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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Berlin

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Berlin (Wappen; Umgebung; Geschichte).

für die Verwaltung der Reichseisenbahnen, Reichsbank, Reichsschuldenkommission. Preußische Behörden sind in B.: Staatsrat, Staatsministerium (mit neun ihm unmittelbar unterstellten Behörden, darunter Zentraldirektorium der Vermessungen im preußischen Staat, Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte, Disziplinarhof für nicht richterliche Beamte, Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten, königliches Oberverwaltungsgericht) und die Ministerien der auswärtigen Angelegenheiten, der Finanzen, der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, für Handel und Gewerbe, des Innern, der Justiz, des Kriegs, für Landwirtschaft, Domänen und Forsten, der öffentlichen Arbeiten; ferner der evangelische Oberkirchenrat, die beiden Häuser des Landtags.

Von Militärbehörden befinden sich in B. der Generalstab der Armee, die Landesverteidigungskommission, die Generalkommandos des Garde- und des 3. Armeekorps nebst den Stäben der Gardedivisionen und der Mehrzahl der Gardebrigaden, die Generalinspektionen der Artillerie, des Ingenieurkorps, des Militärerziehungswesens, die Inspektionen der Jäger und Schützen, des Trains, der Kriegsschulen u. a. Die Garnison besteht aus 2 Garderegimentern zu Fuß, 2 Gardegrenadierregimentern und dem Gardefüsilierregiment, 4 Gardekavallerieregimentern (Gardekürassiere, 1. und 2. Gardedragoner, 2. Garde-Ulanen) und 3 Eskadrons der Garde du Korps, den beiden Garde-Feldartillerieregimentern, dem Gardepionier- und dem Gardetrainbataillon, dem Eisenbahnregiment, dem Trainbataillon Nr. 3, den Reserve-Landwehrregimentern (1. u. 2. Berlin) Nr. 35. Außer den oben erwähnten militärischen Lehranstalten sind hervorzuheben: die Oberfeuerwerkerschule, Militärroßarztschule und Militärlehrschmiede; endlich gibt es in B. ein Proviantamt, ein Hauptmontierungsdepot und 2 Garnisonlazarette.

Das Wappen Berlins (s. Abbildung, S. 752) hat die verschiedensten Veränderungen durchgemacht, und eine nochmalige Umgestaltung ist in Aussicht genommen. Zur Zeit gilt das 1709 verliehene, welches folgendermaßen aussieht: gespalten, vorn der preußische, hinten der brandenburgische Adler, beide in silbernem Feld, unten in einer eingepfropften Spitze der schwarze Bär im silbernen Feld. Seit 1839 ist der Spitze mit dem Bären eine Mauerkrone aufgesetzt, wodurch jene gewissermaßen zu einem neuen Wappenschild geworden ist, welches auch als kleines Wappen Berlins allein geführt wird. Der Bär der Berliner Wappen hat früher fast immer in den Siegeln einen Halsring geführt, den er jedoch durch Beschluß des Magistrats 1875 verloren hat.

Umgebungen Berlins.

(Hierzu "Karte der Umgebung von Berlin".)

