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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Réseau - Reserve.

Réseau (franz., spr. -soh, "Netz", Netzgrund), jedes netzartige Gewebe, gleichviel ob es mit der Hand oder mit der Maschine gearbeitet ist. Ursprünglich war der R. der Spitzen (Spitzengrund) immer nur mit der Hand gearbeitet; heute wendet man bei einigen Spitzen, wenn sie auch mit der Hand benäht werden (wie z. B. die Brüsseler Spitzen), den mit der Maschine gearbeiteten R. oder Bobbinet (s. d.) an. Man unterscheidet im allgemeinen den R. rond (mit runden) und den R. carré (mit viereckigen Maschen). Ersterer wird zu den Malines- und den Alençonspitzen, letzterer zu den Valencienner verwendet. Eine besondere Art R., die Bride, hat sechseckige und dabei größere Maschen als die Valenciennes.

Reseda L. (Resede, Wau), Gattung aus der Familie der Resedaceen, einjährige, zweijährige oder ausdauernde Kräuter oder Halbsträucher mit abwechselnden, ungeteilten, gelappten oder fiederschnittigen Blättern, kleinen, gelben Blüten in endständigen Ähren und einfächerigen, an der Spitze offenen, vielsamigen Kapseln. R, luteola L. (Wau, Färberwau, Gilbkraut, s. Tafel "Farbepflanzen"), zweijährig, mit 60-120 cm hohem Stengel mit kurzen Zweigen, lineal-lanzettförmigen Blättern, blaßgelben Blüten in verlängerten Trauben und kugelig-verkehrt-eiförmiger Kapsel, wächst auf trocknen, sonnigen Plätzen durch ganz Europa und enthält in dem Kraut einen gelben Farbstoff, das Luteolin (s. d.), wodurch diese Pflanze in der Färberei wichtig geworden ist. Der Wau wird in Thüringen, Sachsen, Bayern, Württemberg, England und Frankreich kultiviert. Er liebt ein warmes, trocknes Klima und einen leichten, sandigen Lehmboden oder lehmigen Sandboden. Frische Mistdüngung ist ihm nicht zuträglich, aber Kalk-, Mergel- oder Aschedüngung soll zur Vermehrung des Farbstoffs beitragen. Er gedeiht gut nach Klee, Raps und Hackfrüchten. Man baut Sommer- und Winterwau. Ersterer hat mehr Farbstoff als der wilde. Man erntet von 1 hl 50-65 Ztr. Stengel und 4-8 Ztr. Samen, aus welchem auch Öl gepreßt wird. Wau gibt ein schönes, dauerhaftes Gelb, ist aber durch Gelbholz und namentlich durch Quercitron stark zurückgedrängt worden. R. odorata L. (wohlriechende Resede), von R. Phyteuma L., in den Mittelmeerländern, fast nur durch den Geruch unterschieden, wird seit der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, zuerst in Frankreich, als Zierpflanze kultiviert und ist im wilden Zustand nicht bekannt. Sie soll aus Ägypten stammen, ist aber vielleicht durch Kultur aus R. Phyteuma entstanden. Eine groß blühende Form mit etwas holzig werdendem Hauptstengel, der bei gehöriger Pflege mehrere Jahre dauern kann, kommt als R. grandiflora und R. arborea in den Handel.

Resedaceen, dikotyle Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Cistifloren, meist Kräuter mit wechselständigen und vollständigen oder durch Fehlschlagen eingeschlechtigen, meist zygomorphen Blüten in Trauben oder Ähren. Der Kelch und die Krone ist 5-8zählig; die freien Blumenblätter sind in der Regel mehr oder weniger tief zerschlitzt. Zwischen Krone und Staubblättern befindet sich ein hinten besonders stark entwickelter Diskus. Die in der Zahl und Stellung meist sehr variabeln Staubgefäße sind frei und hypogyn. Die 2-6 Karpiden verwachsen in der Art miteinander, daß sie am Gipfel frei bleiben, in ihrem untern Teil aber ein einfächeriges Ovarium mit wandständigen Samenleisten bilden. Vgl. J. Müller, Resedaceae, in De Candolles "Prodromus", Bd. 16. Man zählt ungefähr 40 Arten, welche meist den Mittelmeerländern, besonders Nordafrika, angehören; wenige wachsen im mittlern und nördlichen Europa, und einige sind über die außertropischen Länder andrer Erdteile verstreut. Sie enthalten in den grünen Teilen einen gelben Farbstoff, daher einige Arten von Reseda in der Färberei anwendbar sind.

