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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Berber-Baschi; Berberei

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Berber-Baschi - Berberei.

Waren bis zum Betrag von 12 Mill. Mk. aus- und andre bis zu 2 Mill. Mk. einführten. Vom März bis Oktober blieb der Strand öde und verlassen. Gegenwärtig beträgt die Zahl der Besucher immer noch 30-40,000, und der Zoll wirft jährlich einen Ertrag von 100,000 ägypt. Pfd. an die Regierung ab. Die Stadt zählt 8-10,000 Einw. und war seit der 1875 erfolgten Besetzung durch Ägypten Sitz eines ägyptischen Gouverneurs und einer Garnison von 120 Soldaten, bis im Juli 1884 die Engländer von Aden aus sich des Platzes bemächtigten.

Berber-Baschi (türk.), der Oberbarbier des Sultans, der den Bart desselben ordnet und salbt, nicht aber schert, weil kein Schermesser das Gesicht des Padischahs berühren darf. Der B. gehört zu den zwölf Ältesten der innersten Kammer, die zum hohen Dienste des Sultans bereit stehen.

Berberei (Barbareskenstaaten, s. Karte "Algerien etc."), der nordwestliche Teil von Afrika, an der Küste des Mittelländischen Meers, im W. durch den Atlantischen Ozean, im S. durch die Sahara und im O. durch Ägypten begrenzt, begreift die vier Staaten Marokko, Algerien, Tunis und Tripolis mit Fezzan und Barka (s. diese Art.) und umfaßt einen Flächenraum von 2,629,000 qkm (47,800 QM.). Die Oberfläche dieses großen Landes zeigt einen von dem des übrigen Afrika ganz verschiedenen Charakter; seine äußere Ansicht, seine Vegetation, sein Klima ähneln so ziemlich denen der Pyrenäischen Halbinsel, der Apenninen- und Griechischen Halbinsel.

