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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Blütenbestäubung

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Blütenbestäubung.

häufigkeit. Sogar dreigestaltige oder trimorphe Blüten kommen z. B. bei dem Weiderich (Lythrum Salicaria) vor, nämlich lang-, mittel- und kurzgriffelige Blüten.

Die Übertragung des Blütenstaubes von einer Blüte zu einer zweiten, mehr oder weniger entfernten kann auf mehrfache Weise bewirkt werden. Auf die Verbreitung des Pollens durch Luftströmungen sind alle sogen. Windblütler oder Anemophilen angewiesen. Dieselben zeichnen sich durch unscheinbare, winzige, meist blumenblattlose Blütenhüllen und massenhaften Pollen mit trocknen, leicht stäubenden Körnern aus, wie vor allen die Kätzchenbäume. Um vom Wind leicht bewegt zu werden, sind bei ihnen die Achsen der männlichen Blütenstände schlaff und dünn, wie bei den Pappeln, der Haselnuß (Fig. 4), der Birke u. a., oder die einzelnen Blüten selbst hängen an dünnen Stielen, wie bei den Rumex-Arten, oder wenn die Blüten schwerer beweglich sind, sitzen die Staubbeutel an langen, dünnen Fäden, wie bei den Thalictrumarten und manchen Gräsern. In seltenern Fällen wird der Blütenstaub durch besondere Vorrichtungen plötzlich hervorgeschleudert (Parietaria, Urtica). Um den in der Luft zerstreuten Pollen leichter aufzufangen, sind die Narben bei vielen Windblütlern mit langen Fanghaaren und Papillen in Form von Federn, z. B. bei vielen Gräsern, besetzt; nur wenn die Blüten zu dichten Ähren, Köpfchen u. dgl. angehäuft sind, bleiben die Narben klein. Auch die Stellung der Narben zu den Staubblättern ist bei diesen Pflanzen stets eine solche, daß erstere dem Pollen leicht zugänglich sind. Sehr viel seltener als durch den Wind wird die B. durch das Wasser vermittelt, und zwar geschieht sie entweder unter Wasser (Zostera, Cymodocea) oder an der Oberfläche desselben, z. B. bei Vallisneria, deren weibliche Blüten auf schraubenförmig gedrehten Stielen sich an die Wasseroberfläche erheben, während die antherentragenden Kelche der männlichen Blüten sich losreißen und zwischen den weiblichen Blüten umherschwimmen, um die B. zu bewirken.

Von Tieren treten in erster Linie und in ganz überraschender Wirksamkeit Insekten, in sehr untergeordneter Weise bei einigen aasduftenden Aroideen auch Schnecken und in den Tropen honigsaugende Vögel (Kolibris) als Vermittler der B. auf. Die insektenblütigen Pflanzen (Entomophilae) zeichnen sich vor den Windblütlern vor allem durch größere, mehr oder weniger lebhaft gefärbte Blüten, d. h. Blumen, aus; sind die einzelnen Blüten klein, so drängen sie sich zu großen, weithin sichtbaren Blumengesellschaften, wie Köpfchen, Dolden, Rispen u. dgl., zusammen.

Die Augenfälligkeit der Blumen kann bei fehlender Blumenkrone auch durch lebhafte Färbung der Staubfäden, wie bei manchen australischen Myrtaceen, oder durch auffallende Bildung und Färbung der Hochblätter hervorgerufen werden. Als vorzüglichstes Mittel zur Anlockung von Gästen dienen den Blumen Geruch, Nektarabsonderung und Darreichung von Blütenstaub. Wohlgeruch zur Dämmerungszeit ausströmende Blumen werden ausschließlich von Sphingiden und Noktuen, nach Aas riechende Blüten von Fleisch- und Kotfliegen besucht und gekreuzt. Die Nektar absondernden Stellen der Blüte (Safthalter, Nektarium) zeigen je nach der Natur ihres Trägers ein mannigfach wechselndes Aussehen (s. Nektarien). Oft weisen besonders auffallend gefärbte und nach einem Punkt hin konvergierende Zeichnungen auf den Blumenblättern (Saftmale), so beim Stiefmütterchen, den Nelken, den Ehrenpreisarten, den Honig suchenden Insekten den Weg zu der Nektarquelle, welche, zumal bei sonnigem Wetter, eine