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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Argentinische Republik

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Argentinische Republik (Geographisches).

gegen S. abnimmt; es besteht, soweit es erforscht ist, aus ausgedehnten, bis auf oasenartig zerstreute und bewässerte Stellen großenteils wüsten Ebenen, die von hohen, bis in die Schneeregion reichenden Gebirgsketten (Sierra de Famatina, Piks Palo, de Gualampaja, von Tucuman und Catamarca) durchzogen werden, und geht nördlich in das Hochland von Bolivia über. Die Sierra de Cordova und die Sierra de San Luis im SO. liegen getrennt davon und von Ebenen umgeben. Den charakteristischen Hauptzug des Gebiets bilden große Tiefebenen, die sich nach dem Atlantischen Ozean hin immer mehr verflachen. Diese weit ausgedehnten Flächen (Pampas), wahre Steppen mit Mangel an Wasser, trocknem Sandboden und vielen Salz- und Salpeterstrichen, erstrecken sich zwischen dem Atlantischen Ozean, dem Rio Dolce und dem Colorado und noch weiter bis nach Patagonien hinein bei einer Ausdehnung von 1100 km in die Länge und 670 km in die Breite. Zum Teil sind sie mit Klee und Disteln bewachsen, die eine Höhe von 3-3,5 m erreichen und im Sommer einen undurchdringlichen Wald bilden; zum Teil bringen sie bloß Gras hervor. Gegen die Abhänge der Kordilleren hin sind große Striche mit niedrigen Bäumen und Sträuchern bewachsen, ein nicht geringer Teil ist öde und wüst. Doch gibt es in den La Plata-Staaten auch sehr fruchtbare Gegenden, namentlich auf der Ostseite des Parana und in den Gebirgsstrichen des nordwestlichen Teils, wo eine reiche, üppige Vegetation herrscht. So zieht sich westlich vom Rio Salado eine von NW. nach SO. abfallende Ebene hin, deren nördlicher, mehr hügeliger Teil, die Ebene von Tucuman, einer der schönsten und fruchtbarsten Landstriche Südamerikas ist, während die südlich davon gelegene Strecke zwischen dem Rio Salado und dem Rio Dulce bis zum Parana hin eine fast vegetationslose Wüste bildet. Westlich davon breitet sich bis zum Fuß der Anden eine heiße Salzsteppe aus, Las Salinas genannt, welche außer Salz und Salzpflanzen fast nichts hervorbringt und, obgleich 1100 km vom Meer entfernt, kaum 700 m über dessen Spiegel liegt.

In geognostischer Hinsicht sind Sandsteine und Konglomerate die häufigsten Gebilde, auf welche man in den La Plata-Staaten stößt. Dieselben gehören namentlich der kambrischen und silurischen Formation, dem Rät, der Jura- und ganz besonders der Tertiärformation an, welche einen ungeheuern Flächenraum einnimmt. Zu den Sandsteinen gesellen sich lockere Sande, Mergel und Kalksteine, welche zahllose charakteristische Petrefakten umschließen. In fast ununterbrochener Entwickelung aber breitet sich über diesen ältern Schichten vom Atlantischen Ozean bis an den Fuß der Kordilleren eine Lehmdecke aus, welche, ihrer Bildung nach der Diluvialzeit entstammend, nach dem Vorgang von d'Orbigny als Pampasformation bezeichnet wird (s. Pampas). Der gegenwärtigen Periode der Erdgeschichte endlich gehören die Meeresablagerungen und Flußablagerungen an der Küste, die mächtigen Geröllansammlungen an den Gehängen und am Fuß der Gebirge sowie endlich die Salzlager der Salinas an. Das Zentralbergland enthält Granit, Gneis und Glimmerschiefer, auch Kalksteine und Trachyt; das Gebirgsland im NW. gehört der primären Formationsreihe an.

