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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Beng; Bengalen

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Beng - Bengalen.

Indien gab er 1840 in dem Artikel "Indien" in Ersch und Grubers Encyklopädie. Seine spätern Arbeiten beziehen sich teils auf Sprachwissenschaft und ihre Geschichte, teils auf die Grammatik der Wedas und auf vergleichende Mythologie; so die Schrift "Über die Aufgabe des Platonischen Dialogs Kratylos" (Götting. 1866); die wichtige "Geschichte der Sprachwissenschaft und orientalischen Philologie in Deutschland seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts" (Münch. 1869); "Über Entstehung und Formen des indogermanischen Optativs etc." (Götting. 1871); "Über die Entstehung des indogermanischen Vokativs" (das. 1872); "Einleitung in die Grammatik der wedischen Sprache. Der Samhita-Text" (das. 1874); "Hermes, Minos, Tartaros" (das. 1877) und andre kleinere Arbeiten in den "Abhandlungen der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen"; ferner "Vedica und Verwandtes" (Straßb. 1877) und "Vedica und Linguistica" (das. 1880). Die Festschrift, mit der 1878 Benfeys 50jähriges Doktorjubiläum von seinen ehemaligen Schülern gefeiert wurde, zählt eine Reihe der hervorragendsten Orientalisten Deutschlands zu ihren Verfassern.

Beng (pers.), die Blätter von Cannabis indica, aus denen das Haschisch (s. d.) bereitet wird. Beng-i, Name der Haschischraucher in der Türkei und Persien. Die berühmteste Qualität des B. stammt aus Herat.

Bengalen (Bengal), die größte und volkreichste der elf Provinzen, in welche das britisch-ostindische Kaiserreich geteilt ist (s. Karte "Ostindien"), wird amtlich als Niederbengalen bezeichnet (the Provinces of Lower Bengal) und begriff bis 1834 auch die Nordwestprovinzen (s. d.), bis 1874 noch Assam (s. d.). B. erstreckt sich von 19¼-28½° nördl. Br. und 82-97° östl. L. v. Gr. und grenzt im N. an die Himalajalandschaften Nepal, Sikkim und Bhutan, im O. an Assam und Birma, im S. an den Bengalischen Meerbusen, die Provinz Madras und die Zentralprovinzen, im W. an die Vasallenstaaten der Central India Agency und an die Nordwestprovinzen. Der Flächeninhalt beträgt 500,247 qkm (9096 QM.) mit 69,536,861 Einw., wovon 405,391 qkm (7371 QM.) mit 66,691,456 Einw. unmittelbar unter britischer Verwaltung stehen, 94,856 qkm (1725 QM.) mit 2,845,405 Einw. Lehnsstaaten sind. Die Provinz begreift das große Delta des Ganges und Brahmaputra nebst dem untern Stromgebiet dieser mächtigen Gewässer. Die Ebbe und Flut erstreckt sich bis über Dacca hinaus. An den Mündungen des Ganges und Brahmaputra haben Ablagerungen der Flüsse die 130 km landeinwärts reichenden Sunderbands gebildet, die auf 15,469 qkm (281 QM.) geschätzt werden. Früher mit Wald und Sumpfpflanzen bedeckt und fast ganz unbewohnt, werden dieselben seit den letzten Jahrzehnten immer eifriger kultiviert, so daß Reis und Zucker gewonnen, Palmbäume gezogen werden und nur die Küste trostlos blieb. Die Tiefebenen der Provinz, Behar und das obere B., gehören zu den fruchtbarsten Teilen Indiens. Die Hügel, welche die Ebene begrenzen, sind mit Dickichten bewaldet und enthalten gegen die Zentralprovinzen hin ausgedehnte Kohlen- und Eisenlager. In der kühlen Jahreszeit (Dezember bis Februar) sind Nebel häufig, die Nächte feucht und so kühl, daß Eis noch in Dacca in möglichst vorsichtig aufgestellten Geschirren erhalten wird. Nordweststürme treten im Februar auf. In der heißen Jahreszeit wird die Hitze im untern B. durch die Verdunstung der zahlreichen Flußverzweigungen etwas gemildert; im obern B. ist dagegen die Luft trocken und von Mitte März ab sehr heiß, das Wetter dabei veränderlich und infolgedessen ungesund. Die Regenzeit beginnt Mitte Juni; vorherrschend ist dabei Ostwind, dann schwellen die Flüsse, und große Überflutung tritt ein. Das untere B. ist in dieser Zeit auf Strecken von 150 km Länge, 45-60 km Breite überschwemmt, so daß man den Lauf der Flüsse an vielen Stellen nur an den Linien von Bäumen erkennen kann, die dem Ufer entlang stehen. Im Herbst fällt in der Regel gegen Mitte Oktober reichlicher Regen; bleibt er (wie 1873) aus, so leidet die Reisernte, und es gibt ein Hungerjahr. B. ist ein Hauptherd für die Cholera, die hier unter dem Einfluß der klimatischen Verhältnisse nur zu regelmäßig entsteht und ungeheure Opfer fordert; durchschnittlich kommt auf sie ein Viertel aller Sterbefälle. Die Viehzucht ist wie überall in Indien unbedeutend. Unter den reißenden Tieren ist besonders der Tiger zu nennen, eine Merkwürdigkeit sind die prachtvollen jagdbaren Tiere in den Dickichten.

