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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Anthologion - Anthracen.

conlecta" (Berl. 1878). Übersetzungen größerer Partien der A. besitzen wir von Jacobs in "Leben und Kunst der Alten" (Gotha 1824, 2 Bde.) und von Herder in den "Zerstreuten Blättern" (Teil 1 u. 2). Trotz des sehr ungleichen Gehalts der einzelnen Beiträge, aus denen die A. besteht (es haben mehr als 300 Dichter beigesteuert), ist dieser Liederschatz sowohl in poetischer Rücksicht als in Beziehung auf Sprache, Geschichte und Sitte der Hellenen in verschiedenen Perioden ein unschätzbares Kleinod, welches uns für den Verlust so vieler lyrischer, namentlich elegischer, Dichter einigermaßen schadlos hält.

Die römische Litteratur besitzt eine im Altertum schon veranstaltete A. nicht. Einzig dem Zufall haben wir zu verdanken, was sich außer den Werken einzelner Epigrammatiker Schätzbares erhalten hat, und erst Neuere haben daraus nach dem Vorbild der griechischen eine römische A. zu gestalten begonnen. Den ersten Grund dazu legte Jos. Scaliger durch seine "Catalecta veterum poetarum" (Leiden 1573, wiederholt 1595 und 1617). Auf ihn folgt P. Pithöus mit "Epigrammata et poemata vetera e codicibus et lapidibus collecta" (Par. 1590; wiederholt, Leiden 1596, Genf 1619). Eine höchst reichhaltige, aber durchaus unkritische Sammlung von 1544 Nummern, in 6 Büchern nach dem Stoff geordnet, veranstaltete P. Burmann der jüngere in seiner "Anthologia latina" (Amsterd. 1759 u. 1773, 2 Bde.). Den Versuch, die verschiedenen ältern und neuern Bestandteile auszuscheiden und zu ordnen, machte Meyer in der "Anthologia veterum latinorum epigrammatum et poematum" (Leipz. 1835, 2 Bde.), mit einigen neuen Nachträgen zusammen 1704 Nummern enthaltend. Die erste wirklich kritische Sammlung bietet A. Rieses "Anthologia latina" (Leipz. 1869-1870), welche 942 in Handschriften erhaltene Gedichte (allein aus der im 7. Jahrh. angelegten Sammlung des Codex Salmasianus in Paris 380) nach der handschriftlichen Überlieferung gesondert bietet und so erst ein kritisches und litterarhistorisches Urteil gestattet. Der dichterische Wert dieser Sammlungen ist nach ihren einzelnen Teilen natürlich sehr verschieden. Viele Gedichte sind vortrefflich und wahre Zierden der römischen Poesie, die meisten Mittelgut, eine bedeutende Zahl ohne Geist und Form. Eine die neue A. als zweiter Band ergänzende Sammlung der metrischen Inschriften ist von Bücheler in Aussicht gestellt. - Unter den übrigen Litteraturen zeichnen sich die arabische, persische und türkische durch ihren Reichtum an Anthologien aus; am bekanntesten ist die arabische Hamâsa (s. d.). Von den alttestamentlichen Büchern wird man die Psalmensammlung auch für ein solches Werk halten müssen.

Anthologĭon (griech.), in der griech. Kirche das Buch, worin die an Fest- und Heiligentagen abzusingenden Officia (Hymnen, Gebete und Lektionen) für das ganze Jahr, nach den Monaten verteilt, enthalten sind.

Antholyse (griech.), Blütenauflösung, s. Anamorphose.

Anthomyia, Blumenfliege.

Anthonŏmus, s. Blütenstecher.

Anthophĭla, Bienen.

Anthophyllīt, Mineral aus der Ordnung der Silikate (Hornblendereihe), kristallisiert rhombisch, findet sich derb in breitstängeligen Aggregaten, ist braun bis gelblichgrau mit perlmutter- bis glasglänzenden Spaltungsflächen, stark pleochroitisch, Härte 5,5, spez. Gew. 3,10-3,22. A. ist Magnesiumeisensilikat von der Zusammensetzung RSiO3 ^[RSiO_{3}] mit gewöhnlich stark vorherrschendem Magnesium und etwas Mangan. Er entspricht dem Bronzit (und Hypersthen) in der Augitreihe. Hauptfundorte sind Kongsberg und Modum in Norwegen, Fiskenäs in Grönland, Bodenmais in Bayern.

Anthos (griech.), Blume, Blüte.

Anthoskraut, s. Rosmarinus.

Anthoxanthīn, der gelbe, meist in Körnerform vorkommende Farbstoff gelber Blüten.

Anthoxánthum L. (Ruchgras), Gattung aus der Familie der Gramineen, mit ährenartiger, fast gleichseitiger Rispe, einblütigen Ährchen u. ungleichen Hüllspelzen, von denen die obern eine geknickte, gedrehte Granne besitzen. A. odoratum L. (Goldgras s. Abbildung), fußhoch, häufig auf leichtem, trocknem Boden, enthält Cumarin, erteilt dem Heu den bekannten meliloten-artigen Geruch und ist, gleichsam als Gewürz, ein Futtergras erster Klasse. Gebrauchswert des im Handel vorkommenden Samens 25 Proz.

^[Abb.: Anthoxanthum odoratum (Goldgras); Blüte, vergößert.]

Anthracēn (v. griech. anthrax, Kohle) C14H10 ^[C_{14}H_{10}] findet sich im Steinkohlenteer und wird aus den am schwersten flüchtigen Destillationsprodukten desselben gewonnen. Man erhält bei der Verarbeitung des Teers, nachdem das Leichtöl, das Karbolöl und das Schweröl übergegangen sind und die Temperatur auf 270° gestiegen ist, bei weiterm Erhitzen das rohe Anthracenöl, welches beim Erkalten zu einer grünlichgelben Masse erstarrt und neben A. mehrere andre schwer flüchtige Kohlenwasserstoffe (Phenanthren, Naphthalin, Chrysen etc.) enthält. Diese Kohlenwasserstoffe scheiden sich nach einigen Tagen ziemlich vollständig aus, werden auf Filterpressen oder Zentrifugalmaschinen von dem flüssig gebliebenen Öl getrennt, dann auf warmen hydraulischen Pressen gepreßt, gepulvert und in der Wärme mit leichtestem Teeröl oder Petroleumäther gemischt. Diese Lösungsmittel nehmen nicht nur den Rest des Öls auf, sondern lösen auch einen Teil der festen Kohlenwasserstoffe, namentlich das Phenanthren, und hinterlassen ein ziemlich reines (70proz.) A., welches aber, um es der weitern Bearbeitung zugänglicher zu machen, noch in einen Zustand äußerst feiner Verteilung übergeführt wird. Man erhitzt es in einer flachen Pfanne C (s. Figur) zum Schmelzen, bringt durch die Flamme des Herdes A den im Rohr B zugeleiteten Wasserdampf auf 220-240° und läßt ihn aus zahlreichen Löchern dieses Rohrs in das geschmolzene A. einströmen. Die sich entwickelnden Anthracendämpfe werden durch den Dampf in das Rohr F und weiter in die Kammer D getrieben, in welcher ein aus der Brause H strömender feiner Regen das A. in Form eitler weißen, zarten, feinblätterigen Masse niederschlägt. Durch E wird die Pfanne C gefüllt. Das A. bildet farblose, geruch-^[ERGÄNZUNGSSTRICH!]