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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Walpole; Walporzheim; Walpurga; Walpurgiskraut; Walpurgisnacht; Walrat; Walratkerze; Walratöl; Walroß; Walrückendampfer

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Walpole (Sir Robert) - Walrückendampfer

Walpole (spr. wóllpohl), Sir Robert, s. Orford.

Walporzheim, Dorf im Kreis Ahrweiler des preuß. Reg.-Bez. Koblenz, zu Ahrweiler gehörig, an der Nebenlinie Remagen-Adenau der Preuß. Staatsbahnen, hat (1895) 474 kath. E. und ist bekannt durch seinen Weinbau.

Walpurga, der 256. Planetoid.

Walpurga oder Walpurgis, die Heilige, war ihren Brüdern Willibald und Wunnibald aus ihrem Vaterlande England nach Deutschland gefolgt, um mit ihnen hier für die Verbreitung des Christentums zu wirken. Willibald gründete das Bistum Eichstätt 741, Wunnibald das unfern davon belegene Kloster Heidenheim 745, dessen Leitung nach seinem 763 erfolgten Tode W. übernahm und bis an ihr Lebensende fortführte. Ihre Gebeine, aus denen schon nach der ältesten Biographie ein wunderbares heilkräftiges Öl floß, wurden um die Mitte des 9. Jahrh. nach Eichstätt übertragen, wo man ihr zu Ehren ein eigenes Kloster erbaute. Ihre gewöhnlichen Attribute sind ein Balsamfläschchen und drei Ähren. Jene Lebensbeschreibung war gegen Ende des 9. Jahrh. von einem Mönche Wolfhart im Kloster Hafenried verfaßt worden und enthält, wie alle spätern, lediglich auf ihr fußenden Legenden eine Menge Wundererzählungen. Der Kultus der W. gewann eine große Verbreitung. Ihre Heiligsprechung fiel auf den 1. Mai, der nach ihr den Namen erhielt. Allein neben diesem Tage sind auch andere, vor allen Erntetage, der W. gewidmet. Die neun Tage vor dem 1. Mai heißen die Walpurgisnächte; besondere Bedeutung im Volksglauben hat die dem 1. Mai vorangehende Walpurgisnacht (s. d.). In diesen Zeiten wird nach dem Volksglauben die W. als ein weißes Weib mit feurigen Schuhen und goldener Krone von bösen Geistern in Wiesen und Thälern unaufhörlich verfolgt. Wer ihr in ihrer Bedrängnis Schutz gewährt, dem spendet sie Gold als Lohn. Die W. deckt sich somit im ganzen mit den Holzfräulein (s. d.), den Seligen und ähnlichen Gestalten des Volksglaubens, ist mit diesen ursprünglich identisch und hat nur von dem Kalendernamen der Zeit ihren Namen erhalten. Diese Zeit war aber im Germanischen eine heilige, und daher galt auch der Walpurgistag oder Walperntag als heiliger. Er ist reich an Zauber und Zukunftsdeutung, wichtig für allerlei Kuren. – Vgl. Mannhardt, Der Baumkultus der Germanen und ihrer Nachbarstämme (Berl. 1875); Rochholz, Drei Gaugöttinnen (Lpz. 1870).

Walpurgiskraut, s. Botrychium.

Walpurgisnacht, die im Volksglauben eine große Rolle spielende, dem 1. Mai, dem Tag der heil. Walpurga (s. d.), vorangehende Nacht. Das ist die Nacht, wo die Hexen (s. d. und Hexenfahrt) auf Besen oder Böcken nach den Bergen, namentlich den Blocksbergen (s. d.), reiten und hier mit dem Teufel ihre Zusammenkünfte haben. In dieser Nacht sind alle Zaubermächte los; da kann man Wasser in Wein verwandeln, durch Zaubersprüche dem Wachstum der Pflanzen wehren u. dgl.

