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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schießscharten; Schießübungen; Schießwolle; Schiëtto; Schievelbein; Schiff

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Schießscharten - Schiff.

kerei benutzt. In neuester Zeit soll es verbessert worden sein und nun auch gleichmäßiger wirken. Das Uchatiussche Pulver besteht aus Kartoffelstärke, die mit 8 Teilen rauchender Salpetersäure und 16 Teilen Schwefelsäure übergossen, in Wasser gewaschen und dann getrocknet wurde. Auch das Pikratpulver von Designolle, dessen Hauptbestandteil pikrinsaures Kali neben etwa 10 Proz. Kalisalpeter ist, hat sich trotz vieler Versuche nicht zum Schießen geeignet herstellen lassen; dagegen wurde es zur Ladung der Torpedos in Frankreich eingeführt. - Über die Erfindung des Schießpulvers ist nichts Sicheres bekannt. Die Chinesen und Araber haben schon in den ältesten Zeiten Zündmischungen gekannt, auch zu Brandpfeilen verwendet. Marcus Gräcus, der zwischen dem 8. u. 12. Jahrh. lebte, gibt in seinem "Liber ignium ad comburendos hostes" genaue Anleitung zur Bereitung von Raketen und Petarden aus Gemischen von Salpeter, Schwefel und Kohle. Das griechische Feuer, das durch Kallinikos nach Konstantinopel kam, und die Zündmittel der Sarazenen, welche den Kreuzrittern so großen Schrecken einflößten, waren ähnliche Zündmischungen, meist mit Ballisten geworfen. Die Araber sollen zuerst mit S. aus Kanonen geschossen haben. Bei der Belagerung von Baza 1323 durch den König von Granada wurden Kanonen gebraucht. Albertus Magnus und Roger Bacon berichten ausführlich über das S. Wann das S. in Deutschland bekannt wurde, ist nicht nachweisbar; sicher ist, daß 1340 in Augsburg, 1344 in Spandau und 1348 in Liegnitz eine Pulverfabrik bestand. Über Berthold Schwarz als Erfinder des Schießpulvers s. Schwarz, Berthold. Vgl. Rutzky, Theorie der Schießpräparate und innern Ballistik (Wien 1870); Upmann, Das S., dessen Geschichte etc. (Braunschw. 1874); Böckmann, Die explosiven Stoffe (Wien 1880).

Schießscharten, die in Mauern, Brustwehren oder andern Deckungen angebrachten Öffnungen, durch welche man mit Geschützen (Geschützscharten) oder Gewehren (Gewehrscharten) feuert. Die Höhe der hintern Schartenöffnung über dem Geschützstand, die Kniehöhe, richtet sich nach der Feuerhöhe des Geschützes und für Gewehrscharten nach der Anschlagshöhe des Infanteristen (1,25 m). Bei Mauerscharten sind die Seitenflächen (Scharten backen) gebrochen (Schartenbruch), um bei möglichst großem Gesichtsfeld an Deckung wenig zu verlieren. Die S. in Schiffswänden heißen Stückpforten oder Pforten. In Panzerwänden wendet man, um die Panzerwand möglichst wenig zu Schwächen und an Deckung nichts zu verlieren, durch Herstellung von Geschützen, deren Drehpunkt in der Geschützmündung liegt (s. Geschütz und Lafette), Minimalscharten an, die nur wenig größer sind als der Kopf des Geschützes.

Schießübungen, die zur Ausbildung der Truppen im kriegsmäßigen Gebrauch ihrer Schußwaffen stattfindenden Friedensübungen; sie beginnen bei der Infanterie nach der Schießinstruktion mit der Einübung des richtigen Anschlags und schreiten fort zum Schießen nach der Scheibe im Stehen, Liegen, Knieen unter Anpassung an das Terrain und Benutzung der durch dasselbe gegebenen Deckungen und unter Zugrundelegung wirklicher Gefechtsverhältnisse. Für die Artillerie gelten im allgemeinen dieselben Grundsätze, doch gibt das Schießen aus Geschützen auf große unbekannte Entfernungen und unter wesentlich andern Verhältnissen, wie sie z. B. der Geschützkampf im Festungskrieg bietet, den S. der Artillerie einen andern Charakter. Sie werden auf besondern Artillerieschießplätzen abgehalten, die mit Einrichtungen versehen sind, durch welche den Übungen ein der Wirklichkeit nahekommender Charakter gegeben werden kann, z. B. Teilen von Festungswerken, permanenten Batterien etc., welche teils als Ziele, teils zu Geschützaufstellungen dienen. Der Feind wird bei den S. durch Scheiben, Geschütze etc., sein Feuer eventuell durch Kanonen- und Gewehrschläge markiert. Bewegungen des Feindes werden durch auf Schienen laufende Scheiben dargestellt. Bei den S. der Küsten- und Schiffsartillerie werden die Scheiben auf Flößen entweder verankert, oder durch einen Dampfer geschleppt. Beim Schießen mit Torpedos werden Scheiben unter Wasser, welche über Wasser durch Fähnchen bezeichnet sind, vorbeigeschleppt.

