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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Tschego - Tscherdyn.

nahe damit verwandten Slowakischen (s. Slowaken) im innern Böhmen, in Mähren, um Troppau und in Oberungarn von ungefähr 6½ Mill. Menschen gesprochen wird. Unter allen slawischen Dialekten scheint sie sich am frühsten, schon im Beginn des Mittelalters, ausgebildet und sich lange in ihrer ursprünglichen Reinheit erhalten zu haben; den höchsten Grad ihrer Ausbildung erreichte sie im 16. Jahrh. Seit dem 17. Jahrh. begann die deutsche Sprache mehr und mehr Eingang zu finden; die meisten tschechischen Bücher wurden als ketzerisch verdächtigt, neue in den kriegerisch unruhigen Zeiten nicht geschrieben, und die t. S. blieb fast nur noch Eigentum der untern Schichten des Volkes. Infolge davon verlor sie ihre Eigentümlichkeit immer mehr, bis sich seit der Mitte des 18. Jahrh. gelehrte Patrioten des fast vergessenen Idioms wieder annahmen und 1776 ein Lehrstuhl der tschechischen Sprache an der Wiener und 1793 ein solcher an der Prager Hochschule errichtet wurde. Infolge davon kam die t. S. nach und nach wieder zu solchem Ansehen, daß die österreichische Regierung sich bewogen fand, 1818 die Erlernung derselben auch in den böhmischen Gymnasien wieder anzuordnen und zu befehlen, daß in Böhmen anzustellende Zivilbeamte der tschechischen Sprache mächtig sein sollten. In neuester Zeit haben sich sogar die Deutschen in Böhmen zu beklagen über die übermäßige Protektion, die dem Tschechischen von oben herab, durch das Ministerium Taaffe, zu teil wird. Das Tschechische wird seit 1831 mit lateinischen Buchstaben geschrieben, während früher dafür die deutsche Schrift im Gebrauch war. Die Anzahl der Buchstaben ist verschieden, je nachdem man die accentuierten Vokale und punktierten Laute als besondere Buchstaben aufführt oder nicht; im erstern Fall kommen 42 Buchstaben heraus. Die accentuierten Vokale, z. B. á, é, sind lang zu sprechen, die übrigen sind kurz. Auch r und l kommen als selbständige Vokale vor (wie im Sanskrit), sind aber immer kurz; im Slowakischen erscheinen sie auch als lange Vokale. Eigentümlich sind auch die Vokale ě = je, ú = ou, ů = ū, y = i. Unter den Konsonanten ist c = z, č = tsch, ň = franz. gn in Champagne, ř = rsch (das sch weich gesprochen), z = franz. j (weiches sch); ď und ť sind mouillierte Dentale, etwa wie dj, tj zu sprechen. Viele Lautveränderungen treten beim Zusammentreffen der Laute in der Wortbildung ein; so verwandelt das j ein folgendes a und e in e und i, ein vorausgehendes a in e. Die Orthographie ist jetzt vollkommen geregelt, während sie sich in der ältern tschechischen Litteratur in einem chaotischen Zustand befand und der nämliche Laut oft auf sechserlei verschiedene Arten ausgedrückt wurde. An Formenreichtum wird die t. S. von andern slawischen Sprachen, namentlich von den serbokroatischen Dialekten, übertroffen; doch finden sich manche später in Abnahme gekommene Formen, z. B. der Dualis und der Aorist, im Altböhmischen noch durchgehends bewahrt, und die meisten grammatischen Verluste sind durch Neubildungen ersetzt worden. Der Wortschatz ist natürlich viel reicher und mannigfaltiger als in den bis in die neueste Zeit fast litteraturlosen südslawischen Sprachen; doch herrscht in dem Gebrauch der vielen neuen Wörter, welche in diesem Jahrhundert von nationaleifrigen tschechischen Schriftstellern eingeführt worden sind, teilweise eine große Unsicherheit. Grammatisch bearbeitet wurde die t. S. zuerst im 16. Jahrh. von den Böhmischen Brüdern, besonders von Blahoslaw. Die brauchbarsten neuern Grammatiken sind die von Negedly (Prag 1804, 1821 u. öfter), Dobrovsky (das. 1809 u. 1819), Trnka (Wien 1832, 2 Bde.), Burian (Königgrätz 1843), Koneczny (Wien 1842-46, 2 Bde.), Hattala (Prag 1854, durch wissenschaftliche Haltung ausgezeichnet), Tomicek (4. Aufl., das. 1865), Censky (3. Aufl., das. 1887) u. a. Ein kurzes Lehrbuch der altböhmischen Grammatik verfaßte Safarik (2. Aufl., Prag 1867). Wörterbücher gaben Tomsa (Prag 1791), Dobrovsky (das. 1821), Palkowicz (das. 1821, dabei auch ein slowakisches Wörterbuch), Hanka (das. 1833), Jungmann (das. 1835-39, 5 Bde.) und Franta-Schumavsky (das. 1851) heraus. Für den praktischen Gebrauch dienen die Wörterbücher von Rank (3. Aufl., Prag 1874) und Jordan (4. Aufl., das. 1887).