Die Bevölkerung besteht in ihrem Kern aus eingewanderten Hinterindern vom Schan-Volk, durch arische Kolonisten ihrer Kultur und zu zwei Dritteln ihrer Religion, dem Hinduismus, gewonnen, während das andre Drittel, meist den untersten Schichten angehörig, zum Islam sich bekennt (nur 128,135 sind Christen). Dieser Volksstamm heißt von seinem Wohnplatz Bengali und zeichnet sich aus durch natürlichen Verstand, durch Sinn für Schulbildung und für die Vorteile der Tagespresse. Die Berliner Akademie der Wissenschaften zählt mehrere Bengali, die als Orientalisten hervorragen, zu ihren Mitgliedern. Die Haut der Bengali ist dunkelfarbig und von fettigem Aussehen, der Körperbau zart. Sie pochen auf ihr Recht, prozessieren gern, sind mitleidig, aber nicht wahrheitsliebend. Über ihre Sprache s. Bengali. Von den Urbewohnern haben sich viele einzelne Stämme erhalten. Die Dichtigkeit der Bevölkerung ist stellenweise sehr groß, wechselt aber nach Distrikten. Rein ackerbauende Striche, größer als das Großherzogtum Oldenburg, sind im Durchschnitt von 14,000 Menschen auf der QMeile bewohnt, und einzelne Teile gehören zu den dichtest bevölkerten Landstrichen der Erde. Die Auswanderung, meist nach Britisch-Guayana oder nach Westindien, ist infolgedessen doppelt so groß wie in allen andern Gegenden Indiens, hat aber seit 1856 in keinem Jahr 25,600 überstiegen: 1870 betrug sie nur 9000. - Der Sitz der Regierung und zugleich Reichshauptstadt ist Kalkutta (s. d.). Das Gouvernement (Lieutenant-Governorship) umfaßt vier Provinzen (Bengal, Behar, Orissa und Tschota-Nagpur) und ist in acht regulierte und einen nicht regulierten Regierungsbezirk (divisions) eingeteilt; der Unterschied zwischen beiden besteht darin, daß die Verwaltung in den nicht regulierten Provinzen freiere Hand hat und nicht so streng an gerichtliche Formen gebunden ist. Sämtliche Divisionen, die alle von Kalkutta ressortieren, da eigne Provinzpräsidenten nicht bestehen, zerfallen wieder in 45 Bezirke. Englische Einrichtungen sind in der Landes- und Justizverwaltung oft genau nachgebildet. Die Exekutive ist durch die Aussprüche der Gerichtshöfe beschränkt, die Polizeigewalt gering; die Lokalverbände dienen hauptsächlich Besteuerungszwecken. Die Verwaltungsbeamten jeden Ranges übersteigen 1200 wenig; die Polizei zählt 19,447 Mann und Dorfwächter in der Zahl von 187,492. - Unter den Produkten steht Reis obenan; man zählt hier 295 Abarten, und 1877 konnten während der Hungersnot in Südindien 17 Mill. Ztr. von Kalkutta meist nach Madras versandt werden; Weizen wird in steigender Menge gebaut, dagegen ist