Die Hauptflüsse des Landes sind der Parana, Paraguay und Uruguay, welche den La Plata bilden, und die westlichen Nebenflüsse der beiden erstern: Rio Pilcomayo, Rio Vermejo, Rio Salado und Rio Tercero. Vom Standpunkt ihrer Benutzung betrachtet, zeigen dieselben drei hinderliche Eigenschaften, denn alle haben ein breites und deshalb flaches Bett, sind wasserarm und beschreiben zahlreiche Windungen während ihres Laufs durch die Ebene. Andre verlieren sich, ohne den Hauptstrom zu erreichen, in Lagunen, z. B. der Rio Dolce in die große Laguna de los Porongos, und auch die von den Abhängen der südlichen Kordilleren kommenden Flüsse fallen in große, durch Kanäle verbundene Salzseen (Guanacache, Silvero, Bebedero, Laguna Amarga u. a.). Von geringerer Bedeutung sind die gegen O. und SO. dem Ozean zuströmenden Flüsse Rio Colorado (Gobu Leubu) und Rio Negro (Curru Leubu).

Das Klima ist in dem so weit von N. nach S. ausgedehnten Land natürlich verschieden, im allgemeinen aber gesund. In den nordöstlichsten Teilen herrscht das Tropenklima; die Regenzeit fällt hier in die Sommerzeit, während der Winter ganz regenlos ist. Die südlichsten Striche reichen bereits in die antarktische Zone; in der Küstenregion herrscht ein mildes Küstenklima mit verhältnismäßig geringen Temperaturwechseln. Im Mittel entspricht das Klima dem des südlichen Europa. Buenos Ayres hat bei einer mittlern Jahrestemperatur von 17,2° C. eine Julitemperatur von 10,4 und eine Januarwärme von 24,3° C. Regen ist im ganzen im Frühling am häufigsten, im Winter am seltensten; die mittlere Regenmenge beträgt bei Buenos Ayres jährlich 870 mm. Schnee fällt sehr selten, und wenn es drei oder vier Tage nacheinander friert, so heißt der Winter streng. Die Winde sind heftiger als in den nördlichen Gegenden, besonders häufig wehen die heißen Nordwinde (Viento Norte, Zonda). Die von den Kordilleren über die Pampas streichenden Südwestwinde (Pamperos) treten zwar nicht selten als furchtbare Orkane auf, kühlen aber die Luft ab und üben einen wohlthätigen Einfluß auf die Gesundheit. In den Gebirgen wechselt das Klima nach der Erhebung.

Das Tierreich ist charakterisiert durch die ungeheure Menge von Rindvieh, Pferden und Schafen, welche die Pampas auf ihren unermeßlichen Grasflächen ernähren, von Maultieren und andern europäischen Haustieren; an einheimischen Tieren durch viele Nagetiere (namentlich die Viscacha und Meerschweinchen), dagegen weniger durch Raubtiere (darunter der Jaguar im O. und der Kuguar mehr im S., W. und NW. des Landes), einige Wiederkäuer (wie das Guanako), einige Pachydermen und Phoken, mancherlei Geflügel (besonders viele Schwäne und Rebhühner, die in den Pampas sehr häufig sind), südamerikanische Strauße, den Kondor und andre Raubvögel, Papageien (Lori), Fische, Bienen, Ameisen, Schlangen etc. Aus dem Pflanzenreich sind als Hauptprodukte hervorzuheben: europäische Getreide- und Gemüsearten, Kartoffeln, Melonen und Kürbisse, Flachs, Hanf, Bataten, Obst, Pfirsiche, edle Südfrüchte, Oliven, Wein in den Thälern der Gebirgsgegenden, Mimosen, Kaktusarten etc. In einigen Gegenden finden sich große Waldungen, in andern ist Mangel an Baumwuchs; so gibt es in den eigentlichen Pampas, südlich vom La Plata nach Patagonien hin, außer an den Flüssen weder Baum noch Strauch. An Mineralien ist das Land ungemein reich. In den gebirgigen Teilen finden sich Gold und Silber (namentlich in den Provinzen Cordova, San Luis, Rioja, San Juan, Mendoza, Catamarca), viel Kupfer (besonders in Catamarca), Eisen (in San Juan), Blei und Nickel, in den Ebenen Salpeter, viel Koch- und Natronsalz, teils in Salzseen und Sümpfen (Salinas), teils in dem Boden der Pampas. Steinkohlen sind allerdings im argentini-^[folgende Seite]