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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Búlgaris; Bulgarische Sprache; Bulge; Bulimia; Bulins; Bull

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Bulgaris - Bull.

Romane und das Werk "Rußland in historischer, statistischer, geographischer und litterarischer Hinsicht" (Petersb. 1837, 4 Bde.; deutsch von Brackel, Riga 1839-41, 3 Bde.), worin nur statistische Materialien und urkundliche Aktenstücke mitgeteilt werden; endlich seine "Memoiren" (Petersb. 1846-50, 6 Bde.; deutsch von Reinthal und Clemenz, Jena 1858-61, 6 Bde.), welche eine anschauliche Schilderung der Zustände Polens zur Zeit des Untergangs der Republik entwerfen. B. war unter der Regierung des Kaisers Nikolaus ein eifriger Diener der Reaktion und beherrschte die ganze litterarische Kritik, weshalb auch Puschkin und die ganze junge russische romantische Schule gegen ihn waren. Der Dichter Fürst P. A. Wjäsemskij bezeichnet ihn treffend als den "Ludwig XIV. der russischen Litteratur". Seine Verbindungen mit der geheimen Polizei und seine Unterstützung des Absolutismus gewährten ihm auf litterarischem Gebiet eine unbeschränkte Macht, die er zum Schaden der aufstrebenden Talente gut auszubeuten wußte.

Búlgaris, Demetrios, griech. Staatsmann, geb. 1801 in Hydra, folgte, kaum zum Jüngling herangereift, seinem Vater B. Bei 1812 in der Administration Hydras, wo er während des Freiheitskampfes eine sehr aufopfernde Thätigkeit bewies. 1831 nahm er teil an dem Sturz Kapo d'Istrias' und leitete einige Zeit die Verwaltung der Marine. Nach der Ankunft des Königs Otto trat er wegen eines Bruches mit der Regentschaft aus der Staatsverwaltung aus. Nach der Revolution von 1843 Mitglied des Senats, ward er 1848 unter Kanaris Finanzminister, trat indes 1849 zurück. Während des orientalischen Kriegs bildete er 1855 ein Kabinett und machte als Minister des Innern der Unordnung im Lande ein Ende, versöhnte die Großmächte und bewirkte die Aufhebung der Okkupation. Mit der Hofpolitik in Konflikt geraten, resignierte er 1857 und trat nun im Senat mehr und mehr als Haupt der Opposition gegen die bayrische Dynastie hervor. Beim Ausbruch der Revolution im Oktober 1862 rief das Volk B. zum Regenten aus; er stellte sich Kanaris und Rufos zur Seite und ernannte dann ein Ministerium. Aber im Februar 1863 erhob sich die Bergpartei in der Nationalversammlung, Anhänger von Grivas und Kanaris, erklärte sich unzufrieden mit B.' Mäßigung und brachte 20.-21. Febr. die Empörung eines Teils der Truppen wider ihn zu Wege. Da sich auch das übrige Heer anschloß, so wich B. mit Rufos und blieb mehrere Jahre dem öffentlichen Leben fern, stand aber 1865, 1872 und 1874-75 wieder an der Spitze des Ministeriums. B. starb 11. Jan. 1878 in Athen. - Sein Sohn Leonidas, geb. 1842, ist eins der hervorragendsten Parteihäupter in Griechenland und Freund von Komunduros. Er ist Anhänger Rußlands und agitierte 1877-78 eifrig für die Beteiligung am russisch-türkischen Krieg.

