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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Aalen; Aalesund; Aali Pascha

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Aalen - Aali Pascha.

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Aale'

Weibchen durch einen auffallend bronzeartigen Metallglanz. Andre Forscher nehmen an, daß die geschlechtlich ausgebildeten A. überhaupt nicht in die Flüsse steigen, sondern beständig im Meer bleiben, und daß die in das Süßwasser übergesiedelten A. nur verkümmerte Weibchen sind. Derartige sterile Formen findet man übrigens auch in andern Fischfamilien. Um das Verarmen der Flüsse an Aalen durch die Anlage neuer Mühlen zu verhüten, baut man Aalbrutleitern, d. h. aus rohen Brettern zusammengenagelte Rinnen, welche mit einer Neigung von 1:5 bis 1:8 aus dem Oberwasser in das Unterwasser der Mühle reichen. Die Rinnen sind mit niedrigen Querleisten benagelt, um das Abrutschen von Kies und kleinen Steinen, mit welchen man den Boden bedeckt, zu verhindern, und so gelagert, daß nur wenig Wasser durch sie herabfließt. Diese Vorrichtungen werden von der aufsteigenden Aalbrut bereitwillig benutzt, welche an großen Wehren ein unübersteigliches Hindernis finden würde. Auf die Lebensweise der A. gründen sich der Aalfang und die Aalzucht, wie sie an manchen Orten im größten Maßstab betrieben werden. Am vollkommensten entwickelt sind die Anlagen in den Lagunen von Comacchio zwischen den Mündungen des Po di Volano und des Po di Primaro und am Orbitellosee. Ein sehr ausgebildetes System von Schleusen und Kanälen wird dort im Frühjahr der einziehenden jungen Aalbrut geöffnet und begünstigt vom August bis Dezember den Fang der erwachsenen, 5-6 Jahre alten A., welche sich zur Auswanderung anschicken. Die jährliche Ernte in Comacchio kann auf 1 Mill. kg veranschlagt werden. Man fängt den Aal mit Netzen und Reusen, seltener mit der Angel und tötet ihn am besten durch Abtrennen des Kopfes. Die sehr lange anhaltende Reflexthätigkeit des Rückenmarks, infolge deren sich die Stücke des toten Aals lebhaft winden, wird sofort beendigt, wenn man eine Stricknadel in das Rückgrat stößt. Sehr viele A. fängt man in Schleswig-Holstein und in den Ostseeprovinzen, die meisten aber in Holland, von wo England und besonders London versehen werden. Zwei Gesellschaften, von denen jede fünf Schiffe besitzt, führen mit jeder Reise 8-10,000 kg lebende A. ein. Die vorzüglichen Präparate der Küche von Comacchio kommen zum Teil auch nach Deutschland. Das fettreiche Aalfleisch ist überall frisch, geräuchert und eingemacht eine beliebte Speise, namentlich waren die angelsächsischen Stämme von jeher Liebhaber desselben; Verwilligungen und Freibriefe wurden oft durch Zahlungen in Aalen geregelt. Die Klöster begünstigten die Anlage von Aalteichen, und diesseit wie jenseit des Kanals zeugen zahlreiche Namen von der frühern Ergiebigkeit des Aalfangs (Ellesmore, Elfinger Hof etc.). Vgl. Coste, Voyage d'exploration sur le littoral de la France et de l'Italie (2. Aufl., Par. 1861).

Aalen, Oberamtsstadt im württemb. Jagstkreis, 429 m ü. M., am Kocher und an der Remsbahn (Kannstatt-Nördlingen), mit Amtsgericht, evangelischer und kath. Kirche, Draht- und Eisenwerk (Erlau), Fabrikation von Tuch- und Wollwaren, Drahtstiften und Wichse, Gerberei und (1880) 6659 Einw. (1425 Katholiken). In der Umgegend zahlreiche Eisenwerke, darunter Wasseralfingen (s. d.). A. war ehedem freie Reichsstadt, bis es 1802 an Württemberg kam. Die Geschichte der Stadt schrieb Bauer (Stuttg. 1853).

