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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bianchi-Giovini; Bianchini; Bianco; Biandrie; Biarchie; Biard

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Bianchi-Giovini - Biard.

teil nahm, unterbrochen wurden. Nachdem er infolge der Reaktion von 1849 ins Privatleben zurückgetreten, gab er sich ganz historischen Arbeiten auf dem Felde der modernen Geschichte hin. Er siedelte nach Piemont über, wo er zuerst Professor der Geschichte in Nizza, dann Studiendirektor am Turiner Nationalkollegium, endlich Vorstand des Liceo Cavour war. 1864 ernannte ihn der Unterrichtsminister Natoli zum Generalsekretär, 1871 ward er zum Oberdirektor der piemontesischen Archive ernannt. Von Bianchis Schriften erwähnen wir: "Geografia storica comparata degli stati antichi d'Italia" (1850); "I ducati Estensi" (Turin 1852); "La storia della politica austriaca rispetto ai governi e ai sovrani italiani dal 1791 al 1857" (Savona 1854); "Le memorie del generale Carlo Zucchi" (Mail. 1861); "Il conte Camillo di Cavour" (Turin 1863); "Storia documentata della diplomazia europea in Italia dal 1814 al 1861" (das. 1865-72, 8 Bde.), eine reife Frucht langer Archivstudien; außerdem schrieb er: "Carlo Matteucci e l'Italia del suo tempo" (das. 1874); "Le materie politiche relative all' estero degli archivi di stato piemontesi" (Modena 1876); "Storia della monarchia piemontese dal 1773 al 1861" (Turin 1877-84, Bd. 1-4; auf 8 Bde. berechnet); "La politica di Massimo d'Azeglio dal 1848 al 1859. Documenti etc." (das. 1884). Auch gab er Cavours Briefe an den Marchese Emanuel d'Azeglio (Turin 1885) heraus.

3) Bianka (eigentlich Schwarz), Bühnensängerin, geb. 27. Juni 1858 zu Heidelberg, erhielt ihre Ausbildung vom Musikdirektor Wilczek daselbst und von Frau Viardot-Garcia in Paris auf Kosten des Hamburger Theaterdirektors Pollini, der sie für zehn Jahre engagierte. Nachdem sie für dessen Rechnung in London gesungen, nahm sie jedoch 1876, da sie den in ihrer Minderjährigkeit mit Pollini abgeschlossenen Vertrag nicht für bindend ansah, Engagement in Mannheim, später in Karlsruhe und wirkt seit 1880 mit großem Erfolg am Hofoperntheater zu Wien. Ihre Stimme ist ein hoher Sopran; die Nachtwandlerin gilt für eine ihrer vorzüglichsten Leistungen.

Bianchi-Giovini (spr. -ki dschow-), Aurelio, ital. Geschichtschreiber und Journalist, geb. 25. Nov. 1799 zu Como, kam, um Kaufmann zu werden, in ein Handlungshaus nach Mailand, dann zur Erlernung der deutschen Sprache nach Wien, wurde aber hier der österreichischen Polizei verdächtig und nach kurzer Zeit von derselben genötigt, nach Mailand zurückzukehren. Um sich den steten Verfolgungen der Polizei zu entziehen, begab er sich 1830 nach der Schweiz, wo er zu Capolago (Kanton Tessin) an den Arbeiten für die "Tipografia elvetica" teilnahm, die Zeitschrift "L'Ancora" herausgab und Darus "Histoire de Venise" übersetzte. 1835 begründete er das Journal "Il Repubblicano della Svizzera italiana" und begann dann 1837 seine "Storia dei papi", ein mutvolles, groß angelegtes, leider unvollendet gebliebenes Werk, das von großer Gelehrsamkeit zeugt trotz gelegentlicher minder begründeter Behauptungen. Eine wertvolle Vorstudie dazu bildet die historische Monographie "Vita di fra Paolo Sarpi" (Lugano 1836), die mehrere Auflagen erlebte. Nach einem kurzen Aufenthalt in Zürich machte B. 1842 von der 1838 in Österreich erlassenen Amnestie Gebrauch und kehrte nach Mailand zurück, wo er, mit historischen Arbeiten beschäftigt, fortan blieb. Von jenen sind zu erwähnen: eine Geschichte der Hebräer, ein Versuch über die Päpstin Johanna, kritische Studien über Cantus Universalgeschichte, der vielversprechende Anfang einer Geschichte der Lombarden, ein topographisches Lexikon der Lombardei u. a. 1848 begab er sich nach Piemont und übernahm hier die Redaktion der "Opinione", die er bis zum Juni 1852 führte, den Krieg gegen Österreich und den Papst in energischter Weise predigend. Dann gründete er (1853) die Zeitung "L'Unione", mit der er 1860 nach Mailand, 1862 nach Neapel übersiedelte, starb aber hier bereits 16. Mai 1862.

