Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Brandstiftungstrieb; Brandt

326

Brandstiftungstrieb - Brandt.

Eine schwere B. (§ 306) liegt vor, wenn das Verbrechen an einem zu gottesdienstlichen Versammlungen bestimmten Gebäude, oder an einem Gebäude, einem Schiff oder einer Hütte, welche zur Wohnung von Menschen dienen, oder an einer solchen Räumlichkeit verübt wurde, welche wenigstens zeitweise zum Aufenthalt von Menschen dient, und zwar zu einer Zeit, während welcher Menschen in derselben sich aufzuhalten pflegen. In einem solchen Fall tritt Zuchthausstrafe von 1 bis zu 15 Jahren ein. Dabei wird es aber noch als besonders schwere B. (§ 107) behandelt und mit Zuchthaus nicht unter 10 Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft, wenn a) der Brand den Tod eines Menschen verursacht hat, welcher sich zur Zeit der That in einer der in Brand gesetzten Räumlichkeiten befand, wenn b) die B. in der Absicht begangen worden ist, um unter Begünstigung derselben Mord oder Raub zu begehen oder einen Aufruhr zu erregen, oder wenn c) der Brandstifter, um das Löschen des Feuers zu verhindern oder zu erschweren, Löschgerätschaften entfernt oder unbrauchbar gemacht hat. Einfache B. wird mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren und, wenn mildernde Umstände vorliegen, mit Gefängnis bis zu 5 Jahren und nicht unter 6 Monaten bestraft, und zwar ist hier zwischen einer unmittelbaren und zwischen einer mittelbaren einfachen B. zu unterscheiden, je nachdem das in Brand gesetzte Objekt fremdes Eigentum oder Eigentum des Thäters selbst ist. In ersterer Beziehung liegt eine (unmittelbare einfache) B. (§ 308) vor, wenn Gebäude, Schiffe, Hütten, Bergwerke, Magazine, Warenvorräte, welche auf dazu bestimmten öffentlichen Plätzen lagern, Vorräte von landwirtschaftlichen Erzeugnissen oder von Bau- oder Brennmaterialien, Früchte aus dem Feld, Waldungen oder Torfmoore, welche fremdes Eigentum sind, vorsätzlich in Brand gesetzt werden. Gehören dagegen derartige in Brand gesetzte Gegenstände dem Thäter selbst eigentümlich zu, so wird eine B. nur dann angenommen, wenn jene Gegenstände ihrer Beschaffenheit und Lage nach geeignet sind, das Feuer einer der § 306 (s. oben) bezeichneten Räumlichkeiten oder einem der eben bezeichneten fremden Gegenstände mitzuteilen (mittelbare einfache B.). Es wird mithin nach dem deutschen Strafgesetzbuch nicht als B. betrachtet, wenn jemand seine eigne Sache anzündet, wofern dieselbe weder unter die Kategorie des § 306 fällt, noch geeignet ist, das Feuer fremden Gegenständen der bezeichneten Art mitzuteilen. Dagegen können in solchem Fall die Vorschriften des § 265 Platz greifen, wonach derjenige, der in betrügerischer Absicht, also namentlich, um eine Versicherungsgesellschaft zu benachteiligen, eine gegen Feuersgefahr versicherte Sache in Brand setzt, mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren und zugleich mit Geldstrafe von 150 bis zu 6000 Mk. und, wenn mildernde Umstände vorliegen, mit Gefängnis bis zu 5 Jahren und nicht unter 6 Monaten bestraft werden soll, neben welch letzterer Strafe noch auf Geldstrafe bis zu 3000 Mk. erkannt werden kann.

