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Urschieferformation – Ursulinerinnen
Urschieferformation, die obere Abteilung der
Archäischen Formationsgruppe (s. d.), ein über 10000 m mächtiger
Komplex von krystallinischen Schiefern und zwar vorzüglich Glimmerschiefern und Phyllit (Urthonschiefer) mit eingelagerten Gneisen,
Kalksteinen, Quarziten, Hornblendeschiefern, der die ersten versteinerungsführenden Schichten, das Cambrium, unterlagert. In
Deutschland findet sich die U. namentlich im Erzgebirge, im Fichtelgebirge und in den Sudeten. In Nordamerika führt dieser Komplex den
Namen Huronische Formation.
Urshúm (Uržum). 1) Kreis im südöstl. Teil des russ.
Gouvernements Wjatka, größtenteils im Gebiet der Wjatka, hat 11433,4 qkm, 298630 E., darunter
Tscheremissen (25,6 Proz.), Tataren und Wotjaken; Ackerbau, Vieh, Bienenzucht, Schmiederei,
Holzbearbeitung, Branntweinbrennereien. –
2) Kreisstadt im Kreis U., an der Urshumka, hat (1893) 6435 E., Post, Telegraph, 5 Kirchen, Stadtbank; Seifenfabrik, Gerberei,
2 Jahrmärkte.
Ursĭdae, Raubtierfamilie, s. Bär.
Ursins (spr. ürsäng), Anne Marie de la Trémouille, Princesse des, geb. 1635,
heiratete 1659 Adrien Blaise de Talleyrand, Prinz von Chalais, dem sie 1663 in die Verbannung nach Spanien und Italien folgte. 1670
verwitwet, vermählte sie sich 1675 in Rom mit dem Herzog von Bracciano, Flavio Orsini, den sie 1695 ebenfalls verlor. Schon damals
war sie die Seele der franz. Partei an der Kurie, und so konnte Ludwig XIV. nach der Thronbesteigung Philipps V. keinen fähigern
Berater seines Enkels am Hofe von Madrid finden als die Prinzessin, die als Oberhofmeisterin die junge Königin Marie Luise von
Savoyen 1701 nach Spanien begleitete. Aber ihr Ziel wurde alsbald die Befestigung der neuen bourbonischen Dynastie auf span.
Boden; daher stützte sie sich auf die span. Nationalpartei selbst und suchte Philipp V. von seinem Großvater unabhängig zu machen.
Anfänglich allmächtig, sah sie sich bald von einer span. Fraktion und ebenso vom franz. Gesandten d’Estrées bedrängt, der ihre
Abberufung 1704 durchsetzte. Sie ging nach Paris, rechtfertigte sich glänzend und kehrte 1705 nach Madrid zurück, wo sie ihre Stellung
mit Energie und Einsicht bis an den Tod Marie Luisens (1714) behauptete. Als Elisabeth von Parma die Gemahlin des unselbständigen
Königs geworden war, wurde die Prinzessin U. im Dez. 1714 mit schimpflicher Härte entlassen. Sie lebte dann mit einem franz.
Jahrgehalt in Holland, Genua und seit 1719 in Rom, wo sie, mit dem Madrider Hofe seit Alberonis Sturz wieder ausgesöhnt, noch einmal
bis an ihren Tod (5. Dez. 1722) Ansehen und Einfluß behauptete. Ihre Korrespondenz
(Lettres inédites) mit Villeroi und Frau von Maintenon erschien Paris 1806,1826 (4 Bde.) und 1859.
– Vgl. Combes, La princesse des U. 1697–1722 (Par. 1858); von Noorden, Europ. Geschichte im
18. Jahrh., Bd. 1–3 (Düsseld. und Lpz. 1870–82); Baudrillart, Philippe V et la cour de France
(2 Tle., Par. 1889–91).
Ursinus oder Ursicinus, Gegenpapst. Nach dem Tode des Liberius
(24. Sept. 365) kam es in Rom zu einer zwiespältigen Bischofswahl zwischen Damasus (s. d.) und dem Diakon U.
