (Malus Tourn.) und Birnbaum (Pirophorum Med.).

Pisa, ital. Provinz, zur Landschaft Toscana gehörig, grenzt im N. an die Provinz Lucca, im O. an Florenz und Siena, im S. an Grosseto, im W. an Livorno und das Ligurische Meer und umfaßt 3056, nach Strelbitsky 3123 qkm (56,7 QM.) mit (1881) 283,563 Einw. Sie enthält Hügel- und Bergland, worin fruchtbare und wohlangebaute Landschaften mit kulturlosen Heidestrecken abwechseln. Die Ufer des Arno sind eben und zum Teil sumpfig; an der Meeresküste ziehen sich ungesunde Striche (die Maremmen von P. und Volterra) hin. Die Bewohner treiben hauptsächlich Landwirtschaft; die wichtigsten Produkte sind Getreide (1886: 1,1 Mill. hl Weizen, 519,300 hl Mais), Öl (1885 nur 14,000 hl) und Wein (319,800 hl). Das Land enthält auch reiche Mineralquellen (Bagni San Giuliano, Asciano, Oliveto, Casciana u. a.); das Mineralreich liefert außerdem Alabaster, welcher in Volterra, Pisa und andern Städten verarbeitet wird, Marmor, Chalcedon und Pietra dura, Kupfer (bei Monte Catini), Borax (Monte Cerboli), Salz, Kohle. Die nicht unbedeutende industrielle Thätigkeit erstreckt sich vorwiegend auf Baumwollmanufaktur und Färberei (hierbei sind ca. 10,000 Webstühle und gegen 15,000 Arbeiter beschäftigt), Fabrikation von Seide, Tuch, Leinenwaren, Glas, Töpferwaren, Ziegeln, Alabasterarbeiten, Seife und Kerzen, Öl und Leder. An Eisenbahnen enthält die Provinz die Bahn von Florenz über Pisa nach Livorno, die von Pisa nach Genua, nach Lucca und die Maremmenbahn (nach Rom) mit der Flügelbahn durch das Cecinathal. Die Provinz zerfällt in die Kreise P. und Volterra.

Die gleichnamige Hauptstadt, Knotenpunkt der eben bezeichneten vier Bahnlinien, eine der ältesten Städte Italiens, einst die mächtige Nebenbuhlerin Venedigs und Genuas, liegt 7 km von der Meeresküste zu beiden Seiten des Arno. Das Klima der Stadt ist sehr mild und feuchtwarm, weshalb P. als klimatischer Kurort dient; gutes Trinkwasser wird mittels eines Aquädukts von dem fast 6 km entfernten Berg Asciano hergeleitet. P. ist von Mauern umgeben, welche in einem Umfang von 10 km auch ausgedehnte Gärten und im SW. am rechten Arnoufer eine Citadelle umschließen, und durch welche sechs Thore führen. Unter den Straßen sind die schönsten die zu beiden Seiten des Arno sich hinziehenden Kais (Lungarni), welche die hervorragendsten Paläste enthalten und beliebte Spaziergänge bilden. Die Stadt hat 15 öffentliche Plätze, unter denen der Domplatz, die Piazza dei Cavalieri (das ehemalige republikanische Forum) mit der Marmorstatue Cosimos I. von Francavilla, die Piazza di Santa Caterina mit der Statue des Großherzogs Leopold I. und die Piazza San Nicola mit der Statue Ferdinands I. zu nennen sind. Seine Berühmtheit verdankt jedoch P. vornehmlich den vier herrlichen Bauwerken am Domplatz, welcher die nordöstliche Ecke der Stadt unmittelbar an der Stadtmauer einnimmt. Der Dom (eine Basilika) wurde (nach dem Seesieg der Pisaner über die Sarazenen bei Palermo) 1063-1118 erbaut, hat eine in reicher Abstufung gefiederte Fassade, welche aus vier übereinander stehenden Reihen durch Rundbogen verbundener Säulen besteht, und drei von Giovanni da Bologna entworfene schöne