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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Brahestad; Brahilow; Brahma; Brâhmanas; Brahmanaspati; Brahmanen

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Brahestad - Brahmanen.

Padua, machte große Reisen und stand in schwedischem Staatsdienst unter Gustav Adolf und Oxenstierna. Er ward 1633 nach Deutschland geschickt, um dem letztern bei den Verhandlungen zur Seite zu stehen. 1635 schloß er mit Polen den Waffenstillstand zu Stuhmsdorf ab. Er erwarb sich große Verdienste um die Hebung von Finnland, wo er 1637-40 und 1648-54 Gouverneur war, um das schwedische Kirchen- und Schulwesen, um Handel, Bergbau etc., gründete die Universität zu Abo, die Stadt Brahestad, das Gymnasium zu Wisingsö und unzählige Elementarschulen. Als Reichsdrost von Schweden legte er den ersten Grund zu einem neuen Gesetzbuch, nahm im Reichsrat den ersten Platz ein und war einer der Vormünder Karls XI. B. starb 12. Sept. 1680.

4) Erich, Graf von, Oberst der schwed. Leibgarde, geb. 1722 zu Stockholm, stand mit Horn 1755 an der Spitze einer Verschwörung, welche dem König Adolf Friedrich die unbeschränkte Souveränität verschaffen wollte. Das Komplott ward aber entdeckt und B. aus Befehl der Reichsstände 1756 enthauptet.

5) Magnus, Graf von, Enkel des vorigen, geb. 1790, schwed. Reichsmarschall, Kanzler und Inhaber der höchsten Würden am Hof des Königs Karl XIV. Johann (Bernadotte), nahm als Günstling des Königs entschiedenen Teil an den wichtigsten Staatsgeschäften und war beständig in der nächsten Umgebung des Monarchen. Er starb 16. Sept. 1844.

6) Brigitte, Heilige, s. Brigitta.

Brahestad, Seestadt am Bottnischen Meerbusen im finnländ. Gouvernement Uleåborg, hat einen seichten Hafen und treibt auf 20-30 Fahrzeugen Exporthandel mit Teer, Talg, Pech, Holz etc. Die Stadt, welche (1880) 3003 Einw. (2730 Finnen und 273 Schweden), eine Schiffswerfte und verschiedene Fabriken und Magazine hat, wurde 1649 vom Grafen Per Brahe gegründet. Am 30. Mai 1854 zerstörten die Engländer die Werfte und die im Hafen befindlichen Kauffahrer nebst einigen Gebäuden. B. ist Sitz eines deutschen Konsulats.

Brahilow, Stadt, s. Braila.

Brahma, in der Sanskritsprache als Neutrum die als Drang und Fülle des Gemüts auftretende und den Göttern zustrebende Andacht, heiliger Spruch (so nach dem Petersburger Sanskritwörterbuch), oder Gewächs, Wachstum, Mittel zum Wachstum (Opfergaben, heilige Gesänge), Triebkraft der ganzen Natur, das schlechthin Absolute (so Haug in "B. und die Brahmanen", Münch. 1871). Als Maskulinum (Brahmâ) hat B. die Bedeutung eines Beters von Beruf, also eines Priesters oder Brahmanen, dann des Schöpfers der Welt, einer konkreten mythologischen Gestalt des B. als des abstrakten Prinzips der Welt. Als solcher erhält B. den Charakter eines obersten Gottes im indischen Panthéon, der allem Leben einhaucht und mit Wischnu, dem Erhalter, und Siwa, dem Zerstörer (s. Trimûrti), an der Spitze der zahlreichen Götter und des Universums steht. Seine Gattin ist Saraswatî (s. d.). Als Produkt der Abstraktion ist B. kein Gegenstand öffentlicher Verehrung; seinem Kultus waren niemals Tempel geweiht, er ist nur Gegenstand der frommen, andächtigen Betrachtung. Vgl. auch Roth, B. und die Brahmanen (in der "Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft", Bd. 1, Leipz. 1846); J. ^[John] Muir, Original sanskrit texts, Bd. 5 (Lond. 1872).

Brâhmanas, s. Weda.

Brahmanaspati, s. Brihaspati.