Die weltliche Macht entschied zu Gunsten des Damasus; U. wurde ↔ verbannt, durfte zwar wieder zurückkehren,
mußte indessen noch zweimal, zuletzt 378 nach Köln in die Verbannung gehen und trat nach dem Tode des Damasus erfolglos als
Kandidat für den päpstl. Thron auf. – Vgl. Rade, Damasus, Bischof von Rom (Freib. i. Br. 1882).
Ursinus, Zacharias, eigentlich Beer, reform. Theolog, geb. 18. Juli 1534 zu
Breslau, studierte in Wittenberg und Paris, wurde 1554 Lehrer in Breslau und 1561 Professor der Theologie in Heidelberg, wo er mit
Olevianus den Heidelberger Katechismus (s. d.) abfaßte. Auch nahm er an den Beratungen über die Pfälzer
Kirchenordnung und an verschiedenen Religionsgesprächen Anteil. Seit 1578 bekleidete er eine Lehrstelle zu Neustadt an der Hardt und
starb hier 6. März 1583. Eine Gesamtausgabe seiner Werke lieferte sein Schüler Reuter (3 Bde., Heidelb. 1612 fg.). – Vgl. Sudhoff,
Olevianus und U. (in «Leben und ausgewählte Schriften der Väter und Begründer der reform. Kirche», Tl. 8, Elberf. 1857).
Ursprungszertifikate, Ursprungszeugnisse,
s. Certifikat.
Urständ, Urstände, die Auferstehung.
Urstier, soviel wie Auerochs oder Wisent (s. d.).
Ursǔla, die Heilige. U. und die elftausend Jungfrauen
werden seit Jahrhunderten in Köln verehrt als eine heilige Schar, die daselbst durch ein heidn. Heer ihren Untergang fand. Nach der
Legende war U. eine schöne brit. Königstochter, die von dem Sohne eines mächtigen Heidenfürsten zur Ehe begehrt wurde. Da sie sich
aber schon Christus verlobt, erbat sie sich einen dreijährigen Aufschub und zu einer Wallfahrtsreise 10 edle Gefährtinnen, deren jede,
wie sie selbst, 1000 Jungfrauen zu Begleiterinnen hatte, und 11 Dreiruderer. Rheinaufwärts kamen sie nach Köln, dann nach Basel, von
wo sie zu Fuß nach Rom pilgerten. Auf der Rückreise trafen sie vor Köln ein hunn. Belagerungsheer, von dem sie bei der Landung
niedergemetzelt wurden. U., die zuletzt übrig war, wies den Heiratsantrag des Hunnenfürsten zurück und starb von Pfeilen durchbohrt.
Dies ist die älteste Form der Legende, wie sie zu Anfang des 12. Jahrh. zuerst
Sigebert (s. d.) von Gembloux kurz
erzählt. Mit diesem Jahrhundert beginnt auch die Auffindung der heiligen Gebeine, zuerst einzelner, dann seit der Aufgrabung des sog.
Ager Ursulanus (seit 1155) vieler Tausende von Gerippen, die von der gleichzeitig lebenden
Nonne Elisabetha in Schönau bei Oberwesel infolge von Visionen mit der heiligen U. und ihren Genossinnen in Zusammenhang
gebracht wurden. Nach den Erklärungen von Schade («Die Sage von der heiligen U. und den elftausend Jungfrauen», 3. Aufl., Hannov.
1854) ist U. eine uralte Göttin des german. Heidentums; doch ist es nicht unwahrscheinlich, daß der Legende die Ermordung
einiger Jungfrauen bei einem Rheinübergange der Hunnen bei Köln zu Grunde liegt, und daß eine Grabschrift falsch gedeutet wurde
(Xl M virgines, gelesen Xl milia, statt
XI martyres). – Vgl. La légende de Sainte U. (24 Tafeln, nebst
Text von Dutron; hg. von Kellerhoven, Par. 1866); Kessel, St. U. und ihre Gesellschaft (Köln 1863); A. G. Stein, Die heilige U. und ihre
Gesellschaft (ebd. 1879).
Ursulinerinnen, Genossenschaften von Frauen, die sich mit Armen- und Krankenpflege, namentlich aber mit
Mädchenunterricht beschäftigen. Angela
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 132.