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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Branntweinbrennerei; Branntweinregal; Branntweinsteuer

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Branntweinbrennerei - Branntweinsteuer.

Dreißigjährige Krieg. Es wurden gegen den B. verschiedene Verbote erlassen, denen sämtlich die Ansicht zu Grunde lag, derselbe sei ein Gift. Gustav I. von Schweden warnte vor dem Gebrauch des Branntweins, Landgraf Philipp von Hessen verbot ihn 1524, und später geschah dasselbe in Frankfurt und Lüneburg. An manchen Orten war man dem Getreidebranntwein sehr abgeneigt, ja in Schwaben hielt man es für Sünde, aus Getreide B. zu erzeugen, weil dadurch "ein Essen in einen Trank verwandelt werde". Keine Flüssigkeit wurde in dem Maß verdammt, gegen keine mit solchem Eifer aufgetreten wie gegen den B.; dieser galt für die Ursache der meisten Verbrechen und Laster, er war ein Trank der Hölle, eine Erfindung des Teufels; Mäßigkeitsgesellschaften, kirchliche Missionsvereine, Traktätchen, Erbauungsschriften etc. bekämpften ihn. Die Neigung, namentlich des ärmern, schlecht genährten Mannes, B. zu trinken, läßt sich aber auf ganz bestimmte physiologische Verhältnisse zurückführen (s. Alkohol), und deshalb haben alle oben genannten Bemühungen sehr wenig, der steigende Wohlstand, die daraus folgende bessere Ernährung und namentlich die immer mehr um sich greifende Gewohnheit, Bier zu trinken, außerordentlich viel zur Beseitigung des Mißbrauchs, der mit dem B. getrieben wurde, beigetragen.

Branntweinbrennerei, s. Spiritus.

Branntweinregal (Branntweinmonopol), ausschließliches Vorrecht des Staats auf Fabrikation oder Verkauf von Branntwein. Dasselbe ist eine eigentümliche Form der Besteuerung des Branntweinverbrauchs. Das B. bestand früher in der Form des Handelsmonopols in Großrußland, der Verkauf von Branntwein durfte nur in den der Krone gehörigen Schenken stattfinden, deren Betrieb an den Meistbietenden auf je vier Jahre verpachtet wurde. Die Regierung kaufte den Branntwein von den Produzenten und verkaufte ihn wieder an die Pachter jener Schenken, die ihn aber nur um bestimmte Prozente teurer wieder verkaufen durften. Seit 1. Jan. 1863 ist an Stelle des Regals eine Branntweinsteuer eingeführt.

Branntweinsteuer. Eine in mehreren Ländern außerordentlich ergiebige Steuer ist die meist Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrh. eingeführte B. Der Branntwein, mit seinem großen Alkoholgehalt in kleinern Mengen genossen, verträgt eine höhere Belastung der Mengeneinheit als das Bier. Die Steuer wird, da sie sich in kleinere Summen zerlegt, leicht getragen. Dagegen ist die eine fortgesetzte Aufsicht erheischende Erhebung der B. mit großen Schwierigkeiten verknüpft, teils infolge davon, weil nicht allein die mannigfaltigsten Stoffe, sondern auch sehr verschiedene Fabrikationsmethoden bei der Branntweinbrennerei zur Anwendung kommen, teils auch, weil die Erzeugung in zahlreiche Betriebe zersplittert ist, vielfach als Nebenbetrieb andrer Wirtschaftszweige vorkommt und ebenso der Verkauf in einer großen Zahl von Verkaufsstätten, oft nur in kleinen Mengen, stattfindet. Die bei den meisten in der Praxis üblichen Besteuerungsmethoden mißliche Steuerrückvergütung wird dadurch erschwert, daß sie nicht allein bei der Ausfuhr, sondern auch vielfach bei Verwendung des Branntweins für technische Zwecke und zur Essigbereitung gewährt wird. Aus den genannten Gründen erweist sich auch eine Erhebungsform für sich allein als unzureichend; in den meisten Staaten werden darum mehrere Formen angewandt, welche sich nach Art und Umfang der Brennereien richten. Bald dient die Menge der Rohstoffe, bald die des Fabrikats, indem dieselbe direkt oder indirekt (z. B. aus dem Zuckergehalt, Art der Materialien, Leistungsfähigkeit der Apparate) ermittelt wird, als Grundlage der Besteuerung. Daneben kommen Abfindungen und Lizenzabgaben von der Erzeugung wie vom Verkauf vor. Im ganzen finden folgende Formen der Branntweinbesteuerung Anwendung:

