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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Anquicken - Ansarier.

intrigen unter Heinrich IV. und Ludwig XIII.; der "Précis de l'histoire universelle" (1797, 9 Bde.; 1834, 12 Bde.); die "Histoire de France depuis les Gaules jusqu'à la fin de la monarchie" (1805, oft aufgelegt; neue Ausg., fortges. von Baude, 1876-79, 11 Bde.); "Louis XIV, sa cour et le régent" (1789, 2. Aufl. 1819, 2 Bde.) und das diplomatische Werk "Motifs des guerres et des traités de paix de la France pendant les règnes de Louis XIV, Louis XV et Louis XVI" (1797).

2) Abraham Hyacinthe A.-Duperron, Bruder des vorigen, Orientalist und Begründer des Studiums der Zendreligion, geb. 7. Dez. 1731 zu Paris, studierte daselbst, in Auxerre und Amersfoort Theologie, dann in Paris orientalische Sprachen. Um die heiligen Schriften der Parsen und die zu ihrem Verständnis notwendigen Kenntnisse zu erlangen, nahm er 1754 als Soldat auf einem nach Indien bestimmten Schiff Dienste, worauf die französische Regierung in Anerkennung seines Eifers ihm eine Unterstützung bewilligte. In Ponditscherri lernte er Neupersisch, reiste von da nach Bengalen und dann quer durch Indien nach Surate, wo er Bekanntschaft mit den dortigen Parsenpriestern machte. Er erwarb von ihnen Handschriften des Zendavesta und der spätern persischen Religionsbücher, ließ sich von dem Destur (Oberpriester) Darab eine neupersische Übersetzung des Zendavesta in die Feder diktieren und machte sich auch mit den Sitten und Opfergebräuchen der Parsen genau bekannt. Nach der Einnahme von Ponditscherri kehrte A. 1761 nach Europa zurück, verglich in Oxford seine Manuskripte mit den dortigen und kam 1762 mit 180 Manuskripten etc. nach Paris. Durch Abbé Barthélemy erhielt er das Amt eines Dolmetschen der orientalischen Sprachen bei der königlichen Bibliothek, welcher er einen Teil seiner Schätze schenkte. Sein Hauptwerk: "Zend-Avesta, ouvrage de Zoroastre" (Par. 1771; deutsch von Kleuker, Riga 1776 bis 1778), machte als die erste Übersetzung dieses wichtigen Religionsbuches in ganz Europa großes Aufsehen und ist noch jetzt durch die Beilagen von Wert. Dagegen ist die Übersetzung selbst, die A. ohne Kenntnis der Grundsprache nur nach der erwähnten ungenauen persischen Übersetzung seines indischen Lehrers anfertigte, durch die neuern Forschungen vollständig antiquiert. Ein großes Verdienst erwarb sich A. ferner durch seine nach zwei persischen Manuskripten angefertigte lateinische Übersetzung ("Oupnek'hat", Straßb. 1801-1802, 2 Bde.) einer 1657 verfaßten persischen Übertragung der wichtigsten indischen "Upanischads". Aus dieser Übersetzung Anquetils schöpfte Schopenhauer seine genaue Kenntnis der indischen Philosophie, durch welche sein eignes System bedeutend beeinflußt worden ist. Während der Revolution lebte A. in tiefster Zurückgezogenheit nur seinen Büchern und Erinnerungen. Er ward Mitglied des Nationalinstituts, trat jedoch aus Mißvergnügen über die Lage Frankreichs aus und starb 17. Jan. 1805 in dürftigen Umständen.

Anquicken, s. Quecksilberlegierungen.

Anrechnung der Untersuchungshaft, s. Untersuchungshaft.

Anreiten, absichtliches oder unabsichtliches Anstoßen des Reiters mit seinem Pferd gegen einen andern. Beim Wettrennen verursacht das A. für den Angerittenen einen Terrainverlust, der oft das Rennen für ihn verloren macht.

