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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bräune

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Bräune (der Haustiere).

deln und Druck derselben auf den Kehlkopfeingang selbst Erstickungsgefahr eintreten. Die Dauer dieser Angina ist in der Regel 4-6 Tage. Es kann sich die Krankheit aber auch in die Länge ziehen, besonders durch allmähliches Überschreiten von einem Teil auf den andern. Bei leichtern Graden der Entzündung bedarf es keiner andern Behandlung als der oben bei der Schleimhautentzündung angegebenen. Nur bei sehr starker Schwellung der Mandeln und bei heftigen Schmerzen kann eine örtliche Blutentziehung (Blutegel äußerlich am Hals, Einschneiden der Mandeln) von Vorteil sein. Anfänglich läßt man den Kranken sich den Mund mit kaltem Wasser oder Alaunlösung fleißig ausspülen, ohne dabei zu gurgeln. Auch kleine Eisstückchen, in den Mund genommen, thun dem Kranken wohl. Die Eiterbildung in den Mandeln befördert man durch warme Breiumschläge um den Hals. Ist die Eiterbildung eingetreten, so thut man gut, den spontanen Ausbruch des Eiters nicht abzuwarten, sondern den Absceß frühzeitig mit dem Messer oder dem Fingernagel zu eröffnen. Im Anfang der Krankheit ist es zuweilen gut, ein Brechmittel zu geben; in den spätern Stadien befördert die Brechbewegung den Ausbruch der Mandelabscesse, was ja erwünscht ist. Wenn durch Druck der Mandelgeschwulst auf die Halsvenen eine Blutüberfüllung des Gehirns zu entstehen droht, so sind leichte Abführmittel angezeigt. S. Tafel "Halskrankheiten", Fig. 6.

3) Rachenkrupp und Diphtheritis, faulige oder brandige B., Angina maligna, s. Diphtheritis.

4) Die Angina Ludwigii ist eigentlich keine Krankheit der Rachengebilde, sondern eine eiterige Entzündung des Bindegewebes, welches die Muskeln der vordern Halsfläche umgibt. Die Gegend um den Kehlkopf fühlt sich derb an und ist schmerzhaft, die Kranken fiebern dabei (s. Phlegmone). Im Anfang der Krankheit setze man Blutegel an den Hals und bedecke diesen mit warmen Breiumschlägen. Sobald Eiterung eingetreten ist, soll man durch große Einschnitte in die Haut dem Eiter einen Ausweg bereiten. Wenn Erstickungsgefahr eintritt, so ist sofort die künstliche Eröffnung der Luftröhre vorzunehmen.

