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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Annularia - Anomalie.

bleibt, das Kapital zurückzuzahlen. Die Finanzpolitik bedient sich zuweilen dieser Form der Anleihen, um die letztern beliebter zu machen. Ist dieselbe auch finanziell berechtigt, so wirkt sie doch schädlich, wenn sie die Neigung, vorhandenes Vermögen ganz oder zum Teil zum Unterhalt aufzubrauchen, befördert. Dagegen sind Anstalten, welche unkündbare Darlehen zu langen Kredits bedürfenden Unternehmungen gewähren und sich diese durch Annuitäten verzinsen und amortisieren lassen, für manche Wirtschaftszweige, wie z. B. die Landwirtschaft, von großem Vorteil. Die Tilgung der Schuld wird auf diesem Weg nicht nur erleichtert, sondern praktisch oft überhaupt erst ermöglicht, während die Sammlung der kleinen Amortisationsquoten nach einem bestimmten Plan Rückzahlungen an die Gläubiger gestattet, ohne daß denselben ihr Kapital zersplittert zu werden braucht.

Annularĭa, vorweltliche Pflanzengattung aus der Ordnung der Equisetaceen (s. d.), mit quirlblätterigen Fruchtähren, die zum Teil zu den Stammresten von Equisetites lingulatus Germ. gehören und in der Steinkohlenformation vorkommen.

Annulaten, s. Anneliden.

Annullieren (lat.), für null und nichtig erklären; Annullation, Annullierung.

Annulŭs (lat.), Ring; A. piscatorius, der Fischerring des Papstes.

Annumerieren (lat.), hinzuzählen; Annumeration, Hinzuzählung.

Annunciata (Annunziata, ital.), Botschaft, Verheißung, insbesondere Mariä Verkündigung.

Annunciaten, 1) ein Nonnenorden, gestiftet 1501 von Johanna von Valois, der geschiedenen Gemahlin Ludwigs XII. von Frankreich. -

2) Eine italienische Nonnenkongregation in Genua, 1604 von Maria Victoria Fornari begründet, zum Unterschied von den französischen A. auch Coelestes genannt.

Annunciatenorden (Ordine supremo dell' Annunziata), ursprünglich savoyischer, seit 1725 erster sardinischer, gegenwärtig der höchste ital. Orden, gestiftet um 1360 durch Amadeus VI. von Savoyen als "Orden vom Halsband" zu Ehren Gottes, der heiligen Jungfrau und ihrer 15 Freuden. Herzog Amadeus VIII. gab dem Orden 1409 die ersten Statuten, welche mehrmals geändert wurden. Im J. 1518 ward der Orden dem Geheimnis der Verkündigung geweiht, und Ordenszeichen und Namen des Ordens wurden danach umgewandelt. Ursprünglich war er auf 15 Ritter und 5 Beamte beschränkt, jetzt ist die Zahl unbeschränkt. Aber die Ritter müssen von altem Adel und im Besitz des Mauritius- und Lazarusordens sein. Sie erhalten den Titel Exzellenz, und der König nennt sie Vetter. Das Ordenszeichen ist ein goldenes Medaillon, auf welchem die Verkündigung dargestellt ist, umgeben von Liebesknoten, das an einer goldenen Kette getragen wird. Daneben tragen die Ritter einen Stern auf der Brust in Form einer flammenden Sonne, in deren Mitte die Verkündigung, umgeben von den vier bis jetzt unerklärten Buchstaben der savoyischen Devise "F. E. R. T." Das Ordenskleid ist amarantfarben, mit Silber besetzt und blau gefüttert. Die Ordenskapelle ist die Kirche der Kartäuser von Collegno. Das Ordensfest findet am Tag der Verkündigung (25. März) statt. S. Tafel "Orden".

Annuncieren (lat.), an-, verkündigen; Annunciation, Ankündigung.

Annus (lat.), Jahr; a. civilis, bürgerliches Jahr, im Gegensatz zu a. ecclesiasticus, Kirchenjahr; a. communis, gemeines Jahr, im Gegensatz zu a. intercalaris, Schaltjahr; a. gratiae, Gnadenjahr; a. discretionis, Diskretionsjahr, Jahr der Mündigkeit. -

A. confusionis, "Jahr der Verwirrung", das Jahr 46 v. Chr., in welches Cäsar bei Einführung des julianischen Kalenders noch zwei Monate einschaltete. A. magnus, "großes Jahr", aus dem Sonnen- und Mondcyklus kombiniert, s. Cyklus.

