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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Zeugartillerie; Zeugbaum; Zeugdruck; Zeuge

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Zeugartillerie – Zeuge

Zeugartillerie, s. Artillerie.

Zeugbaum, s. Weberei und Baum.

Zeugdruck, auch örtliche oder topische Färberei genannt, die Herstellung farbiger Muster auf Geweben durch Aufdrucken. Die älteste und primitivste Art des Z. ist der Klotzdruck oder Modeldruck, bei welchem das Muster auf einem Holzklotz eingeschnitten ist und dem Gewebe mit der Hand aufgedruckt wird. Der Holzschnitt kann beliebig oft clichiert und aneinander gesetzt werden, wodurch das Verfahren einfacher wird. Dieser Handdruck wird im Großbetrieb durch Maschinendruck ersetzt. Die Plattendruckmaschinen oder Perrotinen (nach ihrem Erfinder Perrot in Rouen genannt) ahmen den Handdruck nach und arbeiten mit flachen hölzernen Formen, auf denen das Muster durch hervorragende Messingfiguren von entsprechender Gestalt gebildet ist. Alle Formen, deren die Perrotine mindestens ebenso viele bedarf, als sie Farben druckt, drucken gleichzeitig, wobei das Gewebe (meist Kattun, weshalb die Zeugdruckerei ebensowohl Kattundruckerei genannt wird) auf gepolsterten Tischen ruht. Nach jedem Druck gehen die Formen zurück. Zwischen Form und Gewebe zieht sich alsdann ein Sieb, das zuvor die Farbe aus dem mit Walzen arbeitenden Farbekasten geholt hat; die Form tupft gegen das Sieb, um die Farbe abzunehmen, und nachdem das erstere wieder seitwärts fortgegangen ist, geht die Form von neuem gegen den über den Tisch gespannten Stoff, um ihn zu bedrucken. Während die Form außer Berührung mit letzterm ist, wird dieselbe nebst dem sog. Mitläufer (einem zum Schutz mitgeführten Zeug) durch Nadelwalzen um die Formbreite verschoben. Das bedruckte Zeug wird samt dem Mitläufer in einem geheizten Raum über hölzerne Haspel geführt, getrocknet und abgelegt. Die Walzendruckmaschinen arbeiten mit vertieft gravierten Metallwalzen. In der Vierfarbendruckmaschine von C. Hummel in Berlin wird die Druckwalze durch eine elastische Farbwalze, die in einem Farbekasten badet, vollständig mit Farbe bedeckt; hin und her gehende Bleche streichen die Farbe von der Druckwalze ab und lassen nur die Gravierung mit Farbe gefüllt, aus der dieselbe durch beträchtlichen Druck auf das Gewebe übertragen wird, während das Zeug, dem außer dem Mitläufer ein endloses Drucktuch als Unterlage dient, zwischen der Druckwalze und einer elastischen Pressionswalze hindurchläuft. Bei jeder Druckmaschine ist dieser Mechanismus so vielmal vorhanden, als sie Farben druckt. Die Pression wird durch ein Doppelhebelsystem ausgeübt. Perrotinen giebt es auch für Handbetrieb; Walzendruckmaschinen dagegen erfordern stets Maschinenkraft, besitzen aber auch eine etwa fünfmal größere Leistungsfähigkeit und arbeiten genauer, wie sie sich auch besser zum Drucken mit vielen Farben eignen.

