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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Abd ul Latif; Abd ul Medschid; Abd ul Mumen; Abd ul Wahâb; Abd ur Rahmân

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Abd ul Latif - Abd ur Rahmân.

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Abdullah Chan'

die damaligen Parteikriege zwischen dem emporstrebenden Schah Abbas und seinen Rivalen in Persien benutzend, riß er Herat und Merw an sich, plünderte Meschhed und das reiche Grab Imam Rizas und unterwarf auf einige Zeit sogar Masenderan seinem Zepter. Bochara und ganz Mittelasien erfreuten sich unter seiner Herrschaft der innern Ruhe; Handel und Industrie genossen seinen besondern Schutz. Er errichtete zahlreiche Kollegien und Moscheen, gründete Karawanseraien, Spitäler und sonstige zum allgemeinen Wohl bestimmte Gebäude. Mit dem türkischen Sultan Murad III. suchte er die aufkeimende Macht der Sefiden zu vernichten. A. starb 1597 als letzter der Scheibaniden. Sein einziger Sohn und Nachfolger, Abd ul Mumen, hatte sich kurz vor seinem Tod gegen ihn empört, und A. mußte ihn zu wiederholten Malen mit bewaffneter Macht unterwerfen.

Abd ul Latif, arab. Gelehrter, geb. 1162 zu Bagdad, widmete sich in Damaskus, Kairo, Jerusalem und Aleppo dem Studium der Medizin, starb 8. Nov. 1231 auf der Wallfahrt nach Mekka. Er ist Verfasser zahlreicher Schriften grammatischen, rhetorischen, theologischen, juristischen, besonders aber medizinischen Inhalts, worunter eine Beschreibung Ägyptens zu erwähnen, hrsg. von White ("Abdoliatiphi historiae Aegypti compendium", Oxf. 1800) und bearbeitet von Silvestre de Sacy ("Relation de l'Égypte", Par. 1810).

Abd ul Medschid, der 31. Sultan der Osmanen, geb. 23. April 1823, Sohn Mahmuds II., folgte, im Harem erzogen, 1. Juli 1839 seinem Vater auf dem Thron. Das osmanische Reich befand sich damals in einer sehr mißlichen Lage. Indes wurde A. von der Gefahr, von den Ägyptern nach der Auflösung des türkischen Heers bei Nisib in Konstantinopel selbst angegriffen zu werden, durch die Intervention der europäischen Mächte befreit. Durch die Unterzeichnung des Hattischerifs von Gülhane (3. Nov. 1839) kündigte A. die Fortführung des vom Vater begonnenen Reformwerks an. Er folgte bei dieser wie bei andern Gelegenheiten den Winken seiner Mutter, der Sultanin-Walide, welche bis zu ihrem Tod (2. Mai 1853) die Geschäfte leitete, und der die Pietät des Sohns nie den Gehorsam verweigerte. Während auf ihr Geheiß der europäisch gebildete Reschid Pascha die Reformen in Angriff nahm, überließ sich der junge Padischah den Freuden des Harems. Sogleich nach dem Tod seiner mütterlichen Führerin sah sich A. in Krieg mit Rußland verwickelt (s. Krimkrieg). Damals wirkten seine europäischen Ratgeber das zweite Staatsgrundgesetz des türkischen Reichs, den Hattihumajum, von ihm aus, welcher 21. Febr. 1856 verkündigt ward und die Umgestaltung des Osmanenstaats im abendländischen Sinn vollenden sollte. Häufige Aufstände beunruhigten das Land, so besonders in Bosnien und der Herzegowina. Scheinbar freilich sah der Sultan, der sich seit seiner Aufnahme in das europäische Konzert auf dem Pariser Kongreß (1856) "Seine Majestät" und "Kaiser" nennen ließ und selbst von Zeit zu Zeit seine Staaten bereiste, um sich von den Zuständen seiner Unterthanen durch den Augenschein Kenntnis zu verschaffen, seine Macht vermehrt. Mehemed Ali, der Todfeind seines Vaters, gelobte Gehorsam, auch Tripolis und Tunis kehrten zur Botmäßigkeit zurück, der Imam von Maskat erkannte die Oberhoheit der Pforte an, und die Araber von Aleppo bis Bagdad wurden unterworfen. Aber alle diese Erfolge wurden nur mit Hilfe der europäischen Diplomatie errungen, und das Reich fristete sein Dasein nur noch, weil sich die ↔ Großmächte über dessen Teilung nicht einigen konnten. Des Sultans und des Landes Unglück war die Haremswirtschaft mit ihrer verderblichen Verschwendung, an der A. trotz seiner sonstigen lobenswerten Gesinnung mit alttürkischer Zähigkeit hing. A. starb 25. Juni 1861.