Annŭum (lat.), jährlicher Beitrag, Jahrgeld.

Annweiler, Stadt in der bayr. Rheinpfalz, Bezirk Bergzabern, an der Queich, in einem romantischen Thal der Haardt, an der Linie Germersheim-Saarbrücken der Pfälzischen Eisenbahn, Sitz eines Amtsgerichts, hat eine evangelische und kath. Kirche, eine Lateinschule, Papier-, Strohwarenfabrikation, Gerberei, Bierbrauerei, Steinbrüche, Holz- und Schafhandel, Obst- und Weinbau und (1880) 2945 Einw. (621 Katholiken). 3 km südöstlich liegt die Schloßruine Trifels (s. d.). -

A., in Urkunden Anvilre, erhielt von Friedrich II. 1219 Stadtrechte und wurde zur Reichsstadt erhoben, aber 1331 vom Kaiser Ludwig dem Bayern an Kurpfalz verpfändet und ging dann an Pfalz-Zweibrücken über. Nach A. nennt sich Markward, Truchseß von A., ein vertrauter Freund Friedrich Barbarossas und Erzieher Heinrichs VI., der ihn 1195 zum Statthalter in der Mark Ancona, der Romagna und in Ravenna ernannte, nach dessen Tode die Hauptstütze der deutschen Partei gegen Innocenz III.; er starb im September 1202.

Anobīum, Klopfkäfer.

Anoblieren (franz.), in den Adelstand erheben.

Anōde (griech.), der positive Pol einer galvanischen Batterie.

Anodonta, Entenmuschel.

Anodyna (griech.), s. v. w. betäubende Mittel.

Anogēn (griech.), nach Haidinger Bezeichnung derjenigen Veränderungen der Gesteine, welche unter dem Einfluß der Atmosphärilien, des Sauerstoffs, des Wassers und der Kohlensäure, verlaufen, also namentlich die Oxydation (z. B. von Spateisenstein), die Aufnahme von Wasser (z. B. Gipsbildung aus Anhydrit), die Bildung von Kohlensäuresalzen aus Silikaten (Verwitterungsprozeß).

Anomalīe (griech.), Abweichung von der bezüglichen Regel, dem Normalen, daher anomal, s. v. w. abnorm, von dem Regelmäßigen abweichend. Anomalien auf dem Gebiet der Natur nennt man alle erkennbaren quantitativen und qualitativen Abweichungen der Bildung der Naturkörper von der Regel. Sie bestehen in der organischen Natur sowohl in regelwidriger Größe, Gestalt, Lage, Verbindung, Farbe, Konsistenz etc. als auch in Abweichungen in chemischer und physikalischer Beziehung sowie im gesamten Verlauf der Lebenserscheinungen. (S. Krankheit.) Diese Abweichungen bilden sich ebenso wie das normale Leben nach den bestehenden Gesetzen der Natur, nur treten letztere dabei unter ungewöhnlichen Bedingungen in Thätigkeit. (S. Mißgeburt.) -

In der Astronomie bezeichnet man mit A. den Winkelabstand eines Planeten oder Kometen von seiner Sonnennähe. Man unterscheidet wahre, mittlere und exzentrische A. (s. Figur). Bedeutet in der Figur die Ellipse APA<sup>1</sup> die Bahn eines Planeten oder Kometen, AA<sup>2</sup> die Absidenlinie oder Hauptachse dieser Bahn, O den Mittelpunkt derselben, S den einen Brennpunkt der Bahn, in welchem der Sonnenmittelpunkt steht, also A die Sonnennähe (das Perihel) und A<sup>1</sup> die Sonnenferne (das Aphel), so ist der Winkel ASP = φ die wahre A. des Himmelskörpers P. Schlägt man ferner über AA<sup>1</sup> als Durchmesser einen Kreis und legt durch P eine zu AA<sup>1</sup> senkrechte Gerade MP, welche den Kreis in Q schneidet, so ist der Winkel AOQ = Θ die