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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Slawisches Recht - Sleidanus

1852-75: Bd. 1, 2. Aufl. 1879; Bd. 3, 2. Aufl. 1876; Bd. 4, 2. Aufl. 1883); vgl. dessen Etymolog. Wörterbuch der S. S. (ebd. 1886).

Slawisches Recht, der Inbegriff derjenigen Rechtsgrundsätze, welche sich entweder als Überreste der allen slaw. Völkern ursprünglich gemeinsamen, ihrem Volkstum entsprechenden Rechtsanschauungen auch nach ihrer Trennung im Volksbewußtsein erhielten und die Grundlage für die weitere selbständige Rechtsentwicklung abgaben, oder sich infolge der Gleichartigkeit dieser Grundlage und des Volkscharakters auch in ihren neuen Wohnsitzen gleichförmig entwickelten. Bei keinem slaw. Volke erhielt sich jedoch das Recht unverändert. Wie die polit. und allgemeine Kulturgeschichte, zeigt auch die slaw. Rechtsgeschichte frühzeitig bereits eine wechselseitige Absonderung der einzelnen slaw. Völker, eine geringe Widerstandsfähigkeit gegen eindringende fremde Rechtselemente und demgemäß eine rasche Abnahme gemeinsamer slawisch-rechtlicher Grundsätze in dem bei jeder Völkerschaft abgesondert sich entwickelnden Rechtssystem. Im czech. und poln. Recht war es vorzüglich das deutsche und römische, im russischen und serbischen das byzant. Recht, welches bald das einheimische Rechtssystem durchdrungen hatte. Nur durch wechselseitige Vergleichung namentlich der ältern Quellen jener Rechte kann ihr gemeinsamer, slawisch-rechtlicher Kern gefunden werden. Einen Versuch, auf diese Weise eine Geschichte des S. R. zu liefern, unternahm Maciejowski (s. d.) in seinem Werke "Historya prawodawstw słow.", er kann jedoch zu ersprießlichen Resultaten nicht führen, solange nicht gründliche Special-Rechtsgeschichten der wichtigsten slaw. Völker vorliegen; an solchen mangelt es jedoch noch immer. Vorarbeiten lieferten hierzu insbesondere Hanel, Hube und H. Jireček. Eine Sammlung altslaw. Rechtsquellen veröffentlichte A. Kucharski, Antiquissima monumenta juris slovenici (Warsch. 1838) und H. Jireček, Svod zákonův slovanských (Prag 1880).

Slawische Wohlthätigkeitsgesellschaft, s. Slawophilen.

Slawjanossérbsk (spr. ßlaw-). 1) Kreis im östl. Teil des russ. Gouvernements Jekaterinoslaw, im Gebiet des Donez, hat 5090 qkm, 144237 E.; große Lager von Steinkohle und Anthracit; Ackerbau, Viehzucht und Bergbau. Der Hauptfabrikort ist Lugansk (s. d.). - 2) Kreisstadt im Kreis S., rechts am Donez, hat (1893) 5279 E., Post, Telegraph, Kirche und Synagoge. S. wurde 1753 unter dem Namen Donezk von den Serben gegründet, die 1751 aus Österreich eingewandert waren und die Militärkolonie Slawjanoserbija (zwischen Donez, Bachmutka und Luganj) bildeten, und erhielt 1817 den Namen S.

Slawjánsk (spr. ßlaw-), Stadt im Kreis Isjum des russ. Gouvernements Charkow, am Torez (zum Donez) und an der Eisenbahn Kursk-Charkow-Asow, hat (1893) 20410 E., 3 Kirchen; in der Nähe Salzseen, 19 Salzsiedereien (jährliche Produktion 4 Mill. Pud Salz), beliebte Sol- und Moorbäder, Stadtbank.

Slawonien, s. Kroatien und Slawonien.