Abd ul Mumen (Abu Mohammed), Gründer der maurisch-span. Dynastie der Almohaden, geb. 1101 im nordwestlichen Afrika, ward Schüler des Abdallah Ibn Tomrut, des Stifters einer neuen mosleminischen Sekte, der Moahedun oder Almohaden, die sich zu Tinmal nahe der Sahara zu einer geschlossenen Gemeinschaft organisierte. Von Abdallah zu seinem Hadib oder Stellvertreter ernannt, drang er an der Spitze der Almohaden 1125 bis Marokko vor, ward aber hier von Ali Abul Hakem, dem Sultan aus dem Haus der Almorawiden, aufs Haupt geschlagen. Nachdem er zu Tinmal ein neues Heer gesammelt, gewann er bei Aghmat einen entscheidenden Sieg über die Almorawiden und ward nach Abdallahs Tod 1130 zum Emir al Mumenin erwählt. Nach neuen Siegen über die Almorawiden und der Einnahme von Fes eroberte er den größten Teil des Reichs Marokko und bestieg nach der Eroberung dieser Stadt den dortigen Thron. Er breitete seine Herrschaft über Tunis, Keruan und ganz Nordafrika bis Barka aus und verleibte derselben auch Sevilla und Cordova ein. Er starb 15. Mai 1163 im Begriff, an der Spitze eines großen Heers nach Spanien zu ziehen, um sich dies Land ganz zu unterwerfen.

Abd ul Wahâb, s. Wahabiten.

Abd ur Rahmân, 1) arab. Statthalter in Spanien, zeichnete sich 721 in der Schlacht bei Toulouse durch Tapferkeit aus, drang 731 mit ungeheurer Heeresmacht in Aquitanien ein, eroberte Bordeaux, ging über die Garonne und Dordogne, vernichtete das Heer des Herzogs Eudes von Aquitanien und verwüstete das Land bis Burgund, ward aber von Karl Martell, Majordomus der Franken, und dem Herzog Eudes im Oktober 732 zwischen Tours und Poitiers in einer siebentägigen Schlacht geschlagen und fiel im Kampf.

2) A. el Dakhel ("der Flüchtling"), erster Kalif von Cordova, Sohn Muawijas und Enkel des Kalifen Hischam aus dem Geschlecht der Omejjaden, entging beim Sturz dieser Dynastie 750 dem Mordstahl der Abbassiden und entkam unter vielen Gefahren und Abenteuern nach Spanien, wo er die aufständischen Emire Jussuf und Zumeil 755 bei Musara besiegte und das Kalifat von Cordova begründete. Auch noch viele andre Empörungen mußte A. niederschlagen, bis er 786 ganz Spanien in seine Gewalt gebracht und die Ruhe hergestellt hatte. Dann widmete er sich den Werken des Friedens, der Pflege der Künste und Wissenschaften, erbaute die große Moschee in Cordova und starb im Oktober 788. Er war ein tapferer, thatkräftiger Herrscher, edel und fein gebildet.

3) Sultan von Marokko, geb. 28. Nov. 1778, folgte 1823 seinem Oheim Mulei Soliman auf dem Throne. Nachdem er vergeblich versucht hatte, die zahlreichen fast unabhängigen Stämme in seinem Reich vollständig zu unterjochen, geriet er wegen der Zahlung des Tributs für den Schutz gegen Seeräuberei mit mehreren europäischen Mächten in Streit, zuerst mit Österreich, das ihn 1828 zum Verzicht auf den Tribut zwang. Nach der Besitznahme Algiers durch die Franzosen versuchte A. vergebens, die Provinz Oran seinem Reich einzuverleiben. Wiewohl er selbst seitdem friedliche Gesinnungen gegen seine französischen Nachbarn hegte, nötigten ihn seine fana-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 26.