Brahmanen (Braminen, im Sanskrit Brâhmana), einst die Priesterkaste und der oberste Stand in Indien, jetzt zwar noch eine höchst einflußreiche Kaste daselbst, aber weder ausschließlich Priester noch der tonangebende Teil der Bevölkerung mehr. In der ältesten Zeit des indischen Volkes war der Hausvater zugleich Priester für sich und seine Familie, und die Opferpriester der Stammesfürsten, die Purôhitas, die schon in jüngern Wedaliedern auch B. genannt werden, bildeten noch keinen bevorzugten Stand. Als aber die Zahl der Gebete und Zeremonien wuchs, teils infolge der Verschmelzung einzelner Stammeskulte, teils durch die Entfaltung der phantastischen religiösen Anlage der Inder, gehörte ein eignes Studium dazu, um sie alle zu übersehen und gegenwärtig zu haben. Diese exklusive, förmlich gelehrte Kenntnis der göttlichen Dinge hat eine eigne Priesterkaste geschaffen, die schließlich in langwierigem Kampf mit Adel und Königtum, von dem sich z. B. im Mahâbhârata dunkle Erinnerungen erhalten haben, die Suprematie über das ganze indische Volk errang. Die theologische Doktrin der B. gipfelte in der Schöpfung der Lehre vom Brahma (s. d.); die B., die "Beter", haben das Geschäft und Privilegium ihres Standes, das Gebet, einerseits zum absoluten Ursein (das Brahma), anderseits zum höchsten Gotte (der Brahmâ) gestempelt und dadurch die alte Vorstellung von der alles bezwingenden Kraft des Gebets und Opfers auf den entschiedensten Ausdruck zurückgeführt (s. Brihaspati). Das Brahma entfaltet sich zur Welt; aus dieser Emanationslehre folgen die beiden Dogmen vom Weltübel und von der Seelenwanderung, welche den Kern der indischen Weltanschauung und die Grundlage der brahmanischen Hierarchie bilden, die in der ausgebildeten Rangordnung der Kasten (s. d.) ihre Vollendung fand. Im 6. Jahrh. v. Chr. trat der Buddhismus (s. d.) auf, der alle, ohne Unterschied der Kaste, zur Erlösung aus dem Kreislauf der Existenz zuließ. Die B. vermochten die Verbreitung der neuen, ungleich duldsamern Lehre nicht zu wehren; durch König Acoka im 4. Jahrh. v. Chr. wurde der Buddhismus Staatsreligion. Nach der Vertreibung der Buddhisten aus Vorderindien seit dem 7. Jahrh. n. Chr. nahm der Brahmanismus einen neuen Aufschwung, indem er manche Idee des Buddhismus zu der seinigen machte (s. Brahmanismus).

Unter den muselmanischen Herrschern war für die B. als geistliche Ratgeber keine Stelle mehr an den Höfen der Andersgläubigen. Die Beschäftigung mit den heiligen Schriften, einst ihre ausschließliche Aufgabe, vertauschen sie von nun an mit weltlichen Geschäften; in den von eingebornen Fürsten regierten Vasallenstaaten fungieren sie als Schreiber und Lehrer, an den Höfen als oberste Beamte. Uneigennützige Charaktere sind selten unter ihnen; auch in diesen Stellungen haben sie zu keiner Zeit versäumt, für sich zu sorgen, und derjenige Staat ist schlecht regiert, in welchem sie, wie in Gwalior (s. d.), die Regierung führen. Unter der englischen Herrschaft mußte der Einfluß der B. als Priester um so mehr schwinden, als diese keiner Religion Zuschüsse bewilligte und den Einfluß der Kaste zu brechen versuchte. Für den höhern Verwaltungsdienst eigneten sich die B. nicht; sie erkannten aber richtig ihre Ausgabe, besuchten die englischen Schulen, lernten Englisch und sicherten ihrer Kaste die niedern Beamten- wie die Lehrerstellen. Einige haben es in den neuen Lehrfächern schon zu solcher Meisterschaft gebracht, daß ihnen Lehrstühle der englischen Litteratur in Indien übertragen werden konnten. Als die fähigsten und intelligentesten Köpfe unter den Hindu werden die B. immer eine