Bulgarische Sprache, zur südöstlichen Gruppe der slawischen Sprachen gehörige Sprache, deren Gebiet im Norden von der Donau, im Westen von Albanien, im Süden und Südosten von dem Sprachgebiet der Türken und Griechen begrenzt wird, während es im Nordosten bis an das Schwarze Meer reicht und auch noch Bessarabien und Teile von Südrußland umfaßt. Im ganzen wird dieselbe von etwa 6 Mill. Menschen gesprochen, von denen die Minderzahl der eigentlichen Bulgarei angehört. Als Altbulgarisch ist nach Schleicher u. a. das Kirchenslawische anzusehen, doch hatte diese älteste der slawischen Sprachen wahrscheinlich ein größeres und mehr nach Westen hin ausgedehntes Gebiet inne, und jedenfalls ist ihr das jetzige Bulgarisch sehr unähnlich geworden, indem es fast alle Deklinationsendungen, die Steigerungsform der Adjektiva und am Verbum den Dual, den Infinitiv und andre Formen verloren, anderseits sehr viel Fremdes aus den Nachbarsprachen aufgenommen hat. So teilt die jetzige b. S. mit dem Walachischen und Albanesischen die Anhängung des Artikels an das Ende der Substantiva, und ihr Wortschatz ist voll von türkischen, albanesischen, griechischen und rumänischen Eindringlingen. Grammatiken lieferten Christaki (1836), Wenelin (1837, in russischer Sprache), Riggs (Smyrna 1847, in englischer Sprache), Canckof (1852, deutsch); Grammatik und Lexikon Morse (Konstantinopel 1860, englisch); eine Chrestomathie Vazov u. Velitchkov (1884). Die neuere bulgarische Litteratur ist sehr jungen Datums, indem bis ins 19. Jahrh. herein die wenigen bulgarischen Schriftsteller sich der russischen Sprache zu bedienen pflegten. Das erste religiöse Erbauungsbuch in bulgarischer Sprache, dem verschiedene andre religiöse Werke gefolgt sind, gab Sofroni, Bischof von Wratscha, 1806 heraus. Volkslieder, den serbischen ähnlich, deren die Bulgaren einen reichen Schatz besitzen, finden sich nebst Übersetzung in der "Sammlung slawischer Volkslieder" von ?elakowsky (Prag 1822-27, 3 Bde.); eine neuere Übersetzung bulgarischer Volksdichtungen gab Rosen (Leipz. 1879), eine Auswahl mit französischer Übertragung Dozon heraus ("Chansons populaires bulgares", Par. 1875). Im J. 1843 begann in Odessa Aprilows "Bulgarischer Morgenstern" zu erscheinen; 1844 wurde die Zeitschrift "Philologia" begründet, und neuerdings ist die periodische Presse in rascher Zunahme begriffen (1875 zählte man bereits 14 Zeitungen in bulgarischer Sprache). Auch an selbständigen Werken ist jetzt kein Mangel mehr, doch sind sie meistenteils ohne originalen Wert. Erwähnenswert sind die historischen Arbeiten von Drinow, die Dichtungen von Slaweikow, die Novellen von Karawelow und die Memoiren einiger politischer Häupter, z. B. des Revolutionärs Panajot Hitow ("Die Balkan-Haiduken", übersetzt von Rosen, Leipz. 1878). Eine litterarische Gesellschaft, welche seit 1882 eine Zeitschrift herausgibt, besteht in Braila. Vgl. Jire?ek, Bibliographie de la littérature bulgare moderne 1800-1870 (Prag 1872); Jagi?, Sprache und Litteratur der Bulgaren (in der "Deutschen Rundschau" 1880).

Bulge (altdeutsch pulgâ), Wasserbehälter von Leder, Lederschlauch, dergleichen in Bergwerken zum Ausschöpfen von Wasser, zum Fortschaffen von Erzen etc. benutzt werden. Daher Bulgenkunst, ein ehedem gebräuchliches Wasserhebewerk, bei dem an einer über eine Scheibe gelegten Kette ohne Ende lederne Eimer hingen.

Bulimia (griech.), Heißhunger, auch Gefräßigkeit.

Bulins, Taue, welche, am stehenden Liek (senkrechten Saum) eines Raasegels befestigt, wenn das Schiff beim Wind segelt, das Liek nach vorn ziehen und steif in den Wind halten, damit dieser die Hinterfläche des Segels besser fasse, wenn er in einer dem Weg des Schiffs ungünstigen Richtung weht.

Bull (engl., "Stier"), in der Umgangssprache der Engländer eine Äußerung, deren lächerliche Pointe darin liegt, daß sie gegen den gesunden Menschenverstand verstößt. Besonders werden den Irländern unzählige Bulls aufgebürdet, und letztere sind in der That stark darin. Indessen darf ein B. nicht platte Dummheit sein, sondern muß irgend eine witzige Eulenspiegelei oder sonst überraschende Wendung ent-^[folgende Seite]