Tschego, s. Schimpanse.

Tscheki (Cheky), Handelsgewicht in der Türkei für Opium und Kamelhaare; für Opium = 250 Drachmen = 800,648 g; für Kamelhaare = 800 Drachmen = 2,562 kg; auch Gewicht für Gold und Silber, = ¼ Oka = 100 Drachmen = 321,25 g.

Tschekiang, Küstenprovinz des mittlern China, 92,383 qkm (1678 QM.) groß mit (1885) 11,685,348 Einw., ist Haupterzeugungsgebiet für Seide und Thee; Hauptorte: Hangtschou, Ningpo und Wêntschou.

Tscheljabinsk, Kreisstadt im russ. Gouvernement Orenburg, am Mijash, mit weiblichem Progymnasium und (1885) 9542 Einw.

Tscheljuskin, Kap, s. Taimyr.

Tschembar, Kreisstadt im russ. Gouvernement Pensa, mit Handel in Landesprodukten und (1885) 5753 Einw.

Tschempin, Stadt, s. Czempin.

Tschenab (Tschinab), einer der fünf Ströme des Pandschab, von denen die Provinz ihren Namen empfängt, entspringt in der Landschaft Lahol von Kaschmir, nimmt in der Ebene den Dschelam, später den Rawi auf und mündet unterhalb Bahawalpur in den Satledsch.

Tscheng (Cheng), altes chines. Blasinstrument, bestehend aus einem ausgehöhlten Flaschenkürbis, der als Windbehälter dient und mittels einer S-förmigen Röhre vollgeblasen wird; auf dem offenen obern Ende des Kürbisses steht eine Reihe (12-24) Zungenpfeifen mit durchschlagenden Zungen. Diese letztern wurden dem Abendland erst durch das T. bekannt, fanden seit Anfang dieses Jahrhunderts Eingang in die Orgeln und führten zur Konstruktion der Expressivorgel (Harmonium).

Tschengri, kleinasiat. Stadt, s. Kjankari.

Tschenstochow, s. Czenstochowa.

Tschepewyan (Chippewyan, Cheppeyan), ein zum Stamm der Athabasken gehöriges Indianervolk im brit. Nordamerika, nicht zu verwechseln mit den den Algonkin angehörenden Tschippewäern oder Odschibwä. Sie nennen sich selbst Saw-eessaw-dinneh ("Männer der aufgehenden Sonne") und betrachten die Gegenden zwischen dem Großen Sklavensee und dem Mississippi als ihre ursprünglichen Jagdreviere. Als Jäger der Hudsonbaikompanie stehen sie namentlich mit deren Forts am Großen Sklaven- und Athabascasee in Verbindung. Das von ihnen bewohnte Gebiet ist reich an Renntieren, welche ihnen Subsistenzmittel und Kleidung verschaffen, besteht aber größtenteils aus Barren-Grounds, wodurch sie gezwungen sind, sich im Winter in die Wälder und in die Nachbarschaft der Großen Seen zurückzuziehen. Ihre Zahl dürfte kaum 2000 betragen.

Tscheram (Schelam), ind. Stadt, s. Salem 2).

Tscherdyn, Kreisstadt im russ. Gouvernement Perm, an der Kolwa, mit (1885) 3490 Einw., die sich viel mit dem Bau von Flußfahrzeugen beschäftigen.