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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Chilifichte; Chilisalpeter; Chilka; Chillan; Chillicothe

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Chilifichte - Chillicothe.

der Nation sich auch durch äußern Wohlstand und Frieden der verklärten Natur kundgeben werde. Aus dieser prophetischen Perspektive griff das spätere Judentum mit Vorliebe die politische Seite heraus. Neben blutiger Rache an den Unterdrückern forderte man auch für die inzwischen verstorbenen Israeliten Anteil an dem Heil des Messiasreichs. So entstand der jüdische Volkstraum von einem theokratischen Weltreich, in welchem unter der sichtbaren Herrschaft des Messias das aus der Zerstreuung gesammelte und vom Tod erweckte Israel nach Zerstörung der Weltreiche, im alleinigen Dienst Jahves, über die Heiden herrschen werde. Es war eine psychologische Unvermeidlichkeit, daß, als sich die alttestamentliche Messiasidee im Christentum vollendete und verwirklichte, auch der chiliastische Volksglaube mit in die judenchristliche Zukunftshoffnung überging. Daher lehrt die Offenbarung des Johannes (20, 4), daß nach der Wiederkunft Christi seine standhaften Bekenner mit ihm auferstehen und 1000 Jahre herrschen werden. Der Bestimmung der Dauer liegt eine bereits den Juden geläufige Projektion der Schöpfungswoche in sechs oder sieben Jahrtausenden, näher eine Kombination des sogen. Hexaemeron mit Psalm 90, 4 (vgl. 2. Petr. 3, 8) zu Grunde, so daß die 1000 Jahre der Herrschaft der Heiligen dem Sabbat entsprechen. Gleichfalls aus der Johanneischen Offenbarung (20, 7 ff.) stammt die Vorstellung, daß am Ende der 1000 Jahre der Satan wieder los werden und seine letzten Kräfte gegen das Gottesreich aufbieten werde; erst nach seiner Vernichtung beginnt dann die ewige Seligkeit, das reine Jenseits, "ein neuer Himmel und eine neue Erde". In der Ausmalung der dieser letzten Katastrophe vorangehenden paradiesischen Glückseligkeit gab die urchristliche Phantasie, welche sich mit ihren Zukunftsahnungen jahrhundertelang in dem beschriebenen Rahmen bewegte, der jüdischen nichts nach. Noch bei Papias, dem bis in die Mitte des 2. Jahrh. lebenden Bischof von Hierapolis, finden wir angebliche Aussprüche Jesu über die monströse Fruchtbarkeit der Natur im Tausendjährigen Reich, über die Vortrefflichkeit seiner Weinstöcke etc. und innerhalb der ersten Hälfte desselben Jahrhunderts ist der dem Apostelschüler Barnabas zugeschriebene Brief entstanden, welcher jene Herleitung des C. aus dem Sechstagewerk ausdrücklich enthält (Kap. 15). Nicht minder begegnen uns die Grundzüge der chiliastischen Weltanschauung auch bei Cerinth und sämtlichen Richtungen der Ebioniten, im "Hirten des Hermas" und in den Sibyllinischen Büchern, welche wenn auch nicht den Namen, doch die Sache enthalten und zwar vermischt mit heidnischen Bildern aus dem Idyll des goldenen Weltalters. Justin der Märtyrer sieht im C. den Schlußstein der orthodoxen Lehre; der 190 schreibende Bischof Irenäus erweist Recht und Wahrheit des C. aus Schrift und Tradition, Tertullian aus der neuen Prophetie des Montanismus. Gerade diese Richtung aber führte durch ihre schwärmerische Übertreibung eine Ernüchterung innerhalb der Kirche herbei, und um 200 tritt in dem römischen Presbyter Cajus der erste Bekämpfer des C. auf. Mit noch größerm Erfolg trat Origenes von seinen spiritualistischen Voraussetzungen aus gegen die sinnliche Zukunftserwartung auf. Tauchen seither auch noch von Nepos und Korakion bis auf Methodius und Lactantius einzelne Anhänger des C. in der Kirche auf, so war doch dessen unaufhaltsame Niederlage durch die seit Konstantin politisch veränderte Stellung der Kirche besiegelt. Sobald die siegreiche Kirche sich auf dem Boden dieser Erde es wohnlich gemacht hatte, machte sie sich mit dem Gedanken vertraut, das Tausendjährige Reich sei schon mit dem Christentum selbst gekommen, und Augustin erhob diese Auffassung zur herrschenden. Seitdem sehen wir chiliastische Meinungen in der Kirche nur sporadisch auftauchen, wie gegen das Ende des ersten christlichen Jahrtausends. Um so mehr gaben sich unter den mit der päpstlichen Hierarchie unzufriedenen Sekten, die durch Verfolgungen zu fanatischen Hoffnungen aufgeregt wurden, jeweilig auch chiliastische Anschauungen kund. S. Evangelium, ewiges. Zur Zeit der Reformation aber standen neue Propheten des Tausendjährigen Reichs auf, welche durch radikale Wiedergeburt der verderbten Welt dem Kommen Christi die Bahn brechen wollten. Die Reformatoren selbst teilten zwar den Glauben an die Nähe des Weltendes, verwarfen jedoch schon in der Augsburgischen Konfession (Art. 17) die Zurüstungen der Anabaptisten auf die nahe Offenbarung Christi und deren Errichtung eines neuen Zion als jüdische Träumerei. Hauptherd des C. wurden dagegen die Sekten der reformierten Kirche in England, Holland und später besonders in Amerika. Auch die Theosophie Valentin Weigels (gest. 1588), Jakob Böhmes und der Rosenkreuzer nährte sich von chiliastischen Hoffnungen; gleichzeitig brachte die Diaspora der Böhmischen und Mährischen Brüder chiliastische Propheten hervor, deren Weissagungen Comenius, selbst Chiliast, sammelte. Da Spener nicht unbedingt in das Verdammungsurteil der Orthodoxie über den 1692 als Chiliast abgesetzten Petersen einstimmte, kam er selbst in den Verdacht des E. Sicher ist, daß der Pietismus sich aufs neue mit großer Liebhaberei der Erklärung der Johanneischen Offenbarung als eines prophetischen Kompendiums der Kirchengeschichte annahm und auf diese Weise auch den C. wieder zu Ehren brachte, dem endlich J. A. ^[Johann Albrecht] Bengel (s. d.) das Bürgerrecht in der protestantischen Theologie eroberte. Dieser neuere C. betont übrigens im Gegensatz zum alten mehr den Begriff der Verklärung; namentlich brachte ihn der geistvolle Theosoph Ötinger in Verbindung mit seinem Thema von der Geistleiblichkeit. Die Irvingianer gründeten 1832 ihre apostolische Kirche auf das Feldgeschrei, daß das Reich der Herrlichkeit nahe sei; andre Schwärmer, besonders aus Württemberg, wanderten in ähnlichem Glauben nach dem Morgenland, und die Mormonen haben den Grund zum neuen Zion am Salzsee gelegt. Vgl. Corrodi, Kritische Geschichte des C. (2. Aufl., Zürich 1794, 4 Bde.).

