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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Amicis - Amiens.

tende litterarische Thätigkeit durch Abfassung von Abhandlungen für die Annalen mehrerer Akademien. Man hat von ihm treffliche Beobachtungen über die Doppelsterne, die Jupitermonde, die Sonne, über den Kreislauf des Saftes in den Pflanzen, über die Infusionstierchen, die Befruchtung der Pflanzen etc. Er starb 10. April 1863 in Florenz.

Amicis, Edmonde de, s. De Amicis.

Amicisten, Studentenorden, s. Universitäten.

Amicitia (lat.), Freundschaft, Göttin der Freundschaft, dargestellt mit unverhüllter Brust, neben ihr die Grazien. Amicitiae causa, aus Freundschaft.

Amicōni, s. Amigoni.

Amíctus (lat.), Gewand; besonders das viereckige, weißleinene, auch Humerale genannte Tuch, welches der katholische Priester seit dem 8. Jahrh. zur Celebration des Hochamts über Nacken und Schulter trug und vorn auf der Brust mit Schnüren zusammenband, seit dem 11. Jahrh. am untern Saum gewöhnlich mit einem ornamentalen Zusatz versehen.

Amīcus (lat.), Freund; A. certus in re incerta cernitur, lateinisches Sprichwort: "Einen treuen Freund erkennt man im Unglück". A. Plato, magis amica veritas, lateinisches Sprichwort: "Teuer ist mir Platon, teurer die Wahrheit". A. populi Romani, "Freund des römischen Volks", Ehrentitel, welchen die Römer befreundeten und um sie verdienten Fürsten (z. B. Dejotarus, Orgetorix, Ariovistus etc.) und ganzen Nationen beilegten. A. curiae, im englischen Gerichtsverfahren ein Advokat, der, obschon bei dem geführten Prozeß nicht beteiligt, freiwillig auf einen für die Sache wichtigen Umstand aufmerksam macht.

Amĭda, Stadt, s. Diarbekr.

Amīde, eine Klasse chem. Verbindungen, welche man als Ammoniak NH3 ^[NH_{3}] betrachten kann, in welchem ein oder mehrere Wasserstoffatome durch Säureradikale ersetzt sind. Das Acetamid ist z. B. C2O3O.NH2 ^[C_{2}O_{3}O.NH_{2}]. Dieser Körper leitet sich ab von der Essigsäure C2H3O.OH ^[C_{2}H_{3}O.OH], und man kann ihn betrachten als solche, in welcher die Hydroxylgruppe OH durch Amid NH2 ^[NH_{2}] ersetzt ist. Wird im Ammoniak der Wasserstoff weiter substituiert, so entstehen sekundäre A. oder Imide, z. B. Diacetamid (C2OH3O)2NH ^[(C_{2}OH_{3}O)_{2}NH], endlich tertiäre A., z. B. Triacetamid (C2H3O)3N ^[(C_{2}H_{3}O)_{3}N]. Man kann das Acetamid auch betrachten als essigsaures Ammoniak C2H3O2.NH4 ^[C_{2}H_{3}O_{2}.NH_{4}] weniger Wasser, wie es in der That bei trockner Destillation dieses Salzes entsteht und unter Wasseraufnahme wieder in dasselbe übergeführt werden kann. A. entstehen auch, wenn Ammoniak auf die Chlorüre der Säuren oder auf die zusammengesetzten Äther wirkt. Die primären A. verhalten sich wie schwache Basen und gleichzeitig wie schwache Säuren, die sekundären A. haben aber keine basischen Eigenschaften mehr, und die tertiären verhalten sich wie Säureanhydride. Werden in den zwei basischen Säuren, welche, wie die Kohlensäure CO.OH.OH, zwei Hydroxylgruppen enthalten, beide durch NH2 ^[NH_{2}] ersetzt, so entsteht ein Amid, aus Kohlensäure das Carbamid (Harnstoff) CO(NH2)2 ^[CO(NH_{2})_{2}]; betrifft die Substitution aber nur eine Hydroxylgruppe, so entsteht eine Aminsäure, z. B. die Carbaminsäure CO.OH.NH2 ^[CO.OH.NH_{2}].

Amidoazobenzōl, s. Azofarbstoffe.

Amidobenzōl, s. Anilin.

Amidoessigsäure, s. Glykokoll.

Amidokaprōnsäure, s. Leucin.

Amĭdon, s. v. w. Stärkemehl.

