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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Berlin

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Berlin (Geschichte: 17. und 18. Jahrhundert).

archie, so auch der Glanz der Residenzstadt B. Von 1650 ab begann sein rastloses Wirken für die Hebung seiner Residenz. Zuerst sorgte er für die Pflasterung und Beleuchtung der Straßen, dann wurden Maßregeln für die Bebauung der wüsten Stellen getroffen, alle kurfürstlichen Gebäude und Anlagen wiederhergestellt und der Lustgarten, ein Park im holländischen Stil, mit Lusthaus und Orangerie angelegt. Von Privatbauten entstanden die Palais Derfflingers (am Kölnischen Fischmarkt), Schombergs (jetzt kronprinzliches Palais), Danckelmanns (in der Kurstraße). Die Verfolgungen der Protestanten in Frankreich, die Aufhebung des Edikts von Nantes, verbunden mit dem Potsdamer Edikt vom 29. Okt. 1685, führten eine Menge betriebsamer und gewerbfleißiger Franzosen nach B., denen sich 1689 und 1697 auch viele Pfälzer und Schweizer anschlossen. Dadurch aber wurde eine bedeutende Erweiterung der Städte notwendig. Schon 1658 begann die Vergrößerung der Anlagen auf dem Werder; 1670 fing man an, die Spandauer Vorstadt auszubauen, welche unter Friedrich I., vorzüglich aber unter Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. erweitert und verschönert wurde; 1674 entstand eine neue Vorstadt vor dem neuen Thor des Friedrichswerders, seit 1676 von ihrer Gründerin, der Kurfürstin Dorothea, gebornen Prinzessin von Holstein, Dorotheenstadt genannt. Seit 1680 wurden die übrigen Vorstädte und Neu-Kölln angelegt. Ein Zeitraum von noch nicht 40 Jahren reichte hin, um B. herrlicher als je zuvor aus der Zerrüttung des Dreißigjährigen Kriegs hervorgehen zu lassen. Die Einwohnerzahl war beim Tod Friedrich Wilhelms (1688) bereits auf 20,000 gestiegen. Ein Lieblingsplan des Großen Kurfürsten war die bereits während der Kriegsjahre angefangene Befestigung der Städte, woran (seit 1658) 25 Jahre gearbeitet ward. Der damals aus der Spree abgeleitete Festungsgraben umgab B. und Kölln in zwei Abteilungen; die eine ging rechts aus dem Hauptstrom bei der Stralauer und mündete in denselben bei der Herkulesbrücke; die andre Hälfte begann oberhalb der Waisenhausbrücke und ging um Kölln und den Werder in den Kupfergraben. Der Friedrichswerder und Neu-Kölln, außerhalb des Festungsgrabens in die Verteidigungslinie eingeschlossen, wie die sich hier findenden Namen Ober- und Niederwallstraße bezeugen, verdanken dieser Befestigung ihren Ursprung. Dieselbe hatte jedoch keinen langen Bestand, und es wurde schon unter Friedrich Wilhelm I. mit ihrer Beseitigung begonnen, wobei man es versäumte, zwischen der neuern Stadt und den Vorstädten breite Straßenzüge anzulegen und sie durch weite Zugänge zu verbinden. Der Friedrichswerder bildete einen eignen, von der Jurisdiktion der beiden Städte unabhängigen Stadtteil, welcher schon 1667 einen eignen Magistrat erhielt.