Bianchini (spr. -kini, latinisiert Blanchinius), Francesco, Astronom und Archäolog, geb. 13. Dez. 1662 zu Verona, wurde im dortigen Jesuitenkollegium erzogen, studierte seit 1680 zu Padua Theologie, Philosophie, Mathematik und Physik und in Rom seit 1684 vorzüglich römische Archäologie. Papst Alexander VIII. verlieh ihm eine reiche Pfründe, und Clemens XI. ernannte ihn zum Sekretär der mit der Kalenderverbesserung beauftragten Kommission. Er starb 2. März 1729 in Rom. Seine Vaterstadt Verona errichtete ihm im dortigen Dom ein Marmordenkmal. Unter seinen Schriften astronomischen und antiquarischen Inhalts sind vornehmlich seine "Storia universale, provata co' monumenti, e figurata co' simboli degli antichi" (Rom 1697 u. 1747) zu erwähnen. Die Resultate vieljähriger kirchengeschichtlicher Forschungen legte B. nieder in seiner von seinem Neffen Giuseppe B. vollendeten großen Ausgabe von Anastasius' Werk "De vitis romanorum pontificum a Petro Apost. ad Nicolaum I." (Rom 1718-35, 4 Bde.; wieder abgedruckt in Muratoris "Scriptores rer. ital."). Seine Biographie schrieb Mazzaloni (Verona 1735).

Bianco, Andrea, venezian. Geograph des 15. Jahrh., berühmt durch seine 1436 angefertigte Erdkarte, die nach Maßgabe der damaligen Kenntnisse ziemlich genau ist und bereits Amerika unter dem Namen "Antilla" in zwei großen Inseln zeigt, die der Meerbusen von Mexiko, den man für offenes Meer hielt, teilt. Die Karte befindet sich in der St. Markusbibliothek zu Venedig. Formaleoni hat letztere, mit einem Kommentar ("Saggio sulla nautica di Veneziani", Vened. 1783) begleitet, stechen lassen; neuerlich ist davon auch ein photographisches Faksimile in 9 Blättern (das. 1870) erschienen.

Biandrie (lat.-griech.), Zweimännerei, das Verheiratetsein einer Frau mit zwei Männern zugleich.

Biarchie (lat.-griech.), Doppelherrschaft, das gleichzeitige Regieren zweier Herrscher in einem Land; auch Diarchie genannt.

Biard (spr. biar), François, franz. Maler, geb. 8. Okt. 1798 zu Lyon, ward in der dortigen Kunstschule gebildet und machte dann eine Reise durch Spanien, Griechenland, Syrien und Ägypten, welche ihm einen großen Reichtum mannigfaltiger Skizzen eintrug. 1833 stellte er das Bild: Araber in der Wüste vom Samum überfallen, aus und begründete damit das ethnographische Genre. Bei weitem mehr that sich indessen B. in der Darstellung komischer und burlesker Situationen hervor, die er mit einer seltenen Beobachtungsgabe in der ganzen Fülle ihres Inhalts aus dem Leben zu greifen wußte. Zu ihnen gehören: die Springerbande, die bei Regenwetter auf Zuschauer wartet; Folgen eines Maskenballes, das Handgemenge einiger Masken mit der Polizei; das Familienkonzert, eine Satire auf Wunderkinder und Familiengenies. Ein düsteres Bild trostlosen Elends ist sein Sklavenmarkt an der Goldküste Afrikas. Im J. 1839 besuchte B. Grönland und Spitzbergen und sammelte in sechs Monaten einen großen Reichtum von Naturstudien und Skizzen. Sein berühmtestes Bild aus