Unter den Einwohnern sind außer den Europäern zu unterscheiden: Berber, Mauren, Beduinen, Juden, Türken und Neger (s. Tafel "Afrikanische Völker"). Für die echten Abkömmlinge der ältesten Bewohner der B. hält man die Berber, ein Volk hamitischen Stammes, dessen Sprache mit den verschiedenen Verzweigungen des Volks selbst sich vom Atlantischen Ozean im W. bis fast zu den Grenzen von Ägypten im O., dann vom Mittelmeer im N. bis zum Nigerland im S. hat verfolgen lassen, und deren Verbreitung in Nordafrika früher, ehe das Arabische durch Einwanderung zahlreicher arabischer Stämme und das Überhandnehmen des Islam ihr Abbruch gethan, noch weit bedeutender gewesen ist. Jetzt wird sie noch gesprochen von den Amazirghen (Imoscharh) und Schellöchen (Schuluh) in Marokko, den Kabylen und Schaouia in Algerien, den Resten der Berber in Tunis und zu Sokna in Tripolis, endlich von den Bewohnern der meisten Oasen längs dem südlichen Fuß des Atlasgebirges und in den östlichsten Oasen, in Audschila und Siwah, sowie im größten eil der westlichen Sahara von den Tuareg. Gänzlich untergegangen ist sie in der Landschaft Barka, im Flachland von Tunis und Tripolis, in dem ganzen westlichen Teil von Algerien und auf den Kanarischen Inseln, wo sie vor etwa 100 Jahren noch von den Guanchen gesprochen ward. Mit den meisten aboriginalen Sprachen des Kontinents hat sie das gemein, daß sie das Zahlverhältnis des Haupt- und Zeitworts und selbst das Genus durch den Worten vorgesetzte Silben bezeichnet und die Konjugation durch Präfixe und Suffixe bildet. Übrigens wird sie mit arabischen Buchstaben geschrieben; nur die Tuareg haben für ihre Sprache, das Ta-Maschek, ein eignes Alphabet. Nach Fr. Müller ist die Sprache der Berber als Abkömmling der altlibyschen Sprache zu betrachten, daher denn auch die Berber selbst für die direkten Nachkommen der alten Libyer gelten müssen. Daß sie im übrigen ein mit fremdem Blut nicht unbedeutend vermischtes Volk sind, geht daraus hervor, daß die Stämme, in welche sie zerfallen, sich in zwei Abteilungen gliedern, nämlich sogen. freie (Ihaggaren) und unterworfene oder Vasallenstämme (Imrhad), welch letztere offenbar die besiegten fremden Stämme sind, die von den Berbern in sich aufgenommen wurden. Barth schlägt in seiner Besprechung der nordafrikanischen Bevölkerungsverhältnisse vor, den ganzen großen Stamm, der noch heute vom Atlantischen Ozean bis nach Ägypten hin und in das Herz des Sudân verbreitet ist, mit dem Namen Mazigh oder Imoscharh zu belegen. Das zahlreichste von den Völkern der B. sind die Araber, welche in die Mauren (Städtebewohner) und die auf dem Land nomadisch in Zelten wohnenden Beduinen zerfallen. Die Juden der B. sind zum Teil aus dem Orient mit den Arabern dahin gelangt, meist aber aus Spanien nach ihrer und der Mauren Vertreibung hier eingewandert. Die Türken sind erst im 16. Jahrh. in die B., mit Ausschluß von Marokko, wo sie sich nicht festzusetzen vermochten, gekommen. In Algerien, Tunis und Tripolis bildeten sie früher den herrschenden Volksstamm; in Algerien wurden sie nach der französischen Okkupation gezwungen, das Land zu verlassen, und in den beiden andern Ländern, namentlich aber in Tunis seit der letzten Katastrophe, ist ihr Ansehen sehr gesunken. Da sie fast nie türkische Weiber mitbrachten, ihre Kinder von den Eingebornen aber, die Kulugli, ihre Privilegien und Rechte auf ausschließlichen Besitz von Staats- und Militärwürden nicht erbten, so waren sie gezwungen, sich fortwährend durch Werbungen in Konstantinopel und Smyrna zu ergänzen. Auch die Mehrzahl der in der B. befindlichen Neger ist nicht daselbst geboren, sondern als Sklaven, meist aus dem Sudân und aus Guinea, dahin gebracht. Sie sind meist Haussklaven; doch gibt es auch viele Freigelassene unter ihnen, die sich größtenteils mit Handarbeiten beschäftigen. Sämtliche Völker der B. bekennen sich, mit Ausnahme der Juden und Europäer, zum Islam. Die Geschäfts- und Umgangssprache ist das Arabische, das in Marokko die Regierungssprache und den Beduinen, Mauren und Juden Muttersprache ist; in Tunis und Tripolis aber ist das Türkische die Regierungssprache.

Geschichte. Zu den eingebornen Stämmen, den Numidiern, Gätulern und Libyern, kamen früh die Phöniker, welche eine Reihe von Kolonien und als deren mächtigste Karthago (850 v. Chr.) anlegten, sich zum Teil mit den Ureinwohnern vermischten und von den Syrten bis zur Meerenge von Gibraltar die Küste beherrschten, während die Einwohner des Binnenlandes ihre Unabhängigkeit bewahrten. Daneben bestanden die griechischen Kolonien Barka und Kyrene zwischen Ägypten und dem karthagischen Gebiet. Die Römer faßten in Nordafrika seit dem zweiten Punischen Krieg Fuß; aber erst nach der Zerstörung Karthagos (146) ward das karthagische Gebiet unter dem Namen Afrika römische Provinz. Westlich davon lag das numidische Reich Masinissas und Mauretanien. Numidien östlich vom Fluß Ampsaga wurde 46 v. Chr., Mauretanien 43 n. Chr. zur römischen Provinz gemacht. Unter Konstantin ward Nordafrika in sechs Provinzen geteilt, deren östlichste, Kyrenaika, bei der Teilung des Reichs dem oströmischen Reich zufiel, während die übrigen Provinzen dem weströmischen verblieben. Um diese Zeit verbreitete sich das Christentum in Nordafrika und zwar mit solcher Schnelligkeit, daß es in kurzem hier über 160 Bistümer gab, und daß dort die bedeutendsten Kirchenlehrer, wie Cyprianus, Tertullian, Augustin, wirkten. Nach dem Sturz des römischen Reichs wurde das Land die Beute der Van-^[folgende Seite]