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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Braunschweig

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Braunschweig (Finanzen etc.; Geschichte).

Einnahmen: Mark

Überschuß vom Kammergut 2515600

Direkte Steuern 4521900

Indir. Steuern (netto, inkl. 2,228,700 Mk Reichssteuern) 4958400

Zinsen 2408000

Eisenbahnannuität 7875000

Lotterie-Intraden 3626400

Leihhaus-Intraden 1200000

Überschuß aus den Finanzjahren 1882/83 1521000

.

Ausgaben: Mark

Matrikularbeiträge 2349000

Staatsministerium 368000

Justiz 4015000

Finanzverwaltung 2147000

Polizei 1764000

Baukosten 2644000

Pensionen 2000000

Landesschuld 9150000

An die Klosterreinertragskasse 153000

Zu außerordentlichen Verwendungen 1665000

Dazu kommen noch der Etat der Kammerkasse, dessen Einnahmen (Domänenpachten, Forsten, Berg- und Hüttenwerke) 1885/87 zu insgesamt 7,033,450 Mk. und die Ausgaben zu 4,517,800 Mk. veranschlagt sind, und der Etat des vereinigten Kloster- und Studienfonds, dessen Reinertrag (1885/87 zu 5,352,800 Mk.) ausschließlich zu Kultus- und Unterrichtszwecken verwandt wird. Die Zivilliste mit jährlich 825,323 Mk. erfolgt aus der Kammerkasse. Die öffentliche Schuld belief sich 1885 auf: 1) Landesschuld 31,896,438 Mk. sowie 10 Mill. Thlr. in 20-Thalerlosen und 1,287,000 Thlr. in 3½proz. Obligationen, welche in Annuitäten von 1,219,740 Mk. bis 1924 getilgt werden, und 2) Kammerschuld 1,015,000 Mk.; wogegen an Aktivkapitalien vorhanden sind: 1) beim Staatshaushalt 20,197,000 Mk., 2) beim Kammerkapitalfonds 4,889,825 Mk. und 3) beim Klosterkapitalfonds 20,022,000 Mk. - Das herzogliche Kontingent gehört zum 10. Armeekorps und besteht aus dem Infanterieregiment Nr. 92 samt zugehörigen zwei Landwehrbataillonen, dem Husarenregiment Nr. 17 und der zum 10. Feldartillerieregiment gehörigen Batterie Nr. 6. Das Infanterieregiment steht seit dem Krieg mit Frankreich noch in Elsaß-Lothringen und ist einstweilen dem 15. Armeekorps zugeteilt. Das Herzogtum sendet zum Reichstag 3 Abgeordnete und ist im Bundesrat mit 2 Stimmen vertreten. Das einfache Wappen (s. Tafel "Wappen") ist ein springendes silbernes Pferd in rotem Felde (das alte Zeichen Niedersachsens). Vollständiger enthält es noch die Embleme für B. (zwei übereinander schreitende goldene, blau bewehrte Leoparden mit ausgeschlagenen blauen Zungen) und Lüneburg (einen blauen, rot bewehrten Löwen mit roter Zunge) mit der Inschrift: "Immota fides" und der Unterschrift: "Nec aspera terrent". Landesfarben sind Hellblau und Gelb. Orden: seit 1834 der Heinrichs des Löwen in vier Klassen, dazu noch zwei Klassen Verdienstkreuze; Kreuze: das für 25 Jahre Dienstzeit als Soldat. Außerdem mehrere Medaillen.

Geschichte.

