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Ab ovo - Abraham a Santa Clara.
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'About'
Zolas und andrer Naturalisten gerichteter Roman, "Roman d'un brave homme"
(1880), fand trotz der ehrbaren Tendenz im großen Publikum wenig Anklang. Von sonstigen Schriften
sind noch zu nennen: "Le progrès" (1864);
"Les questions d'argent" (1865); "Causeries"
(1865-66, 2 Bde.); "L'assurance" (1866); "ABC du
travailleur" (1868); "Alsace 1871-72" (1872) u. a. Im J. 1884
wurde A. Mitglied der Akademie; er starb 17. Jan. 1885.
Ab ovo (lat., "vom Ei an"), sprichwörtliche
Redensart, s. v. w. vom Anfang an; ab ovo ad mala, vom Ei bis zu den Äpfeln
(dem Obste), d. h. vom Anfang bis zum Ende; bei den Mahlzeiten der Römer machten nämlich die Eier den
Anfang, das Obst das Ende. Ab ovo Ledae incipere, lateinisches Sprichwort
des Quintilian: "vom Ei der Leda beginnen", d. h. weit ausholen (wie wenn man die Erzählung vom
Trojanischen Krieg damit beginnt, daß Leda, von Jupiter als Schwan umarmt, zwei Eier gebar, aus
deren einem Helena hervorging).
Abplattung, in der Astronomie der Betrag, um welchen die Drehungsachse eines
Planeten kürzer ist als der Durchmesser des Äquators, ausgedrückt in Bruchteilen des letztern. Ihre
Ursache ist in der Umdrehung und der dadurch erzeugten
Zentrifugalkraft (s. d.) zu suchen.
Abprotzen, bei der Artillerie ein Geschütz von seinem Vorderwagen, der
Protze, trennen, um Stellung zum Feuern zu nehmen. Das Gegenteil ist
aufprotzen (zum Abfahren).
A. Br.,
bei botan. Namen Abkürzung für Alexander Braun (s. d.).
Abraham, Sohn Therachs, der Stammvater der Hebräer und ihnen verwandter arabischer
Stämme. Nach der biblischen Erzählung (1. Mos. 12-22) wanderte er zugleich mit seinem Bruderssohn
Lot aus Ur-Kasdim in Kanaan ein, ließ sich im südlichen Teil des Landes nieder, wo er vertragsweise
einen Stammsitz gewann, und dehnte im friedlichen Verkehr mit den Einwohnern seine Wanderungen bis
nach Ägypten aus. Ursprünglich Abram ("hoher Vater, Vater Arams") genannt, ward ihm bei der Verheißung
einer zahlreichen Nachkommenschaft der Name A. ("Vater der Menge") beigelegt. A. wurde zum Repräsentanten
des israelitischen Stammes, auf welchen dessen Vorzüge und Tugenden, die Ursprünge seiner Sitte und
seines Glaubens, ebenso das Anrecht auf den Besitz des Landes und das unterscheidende religiöse Symbol
der Beschneidung zurückgeführt werden. Namentlich trägt die an ihm geschilderte Verehrung Gottes, dem
er äußerlich durch Opfer und Anbetung, innerlich durch fromme Gesinnung dient, alle Keime der spätern
israelitischen Gottesidee in sich, so daß selbst das Neue Testament in A. das Urbild des Glaubens
aufstellt. Auch die Mohammedaner führen auf ihn, den Chalîl-Allah, den Freund Gottes, ihren Glauben
zurück und schreiben ihm die Gründung Mekkas und die Erbauung der Kaaba zu. Bei ihnen wie bei den
spätern Juden ist A. nicht minder das Urbild irdischer Weisheit, z. B. Erfinder der Buchstabenschrift.
Nicht ohne Grund haben neuere Gelehrte A. mit Zoroaster und Brahma zusammengehalten. In das Gebiet der
Sage verweist A. die Schrift von A. Bernstein: "Ursprung der Sagen
von A., Isaak und Jakob" (Berl. 1871).