Die Umgebung Berlins, welche sich früher nicht des besten Rufs erfreute, ist durch die Thätigkeit der Stadt sowie Privater sehr gehoben worden. Wesentlich haben auch dazu die Verkehrsmittel, Eisenbahn, Pferdebahn und Dampfschiff, beigetragen. Bemerkenswert sind folgende Orte: im W. Charlottenburg mit der Villenkolonie Westend, ferner Spandau; aufwärts an der Havel Saatwinkel mit der Insel Valentinswerder und Tegel am gleichnamigen See, einst W. v. Humboldts Besitztum, in dessen prachtvollem Schloßpark sich das Familienbegräbnis der Humboldts befindet. Zwischen Tegel und Moabit breitet sich die Jungfernheide mit dem Artillerieschießplatz aus. Unterhalb Spandau an der Havel liegen Pichelswerder und Schildhorn, ferner Wannsee an einer seeartigen Ausbuchtung der Havel. Südwestlich von Charlottenburg zieht sich bis zur Havel die ^[richtig: der] Spandauer Forst hin, an welche sich südwärts der Grunewald anschließt. Derselbe enthält von Vergnügungsorten, die meist mit der Eisenbahn zu erreichen sind: Halensee, Hundekehle, Jagdschloß Grunewald, Krumme Lanke, Schlachtensee. Die B.-Potsdam-Magdeburger Bahn führt an Schöneberg, Friedenau, Steglitz (mit einem jetzt zur Restauration eingerichteten Schloßgarten) und Zehlendorf vorüber, die B.-Anhaltische Bahn über Lichterfelde (mit der Hauptkadettenanstalt und der Kaserne des Gardeschützenbataillons) nach Großbeeren (mit dem 6 m hohen Obelisken zum Andenken an den Sieg vom 23. Aug. 1813). Im S. der Stadt liegt die Hasenheide mit zahlreichen Vergnügungslokalen und dem Denkmal des "Vater Jahn" (von Encke), der 1811 den ersten Turnplatz hier errichtete. Sie stößt an den großen Exerzierplatz der Berliner Garnison bei Tempelhof. An der obern Spree sind Treptow, Stralau und Köpenick zu nennen, ferner Rummelsburg an dem gleichnamigen, mit der Spree zusammenhängenden See. Friedrichsfelde im O. der Stadt enthält ein Schloß (mit Park), in welchem 1813-14 König Friedrich August von Sachsen als Gefangener weilte. Im NO. liegt Weißensee, im N. Pankow und Niederschönhausen mit königlichem Lustschloß und Park, endlich Schönholz mit dem Schützenhaus der Berliner Schützengilde. In Dalldorf, östlich von Tegel, befindet sich die große Irrenanstalt.

Geschichte Berlins.

Die Entstehung Berlins findet ihre Erklärung in seiner geographischen Lage. Die nächste Verbindungslinie zwischen Oder und Elbe geht von ihren ältesten Kulturstätten, Frankfurt und Magdeburg, mitten durch B. und wird hier gerade genau halbiert. Ferner liegt B. gleichweit von Hamburg und Breslau und von Stettin und Leipzig entfernt, gerade an dem Punkt, wo die Diagonalen Norddeutschlands von Ostfriesland nach Oberschlesien, von Ostpreußen nach Luxemburg und von Memel nach dem südlichen Elsaß einander durchkreuzen. Von der Südostecke des Baltischen Meers ebensoweit entfernt wie von der Rheinmündung, von der niederländischen Grenze soweit wie von der russischen, von der Nordsee soweit wie vom mitteldeutschen Gebirge, mußte B. allmählich eine Großstadt werden. Doch blieben in den ersten Jahrhunderten seit seiner Gründung diese natürlichen Bedingungen bei B. ohne jede Wirkung. Zwischen den ältesten Ortschaften an dem Mittellauf der Spree, nämlich zwischen Spandau und Köpenick, war der bequemste Ort eines Flußübergangs die Stelle, wo der sonst zwischen versumpftem Wiesengrund sich breit hinziehende Strom ein Hindernis in einem niedrigen Sandhügel fand und denselben durch eine Gabelung zu einer Insel gestaltete. Nördlich und südlich von derselben wurde die Versumpfung der Ufer durch weitere sandige Erhöhungen verhindert. Über diese beiden schmalen Spreearme muß in der ältesten Zeit eine Verkehrs- und Handelsstraße die beiden dadurch getrennten Landschaften, Teltow im S. und Barnim im N., verbunden haben. Die ersten Spuren der Kultur gingen daher über diese drei Sandhügel, nämlich in der Mitte über den heutigen Platz an der Petrikirche im Stadtteil Alt-Kölln, im N. über den Platz an der Nikolaikirche und den Molkenmarkt im Stadtteil Alt-Berlin, im S. über den jetzigen Spittelmarkt. Die Namen jener beiden ältesten Kirchen Berlins sind für den Charakter seiner ersten Bewohner entscheidend. Petrus ist der Schutz-^[folgende Seite]