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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Verfahren - Verga.

umliegende Trachyt- und Porphyrgebirge enthält in eingezwängten Nestern und Adern Gold. Dieses wird jedoch von den Bewohnern nicht rationell, sondern derart gewonnen, daß sie in die Rücken und Abhänge der Berge in gerader Richtung unzählige Gänge und Löcher graben. Besonders reich und merkwürdig ist der kahle, zackige Bergrücken Kirnik (s. d.).

Verfahren, in der Rechtssprache eine zusammenhängende Reihe von Rechtshandlungen, welche zu gemeinsamem Zweck vor und von der zuständigen Behörde nach bestehender Gesetzesvorschrift vorgenommen werden. In diesem Sinn wird ein ganzer Prozeß als V. bezeichnet, namentlich spricht man von einem Strafverfahren (s. d.). Aber auch die Rechtsgrundsätze, welche das V. beherrschen, werden als solches bezeichnet. Man unterscheidet ferner je nach der Behörde, bei welcher ein rechtliches V. stattfindet, zwischen einzelrichterlichem V., V. vor dem Amtsgericht, vor dem Landgericht etc., Verwaltungsstreitverfahren etc. Endlich werden auch die einzelnen Teile und Abschnitte eines Verfahrens selbst wiederum als V. bezeichnet, z. B. Mahn-, Beweis-, Haupt-, Rechtsmittel-, Vorbereitungsverfahren etc.

Verfall (Verfalltag, Verfallzeit, Fälligkeit), der Termin, an welchem eine Schuld, ein Wechsel zahlbar ist; Verfallbuch, s. Buchhaltung, S. 564.

Verfälschung, s. Fälschung und Nahrungsmittel, S. 987.

Verfangenschaftsrecht (Jus vinculationis s. devolutionis), ein namentlich in Franken in Verbindung mit der allgemeinen ehelichen Gütergemeinschaft (s. Güterrecht der Ehegatten) vorkommendes Recht, wonach das Vermögen beider Ehegatten Eine Vermögensmasse bildet, welche nach dem Tode des einen Ehegatten zwar dem andern zufällt, aber den Kindern »verfangen« ist, d. h. diese letztern haben ein Anrecht darauf, welches ihnen nicht durch eigenmächtige Veräußerung seitens des überlebenden Ehegatten geschmälert oder entzogen werden darf.

Verfassung, s. Staatsverfassung.

Verfassungseid, die feierliche Versicherung des Souveräns, daß er der Verfassung und den Gesetzen des Landes gemäß regieren werde. Nach manchen Verfassungen, z. B. nach der preußischen, wird ein eidliches Gelöbnis des Monarchen in Gegenwart der Kammern verlangt, während nach andern Verfassungsurkunden die eidliche Versicherung in einem Patent genügt und noch andre Konstitutionen eine solche Zusicherung in einer Urkunde bei dem fürstlichen Worte des Souveräns verlangen. In manchen Staaten ist eine dem V. entsprechende Versicherung auch in den Verpflichtungseid der Staatsdiener, mitunter auch in den allgemeinen Huldigungseid (Unterthaneneid) der Staatsbürger überhaupt mit aufgenommen.

Verfettung (Fettentartung, fettige Degeneration, Fettmetamorphose, Lipomatosis), Bildung von Fettkörnchen in eiweißhaltigen Geweben des tierischen Organismus, z. B. in Muskelfasern (Herz), Drüsenzellen (Leber, Niere), Knorpelzellen etc. Das Fett entsteht (wie unter normalen Verhältnissen in Milchdrüsen) aus Eiweißkörpern, jedoch in solchem Grade, daß das Eiweiß zum Schwund gelangt und nicht wieder ersetzt wird. Solche V. findet sich nach heftigen Fiebern, starker (künstlicher) Erhitzung der Gewebe, verminderter Sauerstoffaufnahme in den Körper (namentlich bei Phosphorvergiftung), bei Säufern, Arsenikvergiftung, Störungen der Zirkulation und Innervation etc. Auch zeigen manche Organe bei besondern Erkrankungen V. In seltenen Fällen unterliegt der ganze Körper Neugeborner der V.