Walrat (Cetaceum, Spermaceti; frz. Blanc de baleine), eine fettige Substanz, die sich in den großen Höhlungen der Schädeldecke und in einem vom Kopf bis zum Schwanz laufenden Kanal, auch in einigen andern kleinen Körperhöhlungen des Kaschelot (s. d.) findet. Beim lebenden Tiere hat die Substanz die Beschaffenheit eines gelblichen Öls und findet sich in solcher Menge vor, daß man Fässer damit anfüllen kann. Nach dem Töten des Tieres erstarrt sie und wird durch mehrmaliges Abpressen und Umschmelzen von dem flüssigen Teil (Walratöl) getrennt. Sie bildet dann eine spröde, fettig anzufühlende Masse von eigentümlichem Geruch (Cetin) und 0,94 spec. Gewicht, die bei 45° C. schmilzt. Der W. besteht namentlich aus dem Cetylester der Palmitinsäure (s. d.) und enthält in kleinen Mengen Cetylalkohol (s. d.). Man gebraucht ihn zur Bereitung von Pflastern und Salben, Schminke und Lippenpomade, besonders aber von Luxuskerzen (s. Kerze), endlich als Appreturmittel für Leinenfadenfabriken. Haupthandelsplätze für W. sind Neuyork und Hamburg. Wert im Großhandel etwa 3,5 M. das Kilogramm.

Walratkerze, s. Walrat und Kerze.

Walratöl, s. Walrat.

Walroß (Trichechus), eine Gattung von Säugetieren aus der Ordnung der Pinnipedia (s. d.), in der sie als eigene Gruppe neben den Seehunden und Robben stehen. Man kennt nur eine Art, das gemeine W. (Trichechus rosmarus L., s. Tafel: Robben und Seehunde, Fig. 3), welches in seiner Gestalt den übrigen Robben gleicht, jedoch sich durch seine beim Männchen bis 60 cm langen und 7,5 kg schweren Eckzähne und die stumpfen, breitkronigen Backenzähne genügend unterscheidet. Die angeschwollene Oberlippe ist mit einem borstigen Bart bedeckt. Dem Unterkiefer fehlen Vorder- und Eckzähne. Das W. erreicht eine Länge von 6 m, mißt an der Brust 3‒3,5 m im Umfange und besteht selbst mit Eisbären siegreiche Kämpfe. Seetange und Seetiere niederer Art, besonders Muscheln, dienen ihm zur Nahrung. Häufig lagern Hunderte von W. auf dem Strande und auf schwimmenden Eisfeldern, ihrem letzten Zufluchtsort vor den Verfolgungen der Walfischjäger, die ihnen wegen ihres feinen Thrans, ihrer dicken Haut und ihrer Stoßzähne eifrig nachstellen. Die Zähne sind durchaus massiv, härter als Elfenbein, vergilben nicht und taugen besser als jenes zu manchen technischen Zwecken. Die Jagd ist übrigens nicht ohne Gefahr, da die W. die Boote umzuwerfen oder zu zertrümmern suchen und weder Kugeln noch Lanzenspitzen leicht in ihre harte, dicke Haut eindringen.

Walrückendampfer, eine neue Art von Seefrachtdampfern, die bei verhältnismäßig geringem vermessenem Tonnengehalt bedeutende Tragfähigkeit und starken Schiffskörper haben. Die W. sind Schiffe mit sehr großem Völligkeitsgrad (s. d.); ihr Nullspant (s. Spanten) ist ein Rechteck, auf das oben noch ein kleines Rechteck aufgesetzt ist; da die Ecken abgerundet sind, so gleicht das Nullspant einer niedrigen Flasche mit kurzem, weitem Hals. Die W. haben nur kurze Pfahlmasten, sparen dadurch auch an Besatzung; das schmale Oberschiff bietet dem Winde und dem Seegang nur wenig Widerstand, wodurch Kohlen gespart werden. Einer der ersten W. war der 1891 von Doxford & Sons in Sunderland erbaute Charles W. Wetmore. Ein großer W., der Christopher Columbus, nach Plänen des Kapitäns Medougall von der American Steel Barge Co. in West-Superior erbaut, diente während der Weltausstellung in Chicago zur Passagierbeförderung auf dem Michigansee; er hat 7 Stahltürme, die 3 Decke für Passagiere tragen. Das Schiff ist 362’ lang, 42’ breit; es ist für 4000 Passagiere eingerichtet, soll aber sogar 5700 an Bord gehabt haben. Der Hauptsalon ist 225’ lang. Alle Deckssitze sind Rettungsflöße, ferner sind 20 Rettungsboote da. Die untern Räume sind in zahlreiche wasserdichte Abteilungen geteilt und tragen 700 t Wasserballast.