Slawophīlen, russ. Slavjanofily ("Slawenfreunde"), Name der Anhänger einer national- und socialpolit. Partei in Rußland, welche die russ. Form des Panslawismus (s. d.) darstellt. Hervorgegangen ist die Partei aus einer litterar. Schule, die sich, angeregt von der deutschen Romantik, um 1835 in Moskau bildete. Ihre ersten Vertreter waren die Brüder Iwan und Peter Kirjejewskij und Chomjakow; ihnen schlossen sich Dimitrij Walujew, Konstantin und Iwan Aksakow, Jurij Samarin, A. Hilferding, W. Lamanskij, Orest Miller u. a. an. Ihr Hauptorgan war die Monatsschrift "Russkaja Besěda" ("Russische Unterhaltung"), die 1856-59 in Moskau erschien; später die Journale Iwan Aksakows, wie "Deń", "Moskva", zuletzt "Ruś".

Die Lehre der S. ist ein stark chauvinistisch angehauchter Patriotismus, beeinflußt durch die Geschichtsauffassung Hegels, daß jeder Nation gewisse nationale Principien innewohnen, deren Entwicklung den histor. Beruf der Nation bilde. Solche Principien sahen sie beim russ. Volke in der griech.-orthodoxen Kirche, als der ursprünglichen und wahren Form des Christentums, die durch die Missionsthätigkeit Cyrills und Methods zur slaw. Kirche geworden sei, und in der russ. Gemeinde (obščina); in beiden seien die Grundlagen einer höhern Civilisation enthalten, welche an die Stelle der durch den Individualismus, durch falsche Religiosität und Atheïsmus untergrabenen westeuropäischen zu treten habe. In der russ. Geschichte sahen die S. die Reform Peters d. Gr. und die ganze Petersburger Periode für eine Verirrung an, und verlangten eine Rückkehr zu den Principien der moskauischen Epoche.

Solche Lehren wurden anfangs in der russ. Gesellschaft und in der Litteratur heftig bekämpft, besonders von Bjelinskij, Dobroljubow, in neuerer Zeit von Pypin (s. d.); dafür erhielten die Gegner von den S. den Namen Westler (russ. Zapadniki, d. i. Anhänger des Westens, Westeuropas), der nun auch zu einer Art Parteinamen für die Freunde humaner Bildung und Kulturentwicklung im Anschluß an die westeuropäische wurde. Organe der letztern waren Katkows "Russkij Věstnik" (in den ersten Jahrgängen), der "Sovremennik", "Věstnik Evropy" u. a.

Im J. 1858 wurde von den S. das Slawische Wohlthätigkeitskomitee, später Slawische Wohlthätigkeitsgesellschaft genannt, in Moskau gegründet, der ähnliche Gesellschaften in Petersburg, Kiew, Odessa folgten. Sie spielten eine nicht unwichtige Rolle im serb.-türk. Kriege 1876-77, für den sie die Geldsammlungen und die Werbungen von Freiwilligen in Rußland leiteten. Die Moskauer Gesellschaft wurde 1878 infolge einer heftigen Rede ihres Präsidenten Iwan Aksakow gegen den Berliner Vertrag aufgelöst. 1888 wählte die Petersburger Gesellschaft den General Ignatjew zum Präsidenten und benutzte die 900jährige Jubelfeier der Einführung des Christentums in Rußland, die 27. Juli in Kiew begangen wurde, zu einer panslawistischen Demonstration. Doch blieb die Beteiligung der außerruss. Slawen an der Feier hinter den russ. Hoffnungen weit zurück.

Vgl. Pypin, Die litterar. Meinungen der zwanziger bis fünfziger Jahre des 19. Jahrh. in Rußland (russisch, Petersb. 1871; zum Teil deutsch in der "Russischen Revue", Jahrg. 1873).

s. l. e. a., s. Sine loco et anno.

Sleaford, New- (spr. njuh ßlihf'rd), Stadt in der engl. Grafschaft Lincoln, wichtiger Eisenbahnknotenpunkt im SO. von Newark-on-Trent, hat (1891) 4655 E., eine lat. Schule und Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen.

Sleeping partner (engl., spr. ßlihp-), s. Dormant partner.

Sleidānus, Joh., Geschichtschreiber, eigentlich Philippi, geb. 1506 oder 1508 zu Schleiden bei Köln, studierte zu Lüttich, Köln, Löwen, Paris und Orléans die Rechte, trat 1537 im Interesse des