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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Analyse, chemische

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Analyse, chemische.

der Substanz mit Natronkalk in Ammoniak übergeführt, welches man in Säure auffängt und dann leicht quantitativ bestimmen kann. Der Sauerstoff wird stets aus der Differenz berechnet. Die Ausführung der Elementaranalyse erfordert die allergrößte Umsicht. Eine genau abgewogene Menge, die höchst sorgfältig gereinigt und getrocknet ist, wird mit frisch geglühtem Kupferoxyd sorgfältig gemengt und so in ein 0,6-0,7 m langes, schwerschmelzbares Glasrohr (Verbrennungsrohr) gebracht, daß an beiden Enden des Rohrs reines gekörntes Kupferoxyd und in der Mitte die Mischung von pulverigem Kupferoxyd mit der organischen Substanz liegen. Das Rohr ist an einem Ende in eine Spitze ausgezogen und zugeschmolzen, am andern Ende mit einem durchbohrten Kork versehen, in welchem ein gewogenes Chlorcalciumrohr steckt; letzteres steht mit einem Kugelapparat in Verbindung, welcher konzentrierte Kalilauge enthält. Bei geeignetem Erhitzen des Verbrennungsrohrs wird durch den Sauerstoff des Kupferoxyds die organische Substanz vollständig verbrannt, Wasserdampf und Kohlensäure entweichen, und ersterer wird im Chlorcalciumrohr, letztere im Kaliapparat vollständig absorbiert. Ist bei lebhafter Rotglut die Verbrennung vollendet, so bricht man die ausgezogene Spitze des Verbrennungsrohrs ab, saugt noch einen getrockneten Luftstrom durch das Rohr, um die darin enthaltenen Gase in die Absorptionsapparate zu bringen, und wägt schließlich letztere. Die Gewichtszunahme ergibt die Menge des gebildeten Wassers und der Kohlensäure, woraus sich der vorhanden gewesene Kohlenstoff und Wasserstoff leicht bemessen läßt. Die Stickstoffbestimmung mit Natronkalk wird in einem ganz ähnlichen Apparat ausgeführt.

[Maßanalyse.] Während die gewöhnliche quantitative A. die in einer Substanz enthaltenen Elemente mühsam in Form von bestimmten Verbindungen abscheidet und wägt, gelangt die volumetrische oder titrimetrische A. (Titriermethode oder Maßanalyse) weit schneller zum Ziel, indem sie mit Flüssigkeiten, deren Gehalt an gewissen Reagenzien genau bekannt ist, arbeitet und untersucht, wie viele Maßteile von diesen Flüssigkeiten zur Erzielung eines bestimmten Effekts verbraucht werden. Die Maßanalyse ist in dem Augenblick am Ziel, wo für die Gewichtsanalyse die mühsamste und zeitraubendste Arbeit erst beginnt. Ist z. B. in einer Lösung von salpetersaurem Silberoxyd der Silbergehalt zu bestimmen, so fällt man bei der Gewichtsanalyse durch Zusatz einer Chlorverbindung das Silber als unlösliches Chlorsilber und hat dieses nun auszuwaschen, zu trocknen, zu glühen und zu wägen. Nach der Titriermethode läßt man dagegen eine Chlornatriumlösung von bestimmtem Gehalt aus einer Bürette vorsichtig zu der Silberlösung fließen und sperrt den Zufluß bei dem ersten Tropfen, welcher keinen Niederschlag von Chlorsilber mehr erzeugt, also in dem Augenblick, wo das Silber vollständig gefällt ist. Damit ist die Arbeit gethan, man liest von der Bürette ab, wieviel Chlornatriumlösung verbraucht ist, und berechnet daraus, wieviel Silber in Form von Chlorsilber gefällt ist. Die zur Ausführung der Maßanalyse benutzten Büretten werden senkrecht aufgestellt und unten mittels eines kurzen Kautschukrohrs mit einem engen Ausflußröhrchen versehen. Das Kautschukrohr ist durch einen Quetschhahn leicht zu öffnen und zu verschließen. Die Reagenslösungen (Maßflüssigkeiten, Normallösungen) werden vorrätig gehalten, und in besondern Operationen und ein für allemal wird der Wirkungswert der Quantitätseinheit, der Titer, festgestellt. Solcher Lösungen bedarf man nicht sehr viele, denn man weiß bei der Maßanalyse gewisse Reaktionen so geschickt zu benutzen, daß man mit Hilfe derselben eine große Reihe von Körpern quantitativ bestimmen kann. Bei der Maßanalyse wird aber keineswegs immer ein Niederschlag erzeugt, vielmehr erkennt man in der Regel das Ende des chemischen Prozesses an einer Farbenveränderung, welche in der Flüssigkeit selbst durch sogen. Indikatoren (Lackmus, übermangansaures Kali, Bildung von Jodstärke etc.) hervorgebracht wird, oder man tupft mit einem in die zu untersuchende Flüssigkeit getauchten Glasstab auf ein geeignetes Reagenzpapier. Die Maßanalyse ist nicht bestimmt, die Gewichtsanalyse zu verdrängen, sondern zu ergänzen. Manche Bestimmungen sind überhaupt nur gewichtsanalytisch auszuführen, und vor allem besitzt die Maßanalyse, wenn sie auch in vielen Fällen die Genauigkeit der Gewichtsanalyse erreicht, den Nachteil, daß sie eigentlich niemals den zu bestimmenden Körper, sondern nur eine seiner chemischen Eigenschaften ins Auge faßt, welche selten diesem allein und ausschließlich zukommt. Ein der Methode inhärierender Fehler wird daher im allgemeinen leichter übersehen als bei der direkten Gewichtsanalyse. Den größten Wert besitzt die Maßanalyse wegen der Schnelligkeit ihrer Operation für die Technik und für solche Fälle, wo es darauf ankommt, durch zahlreiche Bestimmungen den Gang eines Prozesses beständig zu kontrollieren.

