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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Autonomisten - Autotypographie.

müssen übrigens derartige Hausgesetze dem Souverän nicht nur zur Kenntnisnahme, sondern zur Bestätigung unterbreitet werden. Übrigens steht dies Recht der A. auch den regierenden Häusern und ihren Oberhäuptern und zwar unabhängig von der Zustimmung der Stände zu. Mitunter kommt auch beim niedern Adel eine sogen. Privatautonomie in Angelegenheiten des Erb- und Familienrechts vor. Auch die Kirche hat ein Recht der A., sofern es sich um innere kirchliche Verhältnisse, z. B. um Liturgie und Kirchendisziplin, handelt, unbeschadet des staatlichen Oberaufsichtsrechts, welches in einzelnen Staaten, z. B. in Bayern, dadurch zum besondern Ausdruck gebracht ist, daß zu solchen autonomen Satzungen der Kirche das landesherrliche Placet eingeholt werden muß. Endlich haben auch die Geschäftsordnungen der parlamentarischen Körperschaften gewissermaßen den Charakter autonomer Satzungen, wie man denn auch nicht selten die Selbstverwaltung der Kommunen und der Kommunalverbände als eine autonome Verwaltung zu bezeichnen pflegt. Vgl. Heffter, Sonderrechte der souveränen und der mediatisierten Häuser Deutschlands (Berl. 1871); Schulze, Die Hausgesetze der regierenden deutschen Fürstenhäuser (Jena 1862-83, 3 Bde.).

Autonomisten (griech.), Bezeichnung einer politischen Partei in Elsaß-Lothringen, welche im Gegensatz zu der sogen. Protestpartei die Annexion des Landes als eine völkerrechtliche Thatsache betrachtet, aber, wie es in dem Straßburger Programm vom 16. April 1871 heißt, dem Staat Elsaß-Lothringen "eine möglichst ausgedehnte Autonomie", d. h. eine möglichst selbständige Verfassung, gewährt wissen will. Die autonomistische Partei scharte sich zumeist um das "Elsässer Journal" (den frühern "Niederrheinischen Kurier") und hat nach langem Ringen und namentlich durch den im Reichstag gestellten Antrag der Reichstagsabgeordneten Schneegans, North, Rack und Lorette eine selbständige, im Land befindliche Regierung erlangt (s. Elsaß-Lothringen).

Autonommünzen (lat. nummi autonomi), die Münzen der alten Freistaaten im Gegensatz zu den Münzen der Könige und den unter den römischen Kaisern geprägten. In der Kaiserzeit werden von fast allen griechischen Städten die Bilder der Kaiser auf die Münzen gesetzt; nur wenige, wie Athen und Chersonesos in der Krim, zeigen niemals Bild und Inschrift eines Kaisers.

Autopathie (griech.), eigne Empfindung, Selbsterfahrung.

Autophilie (griech.), Eigenliebe.

Autophonie (griech.), Selbstmord.

Autophysiotherapie (griech.), Heilung durch die Naturkraft selbst.

Autopistie (griech., Axiopistie), unmittelbare, besonderer Beweise nicht bedürfende Glaubwürdigkeit; in der Dogmatik die Eigenschaft der Heiligen Schrift, nach welcher sie an und für sich Glauben verdient, den Grund ihrer Glaubwürdigkeit in sich selbst hat, ohne anderweitiger Zeugnisse und Beweise zu bedürfen. Vgl. Authentie.

Autoplástik (griech., "Selbstbildung"), s. v. w. Physioplastik (s. Plastische Operationen); auch Naturselbstdruck (s. d.).

Autopsie (griech.), "Selbstschau", Selbstbeobachtung, das eigne Sehen, Wahrnehmen und Erfahren überhaupt, entgegengesetzt den Berichten andrer und dem daraus geschöpften Wissen. In der Mystik ist A. s. v. w. Anschauen Gottes; in der Medizin Besichtigung des Kranken behufs der Erkennung seines Übels ohne Befragung desselben; auch s. v. w. Leichenöffnung, Leichenschau. Autoptisch, auf eigner Anschauung beruhend, derselben entsprechend.