Chilifichte, s. Araucaria.

Chilisalpeter, s. Salpetersaures Natron.

Chilka (spr. tschil-), See, s. Tschilka.

Chillan (spr. tschiljan, San Bartolomeo de C.), Hauptstadt der Provinz Nuble in der Republik Chile, liegt in einer fruchtbaren Ebene, 5 km vom Nublefluß entfernt, 214 m ü. M., ist unansehnlich, hat aber lebhaften Handel und (1875) 19,044 Einw. Ein Erdbeben zerstörte die Stadt 1751, und sie ist häufigen Überschwemmungen ausgesetzt. Ehedem war sie Mittelpunkt der Missionsthätigkeit der Jesuiten. Südöstlich davon im Andesgebirge liegen, 2217 m ü. M., in hochromantischer Umgebung und beim Vulkan von C. (2879 m) die für sehr wirksam geltenden Banos de C., mit Badeeinrichtungen.

Chillicothe (spr. schillikohth), 1) Stadt im nordamerikan. Staat Ohio, Grafschaft Roß, im fruchtbaren Thal des Scioto gelegen, in der Nähe der Steinkohlen- und Eisengruben des südlichen Ohio, hat schöne, breite Straßen und (1880) 10,938 Einw. Die Stadt ward 1796 angelegt. -

2) Hauptstadt der Grafschaft

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