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Böhmen (Verfassung und Verwaltung; Geschichte).
Nebenstellen der Österreichisch-Ungarischen Bank, 13 selbständige Banken mit 18,3 Mill. Fl. eingezahltem Aktienkapital und 82,3 Mill. Fl. Pfandbriefumlauf, 12 Filialen andrer Banken, 387 Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und (1883) 91 Sparkassen mit einem Einlagestand von 277, 5 Mill. Fl.
Politische Einteilung Böhmens.
Bezirk Areal in QKilom. Bevölkerung 1880 Bezirk Areal in QKilom. Bevölkerung 1880
Prag (Stadt) 8,06 162323 Luditz 498,77 30888
Reichenberg (Stadt) 6,33 28090 Melnik 413,42 39097
Asch 143,86 32230 Mies 872,00 59829
Aussig 355,84 62519 Moldautein 254,79 18978
Beneschau 886,21 69222 Mühlhaus 598,47 39331
Bischofteinitz 629,23 45105 Münchengrätz 436,49 36020
Blatna 678,04 52598 Neu-Bydschow 489,14 54463
Böhmisch-Brod 689,70 64895 Neuhaus 702,06 54633
Böhmisch-Leipa 633,32 73836 Neustadt a. M. 662,10 89661
Braunau 402,81 53195 Pardubitz 785,81 83298
Brüx 316,50 39509 Pilgram 1182,56 89540
Budweis 1012,23 86023 Pilsen 966,65 123227
Chotieborz 325,71 30970 Pisek 959,28 77592
Chrudim 702,07 86425 Plan 497,18 36859
Dauba 431,50 30145 Podersam 579,28 42155
Deutsch-Brod 594,53 53354 Podiebrad 694,95 71068
Eger 455,32 56194 Politschka 320,44 32931
Falkenau 516,59 63799 Polna 513,24 38384
Friedland 399,39 44396 Prachatitz 1082,06 75046
Gabel 261,08 35037 Prestitz 517,68 43737
Gablonz 212,92 58027 Pribram 733,97 63007
Graslitz 336,15 44920 Rakonitz 649,17 47769
Hohenelbe 359,08 42067 Raudnitz 460,00 43076
Hohenmauth 552,09 62418 Reichenau 407,95 49116
Horzowitz 983,97 85848 Reichenberg 308,11 68039
Gitschin 815,60 102088 Rumburg 164,19 60068
Joachimsthal 276,22 25829 Saaz 397,76 40165
Jung-Bunzlau 567,81 61146 Schlan 768,82 85892
Kaaden 616,51 63526 Schluckenau 189,90 48554
Kaplitz 906,37 54673 Schüttenhofen 864,99 57707
Karlsbad 462,97 61236 Seltschan 748,02 61691
Karolinenthal 889,99 182076 Semil 314,02 54766
Klattau 824,00 72240 Senftenberg 605,42 63926
Kolin 493,16 64093 Smichow 786,66 136697
Komotau 509,00 50069 Starkenbach 338,52 50907
Königgrätz 701,78 93119 Strakonitz 880,44 78382
Königinhof 375,77 62224 Tabor 973,10 80847
Kralowitz 656,01 35335 Tachau 621,49 42372
Krumau 1056,06 57652 Taus 492,10 48365
Kuttenberg 551,11 63969 Tepl 541,63 32898
Landskron 474,75 61367 Teplitz 591,30 96752
Laun 358,02 33236 Tetschen 604,22 90736
Ledetsch 656,12 51500 Trautenau 516,32 73368
Leitmeritz 638,68 82482 Tschaslau 604,23 64136
Leitomischl 491,44 51822 Turnau 328,01 44930
Wittingau 811,51 47089
Summa: 51942,12 5560819
Verfassung und Verwaltung.