Abraham a Santa Clara, eigentlich Ulrich Megerle,
einflußreicher Kanzelredner und volkstümlich-humoristischer Schriftsteller, geb. 4. Juli 1644
↔
zu Krähenheinstetten bei Möskirch in Schwaben, trat 1662 unter die Barfüßer-Augustiner, studierte dann zu
Wien im Kloster seines Ordens, wurde Prediger in Maria Stern bei Taxa in Oberbayern, später in Graz und
1669 kaiserlicher Hofprediger in Wien. Hier bethätigte er, namentlich während der Pestzeit von 1670,
aufopfernde, unerschrockene Menschenliebe und jede Tugend eines echten Geistlichen sowie eine eigenartige
volkstümliche Beredsamkeit, welche ihn weithin beliebt machte. Schon 1689 ward er zum Provinzial seines
Ordens ernannt; er starb 3. Dez. 1709 in Wien, bis an sein Ende allverehrt und sowohl in seinem geistlichen
Beruf wie als Schriftsteller thätig. Noch auf dem Sterbebett bereitete er sein Werk "Wohlangefüllter
Weinkeller, in welchem manche durstige Seele sich mit einem geistlichen Gesegn' Gott erquicken kann"
zum Druck vor. Als Schriftsteller ist Pater A., dies "prächtige Original", wie ihn Schiller (im Briefwechsel
mit Goethe) nennt, einer der letzten Vertreter der großen moralisierend-volkstümlichen Litteratur des 16.
Jahrh., welche durch das ganze 17. Jahrh. einen Kampf gegen die gelehrt-aristokratische Richtung bestand,
aber schließlich von der letztern überwunden und verdrängt wurde. In seiner Grundanschauung gläubiger
Katholik, mit mönchischen Eigentümlichkeiten, besaß A. nicht nur eine seltene Menschenkenntnis und
praktische Einsicht in die Verhältnisse des Lebens, sondern auch eine warme Teilnahme an den Menschen,
eine unerschrockene, weder hoch noch niedrig schonende Wahrheitsliebe, kräftigen, zuzeiten derben Witz,
der um des Zwecks willen auch vor einer Unflätigkeit nicht zurückschrickt, ein gewisses Feuer der
Beredsamkeit und eine von den Geschmacklosigkeiten der Zeit und seiner mönchischen Bildung wohl durchsetzte,
aber im ganzen doch bewunderungswürdige Beherrschung der Sprache. Die Kanzelwirkung der Kapuziner, die sich
nie gescheut hatten, drastische Bilder und Burlesken, Volksdialekt und gemeine Sprechweise zu Hilfe zu
nehmen, verbindet sich bei A. mit Elementen litterarischer Bildung und höhern Absichten. Er scheint der
Zuversicht gelebt zu haben, daß die humoristische Wirkung seiner Schriften die erbauliche und moralische
von selbst im Gefolge haben werde, und so überwiegt der Witz (dessen eigentümliche Art Schiller bekanntlich
in der Kapuzinerpredigt in "Wallensteins Lager" nachbildete) in den meisten seiner Werke. Unter denselben
heben wir hervor: "Prophetischer Willkomm, d. i. Ein Weissagung von Glück ohn Tück" (Wien 1676); "Huy und
Pfuy ! der Welt" (das. 1680); "Mercks Wienn, d. i. des wüthenden Todts umständige Beschreibung" (das. 1680);
"Auff, Auff ihr Christen!" (das. 1683, Heerpredigt wider die Wien bedrohenden Türken); "Gack, Gack, Gack,
Gack a Ga einer wunderseltzamen Hennen in dem Herzogthum Bayern, d. i. Beschreibung der Wallfahrt Maria
Stern in Taxa" (Münch. 1687); "Heilsames Gemisch Gemasch" (Würzb. 1704); die aus dem Nachlaß des Autors
erschienenen: "Wohlangefüllter Weinkeller etc." (das. 1710) und "Abrahamisches Bescheid-Essen" (Nürnb.
1714). Das Hauptwerk Abrahams, in welchem seine Stärken und Schwächen am lebhaftesten und interessantesten
zu Tage treten, ist "Judas der Ertz-Schelm, für ehrliche Leuth, oder eigentlicher Entwurff und
Lebensbeschreibung des Iscariotischen Bößwicht" (Salzb. 1689-95, 4 Bde.). Die legendarische Erzählung
vom Leben des apostolischen Verräters ist hier angefüllt "mit unterschiedlichen Diskursen, sittlichen
Lehrpunkten, Gedicht und Geschicht, auch sehr reichem Vorrath biblischer Konzepten", in
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 52.