2) Fahrlässige (kulpose) B. liegt vor (§ 309), wenn ein Brand der im § 306 oder der im § 308 (s. oben) bezeichneten Art nicht in vorsätzlicher, sondern nur in fahrlässiger Weise herbeigeführt wird. Als Strafe ist Gefängnis bis zu 1 Jahr oder Geldstrafe bis zu 900 Mk. und, wenn durch den Brand der Tod eines Menschen verursacht worden ist, Gefängnis von 1 Monat bis zu 3 Jahren festgesetzt. In allen diesen Fällen ist aber im deutschen Strafgesetzbuch darüber, wenn das Verbrechen der B. vollendet sei, keine ausdrückliche Bestimmung gegeben, wie dies in manchen frühern Strafgesetzbüchern der Fall war. Es gehört zur Vollendung des Verbrechens nur, daß der betreffende Gegenstand "in Brand gesetzt" wurde. Ob ein solcher "Brand" wirklich vorgelegen, muß in jedem einzelnen Fall nach den besondern Umständen desselben festgestellt werden. Ferner ist noch die Bestimmung § 310 hervorzuheben, wonach bei jeder B. dann Straflosigkeit eintreten soll, wenn der Thäter den Brand, bevor derselbe entdeckt und ein weiterer Schade als der durch die bloße Inbrandsetzung bewirkte entstanden war, selbst wieder gelöscht hat. Endlich gehört auch noch § 311 hierher, welcher bestimmt, daß die gänzliche oder teilweise Zerstörung einer Sache durch Gebrauch von Pulver oder andern explodierenden Stoffen der Inbrandsetzung der Sache gleich zu achten sei. Vgl. Osenbrüggen, Die B. (Leipz. 1854); Jessen, Die Brandstiftungen in Affekten und Geistesstörungen (Kiel 1860).

Brandstiftungstrieb (Feuerlust, Pyromania), eine Neigung zum Feueranlegen, welche man aus einer krankhaften Seelenstimmung eigentümlicher Art erklären zu müssen geglaubt hat. Die Theorie, daß das menschliche Gehirn oder, wie man angenommen hat, die menschliche Seele einseitig erkranken könnte, so daß z. B. nur eine einzige Wahnidee oder ein einziger abnormer Trieb die ganze Geistesstörung ausmachte, während alle übrigen Gedanken und Impulse in völligem Ebenmaß sich abwickelten, diese Theorie der sogen. Monomanien und fixen Ideen ist von der modernen Psychopathologie als vollständig unhaltbar aufgegeben worden. Es kommt vor, daß Geisteskranke mancherlei Art, z. B. Epileptiker, Irre, welche an akuter Verrücktheit oder sogen. intermittierender Manie leiden, Idioten oder Blödsinnige im Endstadium des paralytischen Irreseins, einmal die Brandfackel in Haus und Gehöft ihres Nächsten schleudern, und daß sie dies aus einem krankhaft gestörten innern Impuls heraus thun; aber einen eigentlichen B., der eine Krankheit für sich ausmachte, gibt es nicht. Der erfahrene Irrenarzt wird ohne große Mühe bei einem Brandstifter, der aus krankhaftem B. Feuer angelegt hat, auch andre Störungen in der Sphäre des Denkens und Wollens aufdecken und wird ihn im Sinn unsrer modernen humanen Gesetzgebung dem Irrenhaus zuweisen; ebenso gewiß wird er aber den Verbrecher, der seine Schandthat durch das Vorgeben eines Triebes zur Brandstiftung zu entschuldigen sucht, entlarven u. ihn dem Richter zur Bestrafung ausliefern.

Brandt, 1) Sebastian, Dichter, s. Brant.

2) Heinrich von, preuß. General und Militärschriftsteller, geb. 1789 zu Lakiin in Westpreußen, studierte zu Königsberg die Rechte und trat 1807 als Fähnrich in die Armee. Nach dem Tilsiter Frieden verabschiedet, kämpfte er, nun Unterthan des Großherzogtums Warschau, als Offizier der neugegründeten Weichsellegion in Spanien und 1812 in Rußland. Im Oktober 1813 fiel er schwer verwundet in russische Gefangenschaft. Geheilt, ward er als nunmehriger russischer Unterthan bei der reorganisierten polnischen Armee angestellt. Als seine Heimat an Preußen zurückgegeben wurde, trat er 1816 als Kapitän in die preußische Armee, war längere Zeit Lehrer am Kadettenkorps und der allgemeinen Kriegsschule und wurde 1829 Major im Generalstab. 1831 bei dem an der polnischen Grenze aufgestellten Observationskorps mit mehreren Missionen betraut, schloß er 4. Okt. mit dem polnischen General Woroniecki die Übereinkunft ab, infolge deren die polnische Armee die Grenze überschritt und die Waffen niederlegte, und leitete dann auch die Übersiedelung der polnischen Offiziere