Das heutige Herzogtum B. war ursprünglich ein Teil des alten Herzogtums Sachsen (s. d.), welches 1180 beim Sturz Heinrichs des Löwen (s. d.) geteilt wurde. Dieser behielt damals nur seine Allodialgüter B. und Lüneburg. Dies welfische Erbe beherrschten nach Heinrichs Tod (1195) seine Söhne Heinrich, Otto und Wilhelm erst gemeinschaftlich. Als sie 1203 zur Teilung schritten, erhielt Heinrich Hannover mit dem Land westlich von der Leine bis Göttingen, den westlichen Teil der lüneburgischen Lande und die nördlichen Gegenden mit Dithmarschen; Otto (als deutscher Kaiser Otto IV.) das eigentliche B. mit der Umgegend bis zur Leine und den Unterharz; Wilhelm den östlichen Teil des Lüneburgischen mit der Stadt Lüneburg, den Oberharz etc. Nachdem Wilhelm 1213 mit Hinterlassung eines Sohns, Otto des Kindes, Kaiser Otto IV. 1218 kinderlos und Heinrich 1227 mit Hinterlassung zweier Töchter gestorben waren, war Otto das Kind (s. d.) der einzige Stammhalter des welfischen Hauses. Derselbe hatte aber, weil die Töchter Heinrichs ihre Erbansprüche an den Kaiser Friedrich II. verkauft hatten, mit letzterm einen harten Kampf zu bestehen, der 1235 dadurch beigelegt ward, daß Otto das Schloß zu Lüneburg mit dem dazu gehörigen Gebiet dem Kaiser, dieser es aber dem Reich als "eigen" überließ, worauf der Kaiser aus der ihm verkauften Stadt B. mit Zubehör, aus dem Schloß zu Lüneburg nebst Gebiet, Burgen und Leuten ein Herzogtum schuf und den zum Reichsfürsten erhobenen Otto damit belehnte. Nach Ottos Tod (1252) regierten seine Söhne Albrecht (s. Albrecht 10) und Johann erst gemeinschaftlich, bis sie 1267 teilten, wobei Albrecht d. Gr. das Herzogtum B., Kalenberg und Göttingen mit dem Weserdistrikt und Harz, Johann aber das Herzogtum Lüneburg und die Städte Hannover und Celle erhielt. Die Stadt B. sollte in gemeinschaftlichem Besitz bleiben. Albrecht begründete die ältere braunschweigische, Johann die ältere lüneburgische Linie.

Die ältere braunschweigische Linie teilte sich nach des Gründers Tod (1279) abermals in drei Linien, indem dessen Söhne (1286) das Erbe teilten, wobei Heinrich Grubenhagen, Albrecht (der Feiste) Göttingen, Wilhelm Wolfenbüttel erhielt. Die erste Linie, Grubenhagen, bestand bis 1596, und zwar gelangte nach mehrmaligen Teilungen und Wiedervereinigungen der ihr zugehörigen Lande 1526 Philipp I. wieder zum Alleinbesitz derselben. Er führte 1534 die Reformation in seinem Land ein und trat dem Schmalkaldischen Bund bei. Sein Sohn Ernst war des Kurfürsten Johann Friedrich des Großmütigen von Sachsen treuer Gefährte und geriet mit diesem nach der unglücklichen Schlacht bei Mühlberg in die Gefangenschaft des Kaisers. Bald wieder ausgewechselt, trat er nach dem Tod seines Vaters (1551) die Regierung seines Landes an und ward ein trefflicher Regent. Als er 1567 kinderlos starb, folgten ihm seine Brüder Wolfgang und (seit 1595) Philippe II., mit welch letzterm 1596 die Linie Grubenhagen erlosch, worauf ihre Lande von Heinrich Julius von B.-Wolfenbüttel in Besitz genommen, später aber (1616) nach reichsgerichtlichem Erkenntnis an die Linie Celle abgetreten wurden.

Die von Albrecht dem Feisten gegründete Linie Göttingen erhielt 1292 infolge des Todes seines kinderlosen Bruders Wilhelm auch das Herzogtum B.-Wolfenbüttel; nur dauerte die Vereinigung beider Landesteile nicht länger als bis zum Tod seines ältesten Sohns, Ottos des Milden, 1344, in welchem Jahr die beiden jüngern, bisher von Otto bevormundeten Brüder desselben, Magnus und Ernst, abermals zwei Linien bildeten. Magnus erhielt Wolfenbüttel, Ernst Göttingen. Ernsts Sohn Otto der Quade (seit 1367) war mit Thüringen, Hessen, Wolfenbüttel und Göttingen in unglückliche Kämpfe verwickelt, hinterließ 1394 sein ausgesogenes Land seinem Sohn Otto dem Einäugigen (Cocles), der, Schützer der Städte und ihrer aufblühenden Macht, 1435 die Regierung an die Stände abtrat, die sie 1442 Wilhelm von Lüneburg übertrugen. Mit Otto erlosch 1463 die ältere Linie Göttingen.

Die Linie Wolfenbüttel, von Wilhelm, Albrechts d. Gr. drittem Sohn, gestiftet, verschmolz, wie erwähnt, schon 1292 mit der Linie Göttingen und ward erst durch den Teilungsvertrag zwischen Ottos des Milden jüngern Brüdern wieder eine selbständige