Bronzethüren mit Reliefs (1602) an der Vorderseite. Das Innere setzt sich aus einem fünfschiffigen Langhaus und einem dreischiffigen Querhaus mit ovaler Kuppel über der Vierung zusammen und übt namentlich durch seine Säulenpracht eine majestätische Wirkung aus. Bemerkenswert sind hier die zwölf Marmoraltäre, der in verschiedenen Steinarten ausgeführte Hochaltar mit einem Bronze-Christus darüber, die Kapelle San Ranieri, Gemälde von Cimabue (Mosaik), Andrea del Sarto u. a. Gegenüber der Hauptfassade des Doms steht die Taufkirche (Battisterio, 1153 von Diotisalvi entworfen), ein kolossaler Kuppelbau in strengen Formen, mit malerischen spätern Zuthaten in gotischem Stil. Sie erhebt sich in drei Geschossen von weißem Marmor und ist von einer großen birnförmigen Kuppel mit der Bronzestatue des Täufers gekrönt. Vier Portale mit reicher Dekoration führen in das Innere der Kirche, welches einen Taufbrunnen mit Reliefs von G. Bigarelli (1246) und eine Marmorkanzel mit prachtvollen Skulpturen, ein Meisterwerk Niccolò Pisanos (1260), enthält. Entzückend ist darin das harmonische Echo. Hinter dem Dom erhebt sich isoliert der cylindrische schiefe Glockenturm (Campanile), seit 1174 von den Architekten Bonanno aus Pisa und Wilhelm von Innsbruck erbaut. Er steigt, von freien Säulenarkaden umgeben, in acht Geschossen auf. Im obersten Geschoß befinden sich sieben musikalisch gestimmte Glocken. Die Höhe des Turms beträgt 54,5 m, die Abweichung von der Senkrechten von außen 4,3 m. Die auffallend schiefe Stellung ist wohl zuerst durch Nachgeben des Baugrundes entstanden, dann aber mit kapriziöser Absichtlichkeit beibehalten worden. Auf dem Domplatz befindet sich endlich noch der Campo santo (Friedhof), ein gotischer Bau, zu dessen Ausführung der Erzbischof Ubaldo de Lanfranchi dadurch Anregung gab, daß er 1188 aus Palästina eine Ladung Erde vom Kalvarienberg mitbrachte und sie hier deponierte. Der Friedhof, 1278 bis 1283 von Giov. Pisano erbaut, hat eine einfache Außenseite, im Innern einen rechteckigen Korridorumgang mit 62 Arkaden und enthält eine große Anzahl schöner Skulpturen und Grabmäler, darunter den Sarkophag Kaiser Heinrichs VII., das Denkmal des Anatomen Berlinghieri von Thorwaldsen u. a. An den Wänden zieht sich eine Reihe berühmter Freskobilder hin, welche aus der Zeit von etwa 1330 bis 1470 stammen, und von denen der Triumph des Todes von den Brüdern Lorenzetti und die 24 Kompositionen Benozzo Gozzolis aus dem Alten Testament die hervorragendsten sind; vgl. die Kupferstichwerke der Grafen Carlo u. Giov. Lasinio (s. d.). Unter den zahlreichen andern kirchlichen Gebäuden verdienen Erwähnung: die Kirche des 1562 unter Cosimo I. gestifteten Stephaniterordens, ein nach der Zeichnung Vasaris ausgeführter Renaissancebau; die Kirche Santa Caterina (1262 vollendet) mit schöner Fassade; San Francesco, einschiffig, mit Fresken von Taddeo Gaddi; San Michele in Borgo, eine 1018 gegründete Säulenbasilika; San Niccolò mit merkwürdigem, von Niccolò Pisano 1230 errichtetem, viergeschossigem Turm, welcher das Grab des Johannes Parricida enthält; Santa Maria della Spina, im italienisch-gotischen Stil (1230 gegründet, seit 1872 restauriert)