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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bonaparte; Bonapartisten

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Bonaparte (die Schwestern Napoleons I.) - Bonapartisten.

helmine, geb. 27. Mai 1820, seit 1841 zu Rom mit dem russischen Fürsten Anatole Demidow vermählt, von demselben aber 1845 getrennt, nach der Thronbesteigung Napoleons III. zur Prinzessin von Frankreich erklärt, machte am Hof die Honneurs bis zur Vermählung Napoleons III. und lebt in Paris.

d) Napoléon Joseph Charles Paul, gewöhnlich Prinz Napoleon (vom Volkswitz Plon-Plon) genannt, geb. 9. Sept. 1822 zu Triest, verlebte seine Jugend in Italien, ward im Februar 1831 aus dem Kirchenstaat verbannt, trat 1837 in württembergische Militärdienste und bereiste seit 1840 mehrere europäische Länder. Im J. 1845 aus Paris ausgewiesen, kehrte er 1847 dahin zurück, nahm seit dem Tod seines ältern Bruders den Namen Jérôme an, trat nach der Februarrevolution von 1848 für Corsica in die konstituierende, dann an die legislative Nationalversammlung und schloß sich der demokratischen Partei an. Präsident Ludwig Napoleon schickte ihn im April 1849 als französischen Gesandten nach Madrid, rief ihn jedoch bald wegen öffentlichen Tadels der Regierungspolitik zurück. Im Juli 1849 ward er in einem Duell mit dem Redakteur des "Corsaire" schwer verwundet. Im J. 1852 wurde er zum französischen Prinzen und im Januar 1853 zum Divisionsgeneral ernannt, nahm 1854 an der Expedition nach der Krim teil, kehrte aber Anfang 1855 zurück und erhielt 1859 den Befehl über ein Armeekorps, welches Toscana besetzte, wo Napoleon III. ihn zum Fürsten einsetzen wollte. Aber die Einwohner von Toscana wollten die Einigung Italiens, nicht die Errichtung eines Napoleonischen Throns. In Frankreich versuchte Jérôme mehrfach, sich durch Reden von radikalster Färbung im Senat populär zu machen, und entzweite sich dadurch wiederholt mit dem Kaiser. Namentlich die Kaiserin Eugenie war seine entschiedenste Gegnerin. Er residierte in Paris im Palais Royal, das der Sammelpunkt der demokratischen Bonapartisten war, und auf Schloß Meudon bei Paris. Im J. 1870 wurde er von dem Kaiser nach Italien gesandt, um ein Bündnis zu stande zu bringen, doch ohne Erfolg, da Napoleon III. den Italienern nicht Rom überlassen wollte. Seit dem Sturz des Kaisertums lebte er auf dem Schloß Prangins bei Genf, da Thiers seine Rückkehr nach Frankreich verbot. Erst 1875 wurde ihm diese gestattet. Seit 1876 Mitglied der Deputiertenkammer, trat er wiederholt als Gegner der Ultramontanen und Jesuiten auf. Nach dem Tode des kaiserlichen Prinzen (1. Juni 1879) ward er 19. Juli 1879 auf einer Versammlung der bonapartistischen Parteiführer, allerdings unter heftigem Widerspruch der klerikalen Bonapartisten, als Haupt der Familie B. und Erbe der Ansprüche der Dynastie proklamiert, erklärte aber, die Republik anerkennen und nicht als Prätendent auftreten zu wollen. Erst 1883 trat er mit einem Manifest hervor, in dem er sich als Erbe der Napoleonischen Thronansprüche proklamierte. Seit 30. Jan. 1859 ist er mit der Prinzessin Clotilde (geb. 2. März 1843), Tochter des Königs Viktor Emanuel von Italien, vermählt, lebt jedoch seit längerer Zeit von ihr getrennt. Die Kinder aus dieser Ehe sind: Prinz Viktor, geb. 18. Juli 1862; Prinz Ludwig, geb. 16. Juli 1864, und Prinzessin Marie, geb. 20. Dez. 1866.

Die Schwestern Napoleons I.