Friedrich III. (als König Friedrich I.) beschloß 1688 den Anbau der Friedrichsstadt, und bereits 1695 standen 300 Gebäude nach einem bestimmten Plan, der durch Friedrich Wilhelm I. zu dem gegenwärtigen Umfang erweitert wurde. Zu den bedeutenden Bauten König Friedrichs I. gehören außerdem: das Zeughaus, das seitdem mehrfach umgestaltete Akademiegebäude, die Kurfürstenbrücke, die frühere Werdersche Kirche, die frühere Bank, die Sternwarte, die Kirchen auf dem Gendarmenmarkt, die Garnisonschule u. a. Um den Hof scharten sich einheimische und fremde Gelehrte und Künstler; damit aber Künste und Wissenschaften wirksamer für das Allgemeine würden, stiftete Friedrich I. 1699 die Maler- und Bildhauerakademie und 1700 nach Leibniz' Entwurf die Akademie der Wissenschaften. Sein glänzender Hof erzeugte auch unter den Bürgern Luxus und Vergnügungssucht. Selbst in den Kleidertrachten huldigte man der am Hof herrschenden französischen Mode; Kaffeehäuser wurden angelegt und Schauspiele zuerst 1690 von den Truppen Sebastian Scios und des sächsischen Hofkomödianten Magister Feldheim im Rathaus aufgeführt und vom Volk stark besucht, obgleich die Geistlichkeit vielfach dagegen eiferte. Unter Friedrich I. wurden auch die bisher getrennten und von besondern Magistraten verwalteten Stadtteile 1709 zu einem Ganzen vereinigt und einem Magistrat (bestehend aus 4 Bürgermeistern, 2 Syndiken, 1 Ökonomiedirektor, 1 Einnehmer, 1 Kontrolleur und 10 Ratsherren, deren Amt ein Jahr währte und vom König besetzt wurde) untergeordnet. Die Einzelbenennungen Kölln, Friedrichsstadt u. a. gingen seitdem in dem Gemeinnamen B. unter.

Während der Regierung Friedrich Wilhelms I., der zuerst seine Edikte nicht von Kölln an der Spree, sondern von B. datierte, wurden das Friedrich-Wilhelms-Waisenhaus, mehrere Kirchen, das anatomische Theater gegründet, der Schloßbau bis 1716 größtenteils vollendet und der Lustgarten um dieselbe Zeit in einen Exerzierplatz umgewandelt. Vornehmlich aber ist die Friedrichsstadt vorzugsweise von diesem König gefördert worden. Eine Generalvisitation 1725 stellte heraus, daß es neben 719 bewohnten Häusern 149 wüste Stellen dort gab, und da letztere verschwinden sollten, so wurden neue Häuser, teils auf Kosten des Königs, teils durch Privatleute auf königlichen Befehl, gebaut. Schon 1737 gab es 1682 Häuser in der Friedrichsstadt, deren Vergrößerung der König bei seinem Aufenthalt in B. immer persönlich überwachte. Für Kirchenbauten geschah ebenfalls viel: die alte Garnisonkirche und die Petrikirche wurden neu aufgebaut; dann erhoben sich die böhmische und die Dreifaltigkeitskirche. Für das Schulwesen waren die Anlage der frühern Gebäude des Joachimsthalschen Gymnasiums und die Gründung einer Kadettenschule von Bedeutung. Ferner wurde der botanische Garten der Akademie (jetzt der Universität) angelegt und im NW. der Stadt ein Pesthaus errichtet, an dessen Stelle Friedrich II. 1785 die später so berühmt gewordene Anstalt der Charitee erbaute. Im J. 1740 bestanden außer den schon 1709 eine Stadt bildenden fünf Städten noch die Luisenstadt, das Stralauer Viertel, die Königsstadt, die Sophienstadt, mit einer Bevölkerung, die jedoch noch nicht ein Zehntel der jetzigen betrug.

Unter Friedrich d. Gr. wurde noch vor dem Siebenjährigen Krieg der Tiergarten zu einem Park umgestaltet, erfolgte die Abtragung der noch vorhandenen Befestigungswerke (1745), an deren Stelle die Neue Friedrichsstraße, Alexanderstraße und Wallstraße traten. Der Siebenjährige Krieg brachte mehrmals feindliche Heere in die Stadt. So drang 1757 der österreichische General Hadik, der erste Feind seit dem Dreißigjährigen Krieg, in die Vorstädte ein und erpreßte eine Kontribution von 200,000 Thlr. Darauf (1760) beschossen die Russen die Stadt vom Tempelhofer Berg aus, drangen 9. Okt. in dieselbe ein und brandschatzten sie auf die härteste Weise. Nach dem Frieden fanden sich von den 1755 vorhandenen 126,661 Einw. nur noch 98,000 vor, wovon überdies ein großer Teil öffentlicher Unterstützung bedurfte. Friedrich d. Gr. suchte durch Wiederaufnahme der Bauten und Belebung der Industrie zu helfen. Es wurden aus könig-^[folgende Seite]