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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Alexandria; Alexandrija; Alexandriner; Alexandrinische Bibliothek; Alexandrinische Philosophie; Alexandrinischer Dialekt

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Alexandria - Alexandrinischer Dialekt.

indischen Handels auserkoren, schützten es allein noch vor größerm Verfall, der aber unvermeidlich eintreten mußte, als 1498 der neue europäisch-indische Handelsweg um Afrika entdeckt wurde. Im J. 1517 nahm die Despotie der Türken die Stelle der Mamelucken ein. Vom alten A. hatte sich bis zu Edrisis Zeit (12. Jahrh.) immer noch ein großer Teil der alten Monumente erhalten; ein Schatten von ehedem, war die Stadt gleichwohl noch groß und herrlich. Erst Selim und seine Türken gaben ihr den letzten Todesstoß. Was noch stand, wurde geschleift, durch Feuer und Schwert vernichtet und unter Schutt begraben; sogar die unter den Tuluniden entstandene Stadt der Araber, welche durch ihre sich rechtwinkelig durchschneidenden Gassen einem Schachbrett glich und zahlreiche Prachtgebäude einschloß, wurde der Erde gleichgemacht. Seitdem war A. nicht viel mehr als ein Haufe Trümmer, den niedrige arabische Hütten, dann und wann das zierliche Haus eines Franken oder die ummauerte Wohnung eines Türken, geräumige Gärten oder Anpflanzungen hoher Palmen umgaben. In solchem Zustand befand sich A., als Bonaparte mit seiner Expedition in der Nacht vom 1. zum 2. Juli 1798 vor A. erschien und es sofort erstürmte. Drei Jahre, bis Oktober 1801, blieb es in den Händen der Franzosen. Als sie abzogen, hatte A. kaum noch 7000 Einw., die in elenden Lehmhütten wohnten. So fand es Mehemed Ali bei seinem Regierungsantritt, der die rühmlichsten Anstrengungen machte, die Stadt wieder emporzubringen, und so im wesentlichen der Schöpfer des neuen A. ward. Im J. 1882 wurde die Stadt infolge der Empörung Arabi Paschas arg heimgesucht: 11. Juni war es Schauplatz einer blutigen Verfolgung der Europäer durch den aufgehetzten Pöbel, und da Arabi Pascha die Stadt besetzen und die Forts armieren ließ, ward es 11. Juli von der englischen Flotte unter Seymour bombardiert, worauf es von den erbitterten Soldaten und dem Volk in Brand gesteckt und geplündert wurde, bis die Engländer es 14. Juli besetzten.

Alexandria, andre Städte dieses Namens: 1) (Alecsandrie) Stadt im rumän. Kreis Teleorman (Walachei), am Wede, westlich Giurgewo, mit 11,310 Einw. -

2) Stadt in Schottland, s. Dumbarton.

3) Stadt im amerikan. Staat Virginia, am schiffbaren Potomac, 12 km unterhalb Washington, mit lebhaftem Seehandel (1883: Einfuhr 15,785 Doll., Ausfuhr 127,027 Doll.) und (1880) 13,659 Einw.

Alexandrija, Kreisstadt im russ. Gouvernement Cherson, am Ingulez, mit starkem Maisbau in der Umgegend und (1881) 15,503 Einw.