Schießwolle, s. v. w. Schießbaumwolle.

Schiëtto (spr. ski-, schiettamente, ital.), musikal. Vortragsbezeichnung, s. v. w. schlicht, ohne Affekt.

Schievelbein, Hermann, Bildhauer, geb. 18. Nov. 1817 zu Berlin, bildete sich auf der Akademie daselbst und bei Wichmann, ward 1855 Mitglied der Akademie und 1860 Professor. Er starb 6. Mai 1867 in Berlin. Seine im Geiste der Rauchschen Schule gehaltenen Hauptwerke sind: Pallas, den Krieger in den Waffen übend (1853, Schloßbrücke in Berlin); das Stein-Denkmal für Berlin (von Pfuhl vollendet); die Apostel für eine Kirche in Helsingfors; ein den Untergang Pompejis darstellender Fries (im Neuen Museum zu Berlin); die Statue des Hermann von Salza für die Nogatbrücke in Marienburg; Thonrelief für die Weichselbrücke zu Dirschau, die Unterwerfung der Ordenslande darstellend.

Schiff, im allgemeinen jedes gefäßartig geformte Transportmittel zu Wasser, mit vorwaltender Längenausdehnung, welches mit Vorrichtungen zur eignen Bewegung versehen ist; im engern Sinn ein großes Bark- oder voll getakeltes S. zum Unterschied von den kleinern, die als Fahrzeuge bezeichnet werden. Zu den letztern gehören Briggs, Schoner, Galjassen, Kutter, Boote etc. Nach der Art der Fortbewegung unterscheidet man Ruder-, Segel- und Dampfschiffe, nach dem Zweck ihrer Verwendung Kriegs- und Handelsschiffe, endlich nach den Gewässern, welche sie befahren, Fluß-, Küsten- und Seeschiffe. Jede der genannten Arten hat eine Menge Unterabteilungen, auch sind fast alle denkbaren Kombinationen ausgeführt worden, so daß die Mannigfaltigkeit der Schiffe eine sehr bedeutende ist. Ruderschiffe gehören vornehmlich der Vergangenheit an (s. Galeere); nur Boote sind noch auf die Ruder als Bewegungsmittel angewiesen, häufig aber auch mit Takelage versehen, d. h. zum Segeln eingerichtet (s. Boot). Von Segelschiffen unterscheidet man in Deutschland nach Betakelung, Bauart und Größe als wichtigste Schiffstypen: Fregatt- oder Vollschiff, Bark, Schonerbark, Dreimastschoner, Brigg, Vollschoner, Gaffelschoner, Galjaß, Galjot, Kuff, Ewer, Jacht, Schute, Kutter etc., außerdem Klipper, große, scharf gebaute Schiffe mit großer Takelage, die reichlich mit Mannschaft versehen und überhaupt gut ausgerüstet sind und schnelle Reisen über die Ozeane machen. Viele Schiffe sind sowohl zum Segeln als auch zum Dampfen eingerichtet. Im allgemeinen nennt man solche immer Dampfschiffe; eine Ausnahme bilden einige große Schiffe, bei denen das Segelvermögen weit überwiegt, die aber eine kleine Hilfsmaschine haben, um ihnen bei ihren Reisen durch die Kalmen zu helfen. Dampfschiffe (s. d.) haben, um nicht ganz hilflos zu sein, wenn die Maschine versagt, sofern sie zu den Seeschiffen gehören, stets auch Takelage, meist aller-^[folgende Seite]