Die Bräune der Haustiere. Die Bräune kommt auch bei den Haustieren, namentlich bei Pferden und bei Schweinen, nicht selten vor. Sie tritt bei Pferden entweder als eine selbständige Krankheit auf (einfache B., Angina simplex), oder sie ist ein Bestandteil der Druse, bei welcher nicht selten die erste Affektion in der Schleimhaut des Schlundkopfes und des Kehlkopfes einsetzt (symptomatische B., Angina symptomatica). Krankheitserscheinungen sind: Fieber, Beschleunigung und Erschwerung des Atmens und Schlingbeschwerden. Die großen Haustiere stehen, die kleinen (Schweine und Hunde) sitzen mit gestrecktem und etwas gesenktem Kopf; die Nasenflügel werden beim Atmen lebhaft bewegt; der anfangs rauhe Husten erfolgt öfters freiwillig, ist durch Druck auf den Kehlkopf leicht hervorzurufen und dann mehr oder minder lange anhaltend, zuweilen krampfhaft. Bei Schweinen und Hunden tritt beim Husten nicht selten Würgen und Erbrechen ein, wobei jedoch nur etwas Schleim entleert wird. Das Kauen erfolgt langsam; hartes Futter wird gewöhnlich verschmäht. Beim Schlucken kommt bei Pferden ein Teil des Futters oder Getränks durch die Nase, bei Schweinen und Hunden durch das Maul zurück. Die Schleimhaut in der Nase und im Maul, namentlich an den Zahnrändern, sowie die Bindehaut des Auges sind gerötet und geschwellt. In den höhern Graden des Leidens ist das Fieber stark, das Atmen auffallend beschleunigt und erschwert, beim Einatmen ein röchelnder oder giemender oder pfeifender, in den höchsten Graden des Leidens kreischender Ton hörbar; der Blick ist stier; die Tiere zeigen große Angst, namentlich bei den zeitweise eintretenden Hustenanfällen; das Schlingen ist in hohem Grad behindert, so daß der zähe Speichel aus dem Maul abfließt und das aufgenommene Futter und Getränk fast vollständig durch Maul und Nase wieder zurückkommt. Die Schleimhaut in der Nase und im Maul ist hochrot, das Maul sehr heiß; die Ohrdrüsengegend ist angeschwollen, vermehrt warm und für Druck empfindlich, bei Schweinen gerötet. In manchen Fällen schwillt, namentlich bei Pferden, der obere Teil des Halses und der Kopf in kurzer Zeit unförmlich an. Dann treten gewöhnlich auch an andern Körperteilen Anschwellungen auf, das Fieber erreicht einen sehr hohen Grad; es zeigt sich eine große Schwache und starke Eingenommenheit des Kopfes; die Schleimhaut in der Nase erscheint hochrot gefleckt, wie mit Blut unterlaufen, wird öfters bald geschwürig; aus den Nasenlöchern fließt eine mißfarbige, selbst blutige, übelriechende und ätzende Flüssigkeit ab. In den gelindern Fällen tritt nach drei- bis viertägiger Krankheitsdauer Besserung ein; das Fieber läßt nach, das Atmen wird ruhiger, der Husten wird locker; es stellt sich Ausfluß von Schleim aus der Nase ein, und die Genesung ist 14 Tage bis 3 Wochen nach Beginn der Krankheit vollendet. In manchen Fällen bleibt jedoch ein trockner oder mit Auswurf verbundener Husten zurück und verliert sich zuweilen erst nach mehreren Monaten vollständig. In den ungünstig verlaufenden Fällen nimmt die Atemnot immer mehr zu, die Tiere zeigen immer größere Angst u. atmen durch das geöffnete Maul, die Schleimhäute, bei Schweinen auch die äußere Haut am Hals, nehmen eine bläuliche Färbung an, die Extremitäten werden kalt, und der Tod erfolgt durch Erstickung. Einen sehr bösartigen Verlauf hat regelmäßig die sogen. Milzbrandbräune (s. Milzbrand). Ähnliche Erscheinungen wie bei der B. finden sich, wenn ein fremder Körper im Schlund stecken geblieben ist, oder wenn eine Geschwulst am Halse sich entwickelt hat etc. Die Ursachen der B. sind: Erkältung, Einatmen kalter Luft oder reizender Stoffe, Genuß sehr kalten Wassers, mechanische oder chemische Reizung der Schleimhaut im Rachen durch fremde Substanzen im Futter oder im Getränk, Infektion durch Miasmen oder Kontagien. Bei der Kur ist das Wichtigste eine passende Diät. Die kranken Tiere müssen ruhig in einem mäßig warmen, zugfreien, aber gut zu lüftenden Raum gehalten und mäßig warm zugedeckt werden. Die Nahrung muß weich, leichtverdaulich und von guter Beschaffenheit sein und immer in kleinen Portionen gereicht werden; ebenso ist den Tieren oft wiederholt überschlagenes Getränk, reines Wasser oder dünner Kleientrank, zu bieten. Bei starken Schlingbeschwerden sind die großen Tiere mit Schrot- oder Kleientrank, Schweine und Hunde mit Mehl- oder Milchsuppen zu nähren. Die Gefäße, in denen Futter und Getränk gereicht wird, sind täglich mehrere Male von anhängendem Speichel oder Schleim zu reinigen. Die Kehlkopfs- und Ohrdrüsenpartie wird in den gelindern Fällen täglich zweimal mit Fett eingerieben und mit einem dicken wollenen Lappen oder mit einem Schaffell u. dgl. umhüllt; in den heftigern Fällen wird die Ohrdrüsenpartie an beiden Seiten scharf eingerieben (am besten mit Spanischfliegenöl) und dann mit einem wollenen Lappen locker eingehüllt. Zur Beförderung der Schleimabsonderung läßt man schwache Wasser-^[folgende Seite]