Aalesund, norweg. Handelsstadt, in dem zum Stift Bergen gehörigen Teil des Amtes Romsdal, 1824 gegründet, hat (1876) 5783 Einw. und bildet einen der Zentralpunkte für die reichen Dorschfischereien, welche ↔ an den Küsten der Vogtei Söndmöre getrieben werden. Die Stadt besaß 1881: 97 Fahrzeuge von 5537 Ton. Der Wert der Einfuhr betrug 1882: 619,000 Kronen, der Ausfuhr 3,101,100 Kr. (davon Fischwaren 3,059,700 Kr.). Eine Burgruine in der Nähe gilt als Geburtsstätte des Normannenherzogs Rollo.

Aali Pascha, Mehemed Emin, hervorragender türk. Staatsmann, geb. 1815 als Sohn eines Beamten zu Konstantinopel, ward auf Empfehlung Reschid Paschas bereits mit 15 Jahren im Übersetzungsbüreau des auswärtigen Amtes angestellt, wo er sich in kurzer Zeit eine umfassende Bildung aneignete. Im J. 1835 wurde er zweiter Gesandtschaftssekretär in Wien, 1838 Gesandtschaftsrat und nach einem kurzen Aufenthalt als Unterstaatssekretär in Konstantinopel 1840-44 Gesandter in London. In dieser Zeit gewann er, die europäischen Verhältnisse mit freiem Blick beurteilend, die Überzeugung von der Notwendigkeit durchgreifender innerer Reformen im türkischen Reich. Unter Reschid Pascha als Großwesir war A. Minister der auswärtigen Angelegenheiten in der vielbewegten Zeit von 1846 bis 1852. Dann eine kurze Zeit selbst Großwesir, fiel er schon im Oktober 1852 in Ungnade und ward Statthalter zu Smyrna, dann in Brussa. Während des orientalischen Kriegs im Oktober 1854 zurückberufen, erhielt er auch diesmal neben Reschid Pascha als Großwesir die Leitung der auswärtigen Politik und nahm an den im März 1855 zu Wien beginnenden Verhandlungen über die vier Garantiepunkte Anteil. Seit Juli 1855 selbst Großwesir, präsidierte A. der Kommission, aus deren Verhandlungen der Hattihumajum vom 18. Febr. 1856 hervorging, ein gewaltiger Fortschritt in dem innern Leben der Türkei, insofern er die Gleichberechtigung aller Nationalitäten und Bekenntnisse im türkischen Reich verkündigte. Auch bei den Verhandlungen des Pariser Friedens vertrat A. mit großer Entschiedenheit und Gewandtheit die türkischen Interessen, vermochte indes nicht mit allen seinen Wünschen durchzudrängen. Namentlich die Festsetzungen über die Donaufürstentümer bereiteten der Pforte Schwierigkeiten und veranlaßten schon 1. Nov. 1856 Aali Paschas Rücktritt vom Großwesiramt. Indes blieb er Mitglied des Großen Rats und Minister ohne Portefeuille; auch ward er (im Januar 1858) nach dem Tod Reschid Paschas wieder Großwesir. Allein da seinem Reformeifer das Drängen der Vertragsmächte lästig wurde und ihre Forderungen unzweckmäßig erschienen, trat A. nach kurzer Zeit wieder ab. Für kurze Zeit hatte er das Großwesiramt noch einmal interimistisch, vom Juni bis November 1861 auch definitiv inne, worauf er wieder das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten übernahm. Mit dem Großwesir Fuad Pascha fuhr er entschlossen in den Reformen fort: sein schon im September 1865 gemachter Vorschlag, durch Einziehung des Wakuf, d. h. der Moscheegüter, der Finanznot des Staats abzuhelfen, wurde endlich 1868 wenigstens teilweise ausgeführt, nachdem A. im Februar 1867 wieder Großwesir, Fuad Pascha Minister des Auswärtigen geworden war. Während des Sultans Reise zur Pariser Ausstellung im Sommer 1867 führte A. die Regentschaft, unterdrückte im Winter 1867-68 den Aufstand in Kreta und war auch weiterhin die eigentliche Seele der nun von dem Sultan selbst betriebenen Reformen, welche die Türkei von Grund aus umgestalten sollten, trat dabei aber den erneuten Unabhängigkeitsgelüste Ägyptens 1869 mit ebensoviel Energie wie Erfolg entgegen. Mitten in seinen Entwürfen, deren Aus-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 8.