B. ist ein Kronland der österreichisch-ungarischen Monarchie. Die Landesvertretung wird vom Landtag gebildet, der aus dem Erzbischof, den 3 Bischöfen, den beiden Universitätsrektoren, 16 Abgeordneten des Fideikommiß-Großgrundbesitzes, 54 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 10 Abgeordneten der Hauptstadt, 15 Abgeordneten der fünf Handelskammern, 62 Abgeordneten der Städte und Industrieorte und 79 Abgeordneten der Landgemeinden (alle Abgeordneten auf sechs Jahre gewählt) zusammengesetzt ist und jährlich einberufen wird. Der Vorsitzende, der vom Kaiser aus der Mitte des Landtags auf sechs Jahre ernannt wird, heißt Oberstlandmarschall. Als verwaltendes und ausführendes Organ der Landesvertretung besteht der vom Landtag gewählte Landesausschuß (8 Mitglieder unter dem Vorsitz des Oberstlandmarschalls). Die politische Verwaltung üben die k. k. Statthalterei und die ihr untergeordneten 89 Bezirkshauptmannschaften sowie die Kommunalämter der Städte Prag und Reichenberg. Die Rechtspflege besorgen 16 Gerichtshöfe erster Instanz (nämlich 1 Landes-, 1 Handelsgericht und 14 Kreisgerichte, welche gleichzeitig Handelsgerichte und zu Kuttenberg, Pilsen und Brüx zugleich Berggerichte sind) und 219 Bezirksgerichte. Die zweite Instanz bildet das Oberlandesgericht in Prag. Die Landesfinanzbehörde ist die Finanzlandesdirektion in Prag, welcher 10 Finanzbezirksdirektionen, 102 Zoll- und 210 Steuerämter, die Finanzprokuratur, die Landeshauptkasse, der Tabaksverschleiß etc. unterstellt sind. An Steuern, direkten und indirekten zahlte B. 1884: 113,9 Mill. Fl. (24,3 Mill. Fl. an direkten Steuern, 89,6 an indirekten Abgaben). In militärischer Hinsicht zerfällt das Land in 2 Korpsbezirke mit je einem Korpskommando (zu Prag und Josephstadt) und 16 Ergänzungsbezirke. Die kirchlichen Angelegenheiten der Katholiken leiten der Fürst-Erzbischof von Prag und die drei Suffraganbischöfe zu Leitmeritz, Königgrätz und Budweis; übrigens umfaßt das Erzbistum Prag nicht bloß ganz B., sondern erstreckt sich auch auf die preußische Grafschaft Glatz. Die vier Diözesen umfassen 140 Dekanate, 1680 Pfarreien und 75 Lokalkaplaneien mit einem Seelsorgeklerus von zusammen 3687 Personen; außerdem bestanden 1880: 166 Stifter und Klöster mit 1017 Mönchen und 968 Nonnen. Bezüglich des evangelischen Kultus bildet B. den Kirchensprengel zweier Superintendenturen Augsburger (Prag, Asch) und einer Superintendentur Helvetischer Konfession (Prag). Die politische Einteilung des Landes in Städte mit eignem Statut und Bezirkshauptmannschaften sowie Areal und Bevölkerung dieser Bezirke ist aus nebenstehender Tabelle zu ersehen. Das Wappen ist ein rechts springender silberner Löwe mit goldener Krone und doppeltem Schweif im roten Feld; Landespatrone sind St. Johann von Nepomuk und St. Wenzel. Landeshauptstadt ist Prag.
Vgl. Sommer, Das Königreich B., statistisch-topographisch dargestellt (Prag 1833-49, 16 Bde.); "Topographisches Lexikon von B." (das. 1852); Jechl, Der böhmische Großgrundbesitz (das. 1874); Ficker, Die Bevölkerung Böhmens (Olmütz 1864); R. Andree, Nationalitätsverhältnisse und Sprachgrenze in B. (2. Aufl., Leipz. 1872); Derselbe, Tschechische Gänge (das. 1872); Herold, Reisehandbuch für B. (Prag 1879); Bendel, Die Deutschen in B., Mähren und Schlesien (Teschen 1884 ff.); "Archiv der naturwissenschaftlichen Landesdurchforschung Böhmens" (Prag 1868 ff.); Koristka, Höhenschichtenkarte von B. (1:200,000), S. Tafel "Österreichische Wappen".
Geschichte.
Seinen Namen hat B. von den Bojern, einem keltischen Volk, das um 80-70 v. Chr. von den Markomannen verdrängt ward. Den Römern wurden diese unter Marbod, Zeitgenossen Arminius' des Cheruskers, und nach dessen Sturz auch weiterhin, insbesondere seit 168 n. Chr. in den Tagen Mark Aurels, furchtbar. Unter dem Namen Markomannen erscheinen sie Mitte des 5. Jahrh. zum letzten-^[folgende Seite]