Amiel (spr. amiell), Henri Frédéric, französisch-schweizer. Schriftsteller, geb. 27. Sept. 1821 zu Genf, studierte daselbst, bereiste dann im Verlauf von sieben Jahren die verschiedensten Teile Europas und erhielt nach seiner Rückkehr die Professur der Philosophie an der Genfer Akademie. Er starb 1881 daselbst. Außer fachwissenschaftlichen Arbeiten, z. B. "Du mouvement littéraire dans la Suisse romane" (Genf 1849), "Étude sur l'Akadémie de Genève" (1859), "Étude sur Madame de Staël" (1878) etc., veröffentlichte er auch poetische Versuche: "Grains de mil" (1854), "Penseroso" (1858), "La part du rêve" (1863), "L'escalade de 1602" (1875), "Charles le téméraire" (1876) und "Jour à jour, poésies intimes" (1880), deren Hauptstärke in der philosophisch-tendenziösen Färbung liegt. Aufsehen erregten neuerdings die "Fragments d'un journal intime" (1884, Bd. 1).

Amiens (spr. amiäng), Hauptstadt des franz. Departements Somme, 36 m ü. M., 133 km nördlich von Paris, an der schiffbaren, mehrfach geteilten Somme, welche hier die Celle aufnimmt, und an der Französischen Nordbahn gelegen, hat eine von Heinrich IV. herrührende Citadelle, gerade, breite und wohlgepflasterte Straßen und mehrere große Plätze. Die alten Wälle sind in schöne Boulevards umgewandelt worden. Unter den Gebäuden sind als die hervorragendsten zu nennen die 1220-88 erbaute Kathedrale mit zwei unvollendeten Türmen, prachtvoller Fassade und grandiosem Schiff und Chor, ein Meisterstück gotischer Baukunst; ferner die Kirchen St.-Germain und St.-Remy (aus dem 15. Jahrh.), das Stadthaus, wo 1802 der Friede (s. unten) geschlossen wurde, der Justizpalast und das Museum. Die Zahl der Einwohner beträgt (1881) 67,874. Industrie und Handel sind von großer Wichtigkeit. Blühend ist besonders die Fabrikation von Wollgeweben, namentlich der sogen. "Amiensartikel": Kamelott, Aleppozeuge (Alépines), Pikee, Plüsch, Utrechter und Baumwollsamt etc. Außerdem hat A. Baumwoll-, Woll-, Flachs- und Seidenspinnereien, große Färbereien, Fabriken für Tapeten, Maschinen, Chemikalien, Zucker etc. und treibt ansehnlichen Handel mit Rübenzucker, Wolle, Ölsaat, Getreide, Gemüsen aus den umliegenden ausgedehnten Gartenanlagen und Entenpasteten. A. hat ein Lyceum, eine Lehrerbildungsanstalt, eine Vorbereitungsschule für Medizin, ein Museum für Kunst und Altertümer, eine öffentliche Bibliothek von 50,000 Bänden, ein Archiv und einen botanischen Garten. Es ist Sitz des Generalkommandos des 2. Armeekorps, des Präfekten, eines Bischofs und eines Appellhofs. - A. kommt schon im Altertum unter dem Namen Samarobriva als Hauptstadt der Ambiani vor und war bereits vor Ankunft der Römer in Gallien ein mächtiger Ort. Das Gebiet, die ehemalige Grafschaft Amienois, war bis 1185 Lehen der Bischöfe von A.; 1435 trat Karl VII. es an Herzog Philipp den Guten von Burgund ab, und erst nach Karls des Kühnen Tod (1477) fiel es an Frankreich zurück. Viel genannt ist Peter von A., der erste Kreuzzugsprediger. In neuerer Zeit wurde A. historisch wichtig durch den am 27. März 1802 unterzeichneten Frieden von A., der die Streitigkeiten zwischen England, Frankreich, Spanien und der Batavischen Republik schlichten sollte. England gab die eroberten spanischen und holländischen Kolonien bis auf die Inseln Ceylon und Trinidad wieder heraus. Frankreich erhielt seine Kolonien zurück und gegen Brasilien in Guayana den Araguari zur Grenze. Die Republik der sieben Ionischen Inseln ward anerkannt und Malta dem Johanniterorden zurückgegeben. Die Franzosen sollten Rom, Neapel und Elba räumen; dem Haus Oranien ward Entschädigung verheißen. Der Pforte ward außer der Integrität aufs neue der Besitz von Ägypten und zudem das Schutzrecht über die Ionischen