Resektion (lat.), das Herausschneiden oder Abschneiden eines Organteils, namentlich eines Knochens. Die R. des Darms oder Magens wird zuweilen bei Entartung dieser Teile durch Geschwüre oder Krebs ausgeführt, sie ist indessen sehr gefährlich und selten. Die R. der Knochen ist eine Operation, welche erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts bekannt wurde und einen großen Fortschritt der Chirurgie darstellt, da durch die teilweise Entfernung eines kranken Knochens Glieder erhalten werden können, welche sonst der Amputation verfallen würden. Sofern es gelingt, das Knochenstück so zu entfernen, daß die Beinhaut (Periost) erhalten bleibt, wird später ein Ersatz gebildet, so daß nach der Heilung gesunder Knochen die Stelle des weggenommenen kranken Stückes ausfüllt. Die R. wird namentlich bei Gelenkkrankheiten aller Art, z. B. Vereiterungen des Hüft- und Kniegelenks, Ellbogensteifigkeit, ausgeführt. Nach der R. wird ein Verband angelegt, der aber, wenn man nicht ein unbewegliches Gelenk behalten will, früh abgenommen wird, worauf mit dem Arm oder Bein fleißig passive Bewegungen ausgeführt werden müssen. Häufig sind die Erfolge der R. so vollkommen, daß der Kranke das Gelenk wie ein gesundes gebrauchen kann; beim Knie bleibt immer ein hoher Grad von Steifheit zurück. Besonders verdient um die Ausbildung der R. ist B. v. Langenbeck.

Reservage (franz., spr. -wahsche), Schutzbeize, s. Zeugdruckerei.

Reservatio mentalis (lat., Mentalreservation, Mentalrestriktion), ein bei einer Eidesleistung stillschweigend beigefügter Zusatz, durch welchen der Schwörende sein Gewissen wahren will; ist rechtlich unwirksam. Vgl. Eid, S. 365.

Reservation (lat.), ein Vorbehalt, welcher bei dem Abschluß eines Rechtsgeschäfts gemacht wird, z. B. wenn jemand einem andern das Eigentum von einem Grundstück überträgt und sich daran den Nießbrauch reserviert; Reservations-, Reservatrechte, Reservaten (jura reservata), vorbehaltene Rechte, z. B. die den süddeutschen Staaten vorbehaltenen Sonderrechte im Deutschen Reich, nämlich die Exemtion von Bayern, Württemberg und Baden von der Biersteuergemeinschaft, die Sonderstellung Bayerns und Württembergs in Ansehung des Kriegs-, Eisenbahn-, Post- und Telegraphenwesens und die Exemtion Bayerns von der Reichsgesetzgebung über die Heimats- und Niederlassungsverhältnisse und über das Immobiliarversicherungswesen.

Reservation (engl., spr. riserwähschon), in den Vereinigten Staaten von Nordamerika und Kanada Bezeichnung für einen den Indianern von der Regierung gewährleisteten "reservierten Bezirk".

Reservatis reservandis (lat.), mit allem nötigen Vorbehalt.

Reservatrechte, s. Reservation.

Reservatum ecclesiasticum (lat.), der im Augsburger Religionsfrieden von 1555 enthaltene "geistliche Vorbehalt", wonach die Geistlichen und namentlich die Prälaten, welche aus der katholischen Kirche austraten, auf ihre bisherige Würde und ihre Benefizien verzichten mußten.

Reserve (franz.), allgemein s. v. w. das Vorbehaltene, dann aber auch s. v. w. Zurückhaltung, z. B.