Autor (lat.), s. v. w. Auctor, insbesondere (A. libri) Urheber einer Schrift, Schriftsteller; daher man von klassischen Autoren, den Rechten der Autoren und Verleger etc. spricht. Autorrecht, s. Urheberrecht; Autorschaft, Urheber-, Verfasserschaft.

Autorisation (lat.), Ermächtigung, Erteilung einer Vollmacht oder Befugnis.

Autorisieren, ermächtigen, bevollmächtigen.

Autorität (lat. Auctoritas), im weitesten Sinn Ansehen und auf Ansehen begründete oder Ansehen gebende Macht; im engern Sinn der Respekt einflößende geistige Einfluß, den der Besitz überlegener Macht oder anerkannter hervorragender Einsicht, Weisheit und Tugend verschafft. In der wissenschaftlichen Sprache heißen solche Gelehrte Autoritäten, welche sich in ihrem Fach einen so wohlbegründeten Ruf erworben haben, daß ihre Stimme in Bezug auf die Wahrheit und Sicherheit einer Angabe den Ausschlag gibt. Daher versteht man unter Autoritätsglauben das Zutrauen, welches man in das Urteil und in die Einsicht eines andern setzt. Da nun ein blindes Hingeben an die A. in allen Zweigen menschlichen Schaffens und Wirkens stets tadelnswert und nachteilig ist, so können vernunftgemäß nur sittliche und sittlich berechtigte Kräfte Anspruch auf A. haben.

Autoritate (lat.), unter Genehmigung.

Autoschediásma (griech.), ein aus dem Stegreif gefertigtes Werk, ein Impromptu.

Autós épha (griech., "Er selbst, d. h. Pythagoras, hat's gesagt"), Formel der Pythagoreer, womit sie als mit ihrem letzten und höchsten Grund ihre Ansichten und Behauptungen zu rechtfertigen pflegten. Dasselbe wird daher sprichwörtlich und ironisch als Bezeichnung der Untrüglichkeit eines bedeutenden Mannes, Parteihaupts etc. gebraucht.

Autoskopie (griech.), s. v. w. Autopsie.

Autotelie (griech.), Selbständigkeit, Unabhängigkeit, Selbstbestimmung.

Autotheismus (griech.), Selbstvergötterung.

Autotherapie (griech.), Selbstheilung durch die Natur.

Autotypie (griech., "Selbstschrift"), ein von Meisenbach erfundenes Verfahren der Zerlegung photographischer Töne in Linien und Punkten auf direktem photographischen Weg, so daß dieselben auf Metall übertragen und hochgeätzt werden können für den Druck auf der Buchdruckpresse. Das Verfahren eignet sich besonders zur Reproduktion von Architekturen und figürlichen Darstellungen jeder Art, während es noch nicht gelungen ist, bei Landschaften dem Baumschlag die volle Schärfe und Reinheit zu geben. Es ist wesentlich billiger als der Holzschnitt, vermag denselben vielfach zu ersetzen und arbeitet außerordentlich rasch. Die A. ist der Autotype-Company in München patentiert.

Autotypographie (griech., "Selbstdruck"), die Vervielfältigung der Faksimiles von Handschriften, Zeichnungen etc. vermittelst der Buchdruckpresse. Die zu reproduzierende Schrift oder Zeichnung wird dabei mit chemischer Tusche auf glattes Papier aufgetragen, auf eine vollkommen gereinigte, polierte Zinkplatte übergedruckt und hierauf in gewöhnlicher Weise mit verdünnter Salpetersäure hochgeätzt, d. h. die nicht von der Tusche gedeckten Stellen werden weggeätzt, so daß schließlich nur die Schrift oder Zeichnung erhaben bleibt. Vgl. Zinkhochdruck.