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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bienenzucht

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Bienenzucht (Berlepsch' Lager- u. Ständerbeute etc.; Schwarm- u. Zeidelmethode).

es möglich, jede ausgebaute Wabe, nachdem sie von den Seitenwänden des Stockes gelöst war, an dem Stäbchen herauszuheben, genau zu besehen und wieder einzuhängen. Freiherr v. Berlepsch vervollkommte Dzierzons Erfindung zunächst dadurch, daß er an den vier Ecken des Wabenträgers 0,65 cm breite Vorsprünge oder Ohren anbrachte, um stets eine angemessene Entfernung der Träger untereinander zu erzielen (Fig. 11). Das mühsame Lösen der Waben von den Wänden umging er dadurch, daß er vier 2,6 cm breite und 0,65 cm dicke Stäbchen in Form eines Rähmchens (Fig. 12) vereinigte, welches er nun statt des bloßen Stäbchens in den Stock hing. Die Beute für den Mobilbau ist sehr verschieden konstruiert. Als Normalbeute gilt die von Berlepsch konstruierte Lagerbeute mit Rähmchen (Fig. 13), Vogelschem Kanal und abnehmbarem Deckel. Sie ist aus Holz gearbeitet und bildet ein längliches liegendes Viereck. Im Lichten ist die Beute 41 cm hoch, 82 cm tief und 23,5 cm breit. Vom Boden der Beute stehen die Rähmchen 1,6 cm ab; die zwei übereinander stehenden Etagenrähmchen, à 18,3 cm hoch, nehmen 36,6 cm von der lichten Höhe weg. Die Rähmchen hängen in 1,3 cm hohen Fugen, die nach obenzu 1,3 cm hoch schräg zugeschnitten sind. Über den Rähmchen liegen Deckbrettchen, welche 0,65 cm dick sind und quer laufen. Die zwei Etagen, à 20 Rähmchen, nehmen 78,2 cm von der Tiefe der Beute ein. Um einen Raum zu erhalten, in dem die Bienen nur Honig aufspeichern, fertigt man ein Scheidebrett von 1,3 cm Dicke an; dasselbe besteht aus einem ausgetäfelten Rahmen, der die Höhe zweier Rähmchen und die Breite der Beute hat. Stellt man das Scheidebrett ein, so ist ein besonderer Honigraum abgegrenzt. In dem Bodenbrett der Beute bringt man einen Kanal zur Passage der Arbeitsbienen aus dem Brut- in den Honigraum an. Dieser Kanal ist 40 cm lang, 10 cm breit und 1,9 cm tief. Von den 40 cm Länge sind 20 cm in der Mitte mit einem eingelassenen, 0,9 cm dicken Brettchen bedeckt, so daß ein 1 cm tiefer Kanal entsteht. Man bringt den Kanal in der Mitte der Breite des Bodens so an, daß man mit dem Scheidebrett den Brutraum bis auf 12 Rähmchen verkleinern und bis auf 28 vergrößern kann. Solange die Bienen von dem Honigraum nicht Besitz nehmen sollen, wird die Kanalmündung verstopft. Hinten hat die Öffnung der Beute an beiden Seiten einen 2,6 cm tiefen und 1,3 cm breiten Falz, welcher die Thür aufnimmt, die unter dem Querholz steht und auf beiden Seiten durch je einen Wirbel gehalten wird. Der Deckel der Beute ist ein 2 cm dicker Rahmen mit innerer Füllung. Das Rähmchen ist, Ober- und Unterteil mitgemessen, 18,3 cm hoch und, die beiden Seitenteile mitgemessen, 22,2 cm breit; Oberteil und Schenkel sind 0,65 cm dick, der Unterteil aber etwa 0,5 mm schwächer. Um überall die normale Entfernung der Rähmchen voneinander zu erzielen, haben auch die Unterteile 0,65 cm breite Vorsprünge. Die Rähmchenschenkel stehen jederseits 0,65 cm von der Beutenwand ab, weshalb der Oberteil, damit er auch in die Fugen reiche, 2,6 cm länger sein muß als der Unterteil. In dem Raum, in welchem die Bienen brüten, kann statt zwei übereinander stehender Rähmchen ein sogen. Ganzrähmchen (Fig. 14) von 18,6 cm Höhe hängen. Der Oberteil des Rähmchens wird seiner ganzen innern Länge nach mit einem Streifen Richtwabe beklebt. Der naturgemäßeste Klebstoff ist flüssiges Wachs. Neben dem beschriebenen Lagerstock hat die Berlepschsche Ständerbeute (Fig. 15 u. 16) große Verbreitung gefunden. Seitenwände und Vorderwand bestehen bei ihr aus Bohlen; zum Deckel und Boden genügen 2,6 cm dicke Bretter. Die Beute faßt 36 Rähmchen, 12 stehen im Honigraum und 24 in den beiden Etagen des Brutraums. Den Vogelschen Kanal bringt man in der Vorderwand an und zwar so, daß die eine Hälfte in den Honigraum, die andre in den Brutraum reicht. Deckbrettchen liegen auf den Rähmchen des Brut- und Honigraums.

Von hoher Bedeutung für das Gedeihen der Bienen ist der Standort derselben. Man stelle die Stöcke an einem windstillen, namentlich nicht zugigen Platz auf. Unter keinen Umständen dürfen sie der Mittags- und Nachmittagssonne ausgesetzt sein; am verderblichsten sind die Sonnenstrahlen im Winter und zeitigen Frühjahr, wenn Schnee liegt, weil sie die Bienen aus den Stöcken locken. Kann man es vermeiden, so stelle man die Stöcke nicht an einem Ort auf, von dem aus sie über breite Ströme, Teiche oder Seen fliegen müssen. In der Nähe des Standes pflanze man niedrige Bäume und Gesträuch an, woran sich die Schwärme ansetzen und leicht eingefangen werden können. Für Körbe, Walzen etc. baut man ein nach Südosten gerichtetes Häuschen (Bienenhaus, Bienenschauer), an dessen innern Säulen Querriegel angebracht werden, auf welche die Stöcke zu stehen und zu liegen kommen. Mehr als drei Etagen soll das Bienenhaus nicht haben, denn stehen die Bienen sehr hoch, so sind sie Winden und Stürmen zu sehr ausgesetzt. Holzstöcke stellt man frei auf, und auch für Dzierzonstöcke ist ein Bienenhaus überflüssig. Die schönsten Bienenhäuser sind die von Berlepsch konstruierten Pavillons, welche sich bereits über ganz Deutschland, Österreich etc. verbreitet haben.

Gewöhnlich unterscheidet man zwei Betriebsmethoden in der B. Bei der Schwarmmethode hält man eine Normalzahl von Völkern in kleinen Stöcken, um jährlich recht viel junge Schwärme zu erhalten. Im Herbst eines jeden Jahrs wird die Zahl der Völker auf die Normalzahl reduziert, indem man die honigreichsten und honigärmsten kassiert, um Honig und Wachs zu ernten. Die Zeidelmethode besteht darin, daß man die Völker in geräumigen Wohnungen hält, damit sie nicht schwärmen, sondern viel Wachsbau aufführen und möglichst viel Honig aufspeichern. Im

^[Abb.: Fig. 11.]

^[Abb.: Fig. 12.]

^[Abb.: Fig. 13. Berlepsch' Lagerbeute.]

^[Abb.: Fig. 14.]

^[Abb.: Fig. 16 (zu Fig. 15).]