Alexandriner, Versart, welche aus sechs iambischen Füßen besteht, gewöhnlich gereimt ist und als charakteristisches Kennzeichen nach dem dritten Iambus einen Einschnitt oder Ruhepunkt (Cäsur) hat, wodurch jeder A. in zwei gleichmäßige Stücke zerfällt und seinen bekannten monotonen Charakter erhält. Der Ausgang des Alexandriners kann sowohl männlich als weiblich sein; gern wird mit beiden abgewechselt. Den ersten Gebrauch dieser Versart findet man bei den Spaniern und Franzosen, welche in derselben im 13. Jahrh. die Thaten Alexanders d. Gr. und Karls d. Gr. zu besingen anfingen. Sie soll zuerst von dem spanischen Dichter Segura in seinem Gedicht von Alexander d. Gr. angewendet worden sein und daher ihren Namen erhalten haben. In der sogen. klassischen Litteraturperiode der Franzosen wurde dann der A. der herrschende und allein gültige Vers sowohl für die Tragödie und das Lustspiel als für das Epos und die didaktische, ja zum Teil auch für die lyrische Poesie, und er ist es im allgemeinen bis heute geblieben. Der A. sagt allerdings ihrer unrhythmischen Sprache besser zu als der Hexameter und bietet dem Schauspieldichter durch die Cäsur und den Reim Gelegenheit zu den zahlreichen Pointen und Schlagwörtern, Repliken und Antithesen, auf denen zu nicht geringem Teil die Wirkung der französischen Dramen, besonders des klassischen Lustspiels, beruht. Gegen den Gebrauch, der als Regel galt, daß mit jedem Vers auch eine Sinnpause eintrete, begannen erst in den 20er Jahren unsers Jahrhunderts französische Dichter sich aufzulehnen, indem sie sich des sogen. Enjambements bedienten, d. h. einen Vers öfters in den folgenden übergreifen ließen, so daß der Schluß des ersten dem Sinne nach keinen Ruhepunkt bildete. Von Frankreich aus verbreitete sich der A. über Holland, Deutschland und England. Im Deutschen, wo derselbe bei der rhythmischen Bestimmtheit der Sprache um vieles steifer erschien, erhielt er namentlich durch Opitz eine fast uneingeschränkte, über alle Dichtungsgattungen sich erstreckende Herrschaft und behauptete dieselbe das 17. und 18. Jahrh. hindurch, bis Klopstock durch Einführung der antiken Metra und Lessing durch den fünffüßigen Iambus sein Reich stürzten. Seitdem ist der A. als eine Reminiszenz des Zopfstils mißachtet gewesen und kam nur ausnahmsweise (z. B. nicht ohne Wirkung in kleinen Lustspielen bei Müllner und Immermann) in Anwendung. Erst in neuerer Zeit wurde er uns durch Rückert (in seinem "Lehrgedicht", in "Rostem und Suhrab" etc.), später durch Freiligrath, Geibel u. a. wieder zugeführt, und letztern gelang es dadurch, daß sie neben der Hauptcäsur noch andre ebenso scharfe Verseinschnitte anbrachten und Anapästen und Spondäen wechselvoll einstreuten, teils auch, indem sie (nach dem Vorgang französischer Dichter) Strophen bildeten, in welchen der A. mit dem vierfüßigen Iambus wechselt, dem einförmigen Metrum größere Mannigfaltigkeit und einen beweglichern Charakter zu verleihen. Freiligrath selbst schildert den A. in dem bekannten Gedicht "Der A.", das mit der Strophe beginnt: "Spring an, mein Wüstenroß aus Alexandria!"

Alexandrinische Bibliothek, s. Alexandrinische Schule.

Alexandrinische Philosophie, diejenige Philosophie, welche sich in Alexandria, als der Morgen- und Abendland untereinander vermittelnden Weltstadt, durch die Verschmelzung griechischer Pilosophie ^[richtig: Philosophie] mit orientalischer Weltanschauung bildete. Dieselbe erscheint im letzten vorchristlichen und im ersten christlichen Jahrhundert einerseits als jüdisch-alexandrinische, aus der Verbindung Platonischer und jüdischer, anderseits als neupythagoreische, aus der Erneuerung angeblich oder vermeintlich Pythagoreischer und orientalischer Weisheit entsprungene, seit dem Ende des 2. Jahrh. n. Chr. durch Vermählung Platonischer und morgenländischer Emanationslehren als neuplatonische Schule. Stifter und Stern der erstgenannten ist der Jude Philon, Gründer der zweiten Nigidius Figulus und Tatian, ein Schüler des Sextius. Die letztgenannte verdankt ihren Ursprung dem Ammonios Vakkas (Sackträger), dessen Schüler Plotinos (s. d.), Porphyrius (s. d.), Iamblichos (s. d.), Proklos (s. d.) u. a. waren. Vgl. Vacherot, Histoire critique de l'école d'Alexandrie (Par. 1846-51, 3 Bde.); Biet, Essai historique et critique sur l'école juive d'Alexandrie (das. 1853).

Alexandrinischer Dialekt, s. Griechische Sprache.