5) Maria Anna Elisa, geb. 3. Jan. 1777 zu Ajaccio, ward 1797 mit Felice Bacciocchi (s. d.) vermählt und 1805 zur Fürstin von Piombino und 1809 zur Großherzogin von Toscana erhoben, lebte nach dem Sturz ihres Bruders erst in Bologna, dann als Gräfin von Compigniano zu Triest und starb im August 1820 aus der Villa Vicentina bei Triest. Von ihren zwei Kindern starb der Sohn Friedrich Napoleon (geb. 1814) 7. April 1833; ihre Tochter Napoleone Elisa (geb. 3. Juni 1806, gest. 3. Febr. 1869 auf ihrem Schloß in der Normandie) war seit 1825 mit dem Grafen von Camerata zu Ancona vermählt, aber seit 1830 von ihrem Gemahl getrennt, erbte von ihrem Vater den Nießbrauch seines in 8 Mill. Frank bestehenden Vermögens, das nach ihrem Ableben ohne Schmälerung an ihren einzigen Sohn, Napoleon (geboren um 1826), übergehen sollte. Letzterer widmete sich dem Seedienst, ward nach dem Staatsstreich vom 2. Dez. 1851 Sekretär des Staatsrats und endete 3. März 1853 in Paris durch Selbstmord.

6) Marie Pauline, früher Carlotta genannt, geb. 22. April 1780 zu Ajaccio, kam mit ihren Geschwistern 1793 nach Marseille, verlobte sich mit dem General Duphot, welcher 1797 bei einem Aufstand in Rom getötet wurde, und vermählte sich bald darauf mit dem General Leclerc, mit welchem sie 1801 nach Santo Domingo ging, wo sie großen Mut zeigte. Nach dem Tod ihres Gemahls kehrte sie nach Frankreich zurück, wo sie sich 1803 mit dem Fürsten Camillo Borghese vermählte; doch trennte sie sich bald von diesem und lebte meist in Neuilly. Im J. 1806 erhielt sie von Napoleon I. das Fürstentum Guastalla, welches sie bis zu dessen Sturz behauptete. Sie begleitete ihren Bruder 1814 nach Elba. Vor der Schlacht von Waterloo sandte sie ihrem Bruder ihre sehr kostbaren Diamanten zu freier Verfügung, und sie befanden sich in dem nach der Schlacht erbeuteten Wagen Napoleons I. Sie lebte dann in Rom, wo sie seit 1816 die Villa Sciarra besaß und einen glänzenden Kreis um sich versammelte. Als sie von Napoleons Krankheit hörte, suchte sie wiederholt um die Erlaubnis zur Reise nach St. Helena nach, erhielt dieselbe aber zu spät. Nachdem sie sich mit ihrem Gemahl wieder vereinigt hatte, starb sie in Florenz 9. Juni 1825 ohne Nachkommen, da ihr mit Leclerc erzeugter Sohn bald nach dem Vater gestorben war. Von hoher Schönheit, aber leichtfertig, war sie Napoleons I. geliebteste Schwester.

7) Maria Annunciata, später Karoline, geb. 26. März 1782 zu Ajaccio, wurde 1800 mit Joachim Murat (s. d.) vermählt, mit welchem sie 15. Juli 1808 den neapolitanischen Königsthron bestieg. Nach Murats Tod begab sie sich unter österreichischem Schutze zunächst nach Böhmen und später nach Triest, wo sie als Gräfin Lipona (Anagramm von Napoli) die Villa Campo Marzo bewohnte. Zur Rettung ihres Vermögens reiste sie im Sommer 1838 nach Paris. Die französische Regierung bewilligte ihr zum Ersatz eine jährliche Pension von 100,000 Frank. Sie mußte jedoch im Juni 1838 Frankreich verlassen und starb 18. Mai 1839 in Florenz. Über ihre Kinder s. Murat.

Bonapartisten, polit. Partei in Frankreich, welche die Thronansprüche der Familie Bonaparte vertritt. Früher im Heer und in der Beamtenwelt, auch im Bauernstand zahlreich, erholte sie sich selbst nach dem Sturz des Kaiserreichs 1870 und zählte immer mehr Anhänger, bis der Tod des kaiserlichen Prinzen, des Sohns von Napoleon III. (1. Juni 1879), sie wieder schwächte, zumal die ultramontanen B. die Thronansprüche des Prinzen Jérôme Napoléon wegen seiner demokratischen Ansichten anzuerkennen sich weigerten und vielmehr den Prinzen Viktor Napoleon, Jérômes ältesten Sohn, als ihren Prätendenten auf-^[folgende Seite]