Verfluchen, über jemand einen Fluch (s. d.) aussprechen, beruht auf der uralten Gewohnheit der Semiten, alles Bedeutsame »im Namen Gottes« zu thun, also wie gute (s. Segen), so auch böse Wünsche im Namen Gottes auszusprechen. Wie jenen, so wird in solchem Fall auch diesen eine selbständig innewohnende Kraft zugeschrieben, so daß das Fluchwort in der Bibel gleich geachtet wird einer furchtbaren und wirksamen Überweisung an die Mächte des Bösen und des Todes. Vgl. auch Anathema und Eid.

Verfolgungswahn, ein krankhafter Geisteszustand, bei welchem die Irren durch Sinnestäuschungen (Halluzinationen) beängstigenden Inhalts sich von andern Personen verfolgt glauben. Meist glauben die Kranken an ihrem Bett, hinter einer Wand oder sonst in ihrer Nähe flüsternde oder gar laute, deutliche Stimmen zu hören, welche einen Anschlag gegen ihre Gesundheit oder ihr Leben planen. Seltener glauben sie die verfolgenden Personen wirklich zu sehen, aber sie kombinieren in der mannigfachsten Weise Erlebtes und, wenn man so sagen darf, im wachen Zustand »Geträumtes« zu umständlichen Schilderungen, deren Grundzug stets der Glaube an fremde Nachstellungen ist. Oft steigert sich dieser beängstigte Zustand zu rasenden Angstanfällen, die dann nicht so selten durch Selbstmord einen tragischen Ausgang nehmen. Der V. ist an und für sich niemals selbständige Geisteskrankheit, er kommt als Teilerscheinung bei Alkoholdelirien, bei epileptischem Irresein, bei Verrücktheit, hysterischer Geistesstörung u. a. m. vor. Sobald sich V. kundgibt, sind die Kranken, die meist schon vorher Zeichen abnormer Seelenthätigkeit dargeboten haben, einer Irrenanstalt zu überweisen.

Verfrachten, das Vermieten eines Teils oder des ganzen Laderaums eines Schiffs an den sogen. Befrachter (Charterer); letzterer wird Ablader genannt, wenn die Ladung nicht ihm, sondern dritten Personen gehört. Der Vermieter ist der Reeder oder Verfrachter; vgl. Fracht.

Verfügungen von hoher Hand, im Seerecht Anordnungen der staatlichen Autorität, durch welche die Schiffahrt überhaupt oder in Ansehung der Seereise eines einzelnen Schiffs gehemmt oder verboten wird. Dahin gehören die Fälle, in welchen ein Schiff mit Embargo belegt oder für den Dienst einer Seemacht in Anspruch genommen, der Handel mit dem Bestimmungsort untersagt, ein Hafen blockiert, eine Quarantäne angeordnet wird u. dgl. Bezüglich des Seefrachtvertrags gilt nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (Art. 631 ff.) die Regel, daß jeder der vertragschließenden Teile von dem Vertrag zurücktreten kann, wenn vor Antritt oder während der Reise eine Verfügung von hoher Hand hindernd in den Weg tritt. Bei der Seeversicherung trägt der Versicherer, sofern nicht etwas andres vereinbart ist, die Gefahr der V. Vgl. Deutsches Handelsgesetzbuch, Art. 824.

Verga, Giovanni, ital. Dichter, geb. 1840 zu Catania in Sizilien, machte sich zuerst durch einige Romane bekannt, welche von scharfer Beobachtung zeugten und durch künstlerisch besonnene Ausführung befriedigten, zum Teil aber auch an die Vorbilder des französischen Sensationsromans erinnerten: »Storia di una capinera« (1874); »Nedda« (1874); »Eros« (1875); »Tigre reale« (1875); »Primavera« (mit andern Erzählungen, 1877). Einen neuen Weg schlug er ein mit einem Band sizilischer Dorfgeschichten: »La vita dei campi« (1880; deutsch, Leipz. 1885), welche ihren großen Erfolg der originellen Erfindung, den leidenschaftlichen Konflikten voll südländischen Feuers und der genialen Darstellung verdankten.