Die bedruckten Gewebe werden getrocknet. Da sie alsdann meist eine rauhe Oberfläche zeigen, müssen sie noch weiter präpariert werden. Demnach bezwecken die folgenden Operationen, die Ware glatt zu ziehen, sie mit Stärke u. s. w. zu füllen oder geschmeidig zu machen, worauf sie getrocknet, geglättet, gelegt, gemessen und verpackt wird. Die wichtigste Maschine hierbei ist der Kalander (s. Appretur), durch den das Gewebe zugleich einen gewissen Glanz erhält. Der Farbendruck wird außer auf Baumwoll-, Woll-, Leinen- und Seidengewebe auch auf Garn angewendet (Garndruck), und zwar werden namentlich die Kettengarne (Kettendruck) auf diese Weise behandelt. Die Farben können entweder direkt als solche aufgedruckt werden (Tafeldruck, s. Applikationsfarben), oder die Zeuge werden erst nur mit Beize (s. d.) bedruckt und dann nach dem Fixieren und Trocknen der letztern in die Farbebrühe gebracht, wodurch die Farben nur an den gebeizten Stellen haften, während sie aus dem übrigen Zeug durch schwaches Bleichen (Buntbleiche) wieder entfernt werden. Besondere Verfahren des Z. sind der Bandanadruck, Battickdruck, Berilldruck, Fayencedruck, Mandarindruck und das Animalisieren. (S. diese Artikel und Färberei.) – Vgl. Lauber, Handbuch des Z. (Lpz. 1886); Sansone, Der Z. (deutsch von Pick, Berl. 1890).

Zeuge, im allgemeinen eine von den Parteien verschiedene Person, welche über von ihr wahrgenommene Thatsachen Auskunft erteilen soll oder soll erteilen können. So spricht man von Instrumentszeugen (auch Solennitätszeugen genannt), deren Zuziehung bei gewissen gerichtlichen oder notariellen Rechtsakten zu deren Gültigkeit vorgeschrieben ist; ferner von den zu einem Zweikampf zugezogenen Z. Im Prozeß wird der Z. über seine Kenntnis von für diesen Rechtsstreit erheblichen, von der einen oder andern Partei behaupteten Thatsachen vernommen. Die wesentlichen Bestimmungen über den Zeugenbeweis gehen dahin: 1) Im Civilprozeß (vgl. Deutsche Civilprozeßordnung §§. 338‒366) erfolgt die Vernehmung der Z. regelmäßig vor dem Prozeßgericht selbst; jedoch kann sie vor einem beauftragten oder ersuchten Richter (s. Ersuchen) erfolgen, wenn die Abhörung an Ort und Stelle sachdienlich erscheint oder die Vernehmung vor dem Prozeßgericht wegen Behinderung des Z., wegen großer Entfernung desselben oder sonstwie unmöglich oder erheblich beschwert sein würde. So auch nach der Österr. Civilprozeßordnung vom 1. Aug. 1895, §. 328. Öffentliche Beamte, auch nicht mehr aktive, dürfen über Thatsachen, auf welche sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, nur mit Genehmigung der vorgesetzten Dienstbehörde, der Reichskanzler nur mit Genehmigung des Kaisers, Minister nur mit Genehmigung des Landesherrn, in den Freien Hansestädten Senatsmitglieder nur mit Genehmigung des Senats vernommen werden. Die Ladung der Z. wird vom Gericht durch Beweisbeschluß angeordnet, vom Gerichtsschreiber ausgefertigt und von Amts wegen zugestellt, und sie muß die Bezeichnung der Parteien und der Beweisthatsachen, sowie die Anweisung zum Erscheinen im Vernehmungstermin bei Vermeidung der gesetzlichen Strafen enthalten. Das Gericht kann die Ladung von vorgängiger Hinterlegung eines Auslagenvorschusses zur Sicherung der Staatskasse abhängig machen. Die Rechtsstellung des Z. beruht auf der allgemeinen Zeugnispflicht, vermöge deren derselbe zum Erscheinen vor Gericht, zur Aussage und zu deren Beeidigung verbunden ist. Ein ordnungsmäßig geladener Z., welcher ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint, ist in die Terminskosten und in eine Geldstrafe bis zu 300 M. (nach der Österr. Civilprozeßordnung §. 333 Ordnungsstrafe ohne Angabe einer Grenze), event. in Haftstrafe bis zu sechs Wochen zu verurteilen. Bei wiederholtem Ausbleiben kann die Strafe wiederholt (in Österreich verdoppelt), auch der Z. zwangsweise vorgeführt werden. Die obersten Reichs- und Landesbeamten