Anrüchigkeit, im allgemeinen s. v. w. übler Ruf. In der Rechtswissenschaft bedeutet A. oder Unehrlichkeit eine Schmälerung der bürgerlichen Ehre und demgemäß der Rechtsfähigkeit, welche die Folge gewisser Eigenschaften einer Person war. Solche Eigenschaften waren früher die uneheliche Geburt und das Gewerbe des Abdeckers (Kafillers). Im Mittelalter erstreckte sich die A. sogar auf die nützlichsten Gewerbe, als: Müller, Schäfer, Weber; aber schon die Reichspolizeiverordnung von 1577 beschränkte dieselbe, und nach einem Reichsschluß von 1731 blieben nur noch der Abdecker und seine ihm beim Geschäft beistehenden Kinder sowie die unehelichen Kinder dem Makel der A. unterworfen. Die Wirkung der A. bestand in der Unfähigkeit zum Eintritt in Zünfte und Korporationen, zur Ordination und zum Lehnserwerb. Nach einem Reichsschluß von 1772 konnte die A. durch Ehrhaftmachung von seiten des Landesherrn aufgehoben werden. Neben dieser A. im engern Sinn, welche ein rein deutschrechtliches Institut war, nehmen einige Rechtslehrer auch eine A. im weitern Sinn an und begreifen unter dieser auch die Verächtlichkeit (turpitudo), welche lediglich Folge der Verurteilung durch die öffentliche Meinung wegen unsittlicher Lebensführung ist und namentlich Vagabunden, Zigeunern, Lustdirnen, Kupplern und dergleichen Klassen anhaftet. Als rechtliche Wirkungen derselben werden bezeichnet: verminderte Glaubwürdigkeiten, Unfähigkeit zum Eintritt in ehrenhafte Genossenschaften, zur Ausübung gewisser Berufsarten, zur Übernahme einer Vormundschaft u. dgl. Als ein eigentliches Rechtsinstitut ist jedoch die Verächtlichkeit nicht anzusehen, vielmehr hängen deren Wirkungen lediglich vom richterlichen Ermessen in einzelnen Fällen ab.

Ansageverfahren, im deutschen Zollwesen (Vereinszollgesetz vom 1. Juli 1869) das Verfahren, welches sich auf die Anmeldung von zoll- oder kontrollpflichtigen Waren bezieht (s. Anmeldestellen). Dasselbe tritt sowohl bei Waren ein, welche über Ansagestellen oder Ansageposten, d. h. amtliche, zwischen Zolllinie und Grenzzollämtern (wo beide zu weit auseinander liegen) zur Sicherung der Zollerhebung errichtete Stellen, eingebracht werden, als auch bei solchen, welche über mit Hebe- und Abfertigungsbefugnissen ausgestattete Grenzzollämter eingehen, deren Zollabfertigung aber an ein im Innern des Zollgebiets liegendes Zollamt erfolgt, oder deren Wiederausfuhr durch amtliche Begleitung kontrolliert werden soll. Die vom Warenführer über seine Ladung abzugebenden Papiere werden in dessen Gegenwart eingesiegelt, an das Zollamt adressiert und einem Grenzaufseher übergeben, welcher das Fuhrwerk oder Schiffsgefäß bis zum Zollamt oder bis zum Wiederaustritt über die Grenze begleitet. Für einzelne Strecken, wo das Bedürfnis des Verkehrs es erfordert, kann mit Genehmigung der Direktivbehörde von dem Ansageposten statt der Begleitung amtlicher Verschluß angeordnet werden. Bei Schiffen werden noch besondere Ansagezettel ausgefertigt.

Ansanto (Lago di A., im Altertum Amsanctus lacus), kleiner See in der ital. Provinz Avellino, unfern Frigento im Thal bei Santoli, hat dunkles, bisweilen mehrere Fuß hoch aufsprudelndes Wasser und an seinen Ufern sehr reichliche Exhalationen von Kohlensäure und Schwefelwasserstoffgas. Er liegt in der Vulkanreihe Ischia-Vesuv-Vultur und deutet wohl auf verschwindende vulkanische Thätigkeit hin. Im Altertum stand hier ein Tempel der Götttin ^[richtig: Göttin] Mephitis.

Ansarĭer (Anssari, arab., "Helfer"), die ersten Parteigänger Mohammeds, welche ihn nach seiner Flucht in Medina aufnahmen und in Bekämpfung der Ungläubigen kräftigst unterstützten. S. Nossairier.