[Gasanalyse.] Volumetrisch wird auch die Bestimmung der Bestandteile eines Gasgemenges ausgeführt. Diese eudiometrische (gasometrische, gasvolumetrische) A. (Eudiometrie, Gasometrie) beruht auf successiver Anwendung von Absorptionsmitteln (Wasser, Schwefelsäure, Kalilauge, Kalihydrat, Pyrogallussäure in Kalilauge gelöst, Kupferchlorür in Salzsäure oder Ammoniak gelöst, Vitriolöl, Schwefelsäureanhydrid, Brom, Eisenvitriol, Braunstein etc.), welche gewisse Gase aus dem Gasgemenge absorbieren. Indem man diese Körper in geregelter Folge in das Gasgemenge bringt, kann man einen Bestandteil desselben nach dem andern fortnehmen und, wenn sich das Gas in einer Maßröhre befindet, zugleich die Volumina der verschwundenen Gase bestimmen. Handelt es sich um die Untersuchung eines verbrennlichen Gasgemisches, so bringt man zu einem bekannten, über Quecksilber abgesperrten Volumen ein bekanntes überschüssiges Volumen von Sauerstoff oder Wasserstoff (je nach der Natur des zu bestimmenden Gases), entzündet das Gemisch in einem verschlossenen Maßrohr mittels des elektrischen Funkens, bestimmt die Verbrennungsprodukte und berechnet aus den Volumveränderungen die Quantität der verbrannten Gase.

[Andre Methoden.] Ein wichtiges Hilfsmittel bei der chemischen A. ist das Mikroskop, doch erfordert die Untersuchung mikroskopischer Objekte besondere Methoden. Die mikrochemische A. liefert vorzüglich bei vegetabilischen und animalischen Substanzen erwünschte Aufschlüsse und wird jetzt auch in der Geologie vielfach angewendet. Man benutzt dabei besonders solche Reagenzien, welche gewisse Stoffe, z. B. Stärkekörner, Cellulose, Proteinkörper, intensiv färben, und erlangt dadurch oft das einzige Mittel, die nähere Zusammensetzung der Gewebe kennen zu lernen. Auch die kleinsten Kristalle können mit dem Mikroskop unterschieden werden, und zur Winkelmessung an denselben ist ein Mikrogoniometer konstruiert worden. Vielseitige Anwendung findet das Mikroskop besonders in der zoochemischen A., welche die chemischen