1) Die Steuer von zu verarbeitenden Materialien:

a) von Rohmaterialien,

b) vom Malz.

2) Die Steuer nach der Leistungsfähigkeit von Werkvorrichtungen und zwar:

a) nach der für eine einmalige Verrichtung geschätzten Leistungsfähigkeit und nach der Zahl der Verrichtungen (Maischraumsteuer),

b) nach der Leistungsfähigkeit während eines gewissen Zeitraums ohne Rücksicht darauf, wie oft die besteuerten Vorrichtungen während dieses Zeitraums in Gang gesetzt sind (Pauschalierungssteuern). Hierbei sind zu unterscheiden die Maischraum-Pauschalierungssteuer und die Brennraum-Pauschalierungssteuer (Kesselsteuer, Blasenzins).

3) Fabrikatsteuern:

a) vom Fabrikanten für die kontrollierte Menge seines Fabrikats,

b) vom Ausschank für die wirkliche Menge des ausgeschenkten Branntweins.

4) Abfindung (Fixation):

a) mit dem Brenner auf Grund einer angenommenen Erzeugungsmenge,

b) mit dem Ausschänker auf Grund einer angenommenen Ausschankmenge.

Die Rohstoff-, Maischraum-, Maischbütten- oder Materialsteuer, welche bei mehlhaltigen Stoffen die Steuer nach dem Raum des Maischbottichs, bei zuckerhaltigen nach der direkt zu ermittelnden Menge der verwandten Stoffe auswirft, führt bei vorausgehender Deklaration der Pflichtigen zu eingehenden, oft lästigen Vorschriften über Zeit, Dauer und Umfang des Maischens. Wenn auch die für den Fiskus einfachere Kontrolle nicht so weit geht wie bei andern Methoden, so erstreckt sie sich doch meist über den ganzen Betrieb und kann dadurch für den Brenner sehr drückend werden. Die durch diese Steuer bewirkte Belastung ist eine ungleichmäßige, weil sie die Verschiedenheit der Materialien und deren ungleiche Ergiebigkeit überhaupt nicht oder nicht genügend berücksichtigen kann. Die Betriebsstätten, welche weniger ausbeutereiche Stoffe verarbeiten oder, wie beim Kleinbetrieb, weniger vollkommene Apparate verwenden, werden stärker getroffen als andre, insbesondere als die begünstigten großen Brennereien. Die Besteuerungsform reizt zu selbst unwirtschaftlichem Dickmaischen an und kann, da mit industriellem Fortschritt die Steuerlast gemindert wird, dazu führen, daß solche Vorteile mit Opfern erkauft werden, die an und für sich nicht am Platz sind. Endlich ist die Rückvergütung, welche bei der Ausfuhr oder bei für gewerbliche Zwecke erfolgender Denaturierung gewährt wird, schwer zu bemessen, wie es auch nicht leicht fällt, Steuer, Zoll und Übergangsabgabe in ein richtiges Verhältnis zu einander zu bringen.

Die Materialertragsteuer, welche die Steuer nach den fertigen Erzeugnissen bemißt, indem sie dieselben nach der amtlich ermittelten Menge der verwandten. Materialien nach gesetzlich bestimmten Sätzen berechnet, führt zu einer gleichmäßigern Besteuerung, ohne indessen der Verschiedenheit der Ausbeute je nach der Qualität und der Vollkommenheit der Apparate vollständig gerecht werden zu können. Die Blasensteuer (Blasenzins), welche das wahrscheinliche Ergebnis an Alkohol nach den bei der Brennerei ver-^[folgende Seite]