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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Choisy le Roi; Chok; Chokand

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Choisy le Roi - Chokand.

eingeleitet; doch floh er nach Rußland und wurde von Katharina II. ehrenvoll aufgenommen. Paul I. ernannte ihn zum Staatsrat, zum Direktor der Kunstakademie und zum kaiserlichen Bibliothekar. Nach Alexanders I. Thronbesteigung (1801) kehrte er nach Frankreich zurück und lebte nur den Wissenschaften. Vielen jungen Gelehrten gewährte er Schutz und Hilfe. Nach der Restauration wurde er Pair von Frankreich, Staatsminister und Mitglied des Kabinettsrats. Er starb 20. Juni 1817. Seine wertvolle Sammlung von Altertümern wurde mit dem Museum im Louvre vereinigt; eine neue Ausgabe seiner "Voyage pittoresque", von Miller und Hase besorgt, erschien Paris 1840-42.

Choisy le Roi (spr. schoasi lö roa), Stadt im franz. Departement Seine, Arrondissement Sceaux, am linken Ufer der Seine und an der Orléansbahn, 11 km von Paris, mit Landhäusern und vielen Fabriken, namentlich in Fayence und Porzellan, Tuch und Filz, Glas, Chemikalien etc., und (1876) 5819 Einw. Am Friedhof Grabmal von Rouget de l'Isle. C. war 30. Sept. 1870 Schauplatz eines Kampfes gegen französische Ausfallstruppen, welche vom General Vinoy kommandiert wurden und gegen die Positionen des 6. Armeekorps vergebliche Angriffe machten. Ferner richtete sich ein Ausfall in der Nacht vom 28. zum 29. Nov. gegen C., wobei es den Franzosen gelang, sich des Bahnhofs für einige Zeit zu bemächtigen.

Chok (franz. Choc, spr. schock), eigentlich der gewaltsame Zusammenstoß zweier Körper, daher das gewaltsame Anrennen einer Reiterlinie. Soll der C. wirksam sein, so muß er mit der höchsten Vehemenz ausgeführt werden. Der Anlauf zum C. in voller Karriere beginnt erst etwa 80 m vom Feinde. Die Reiter halten den Degen oder Säbel weit vorgestreckt (Auslage vorwärts), die Ulanen führen den C. mit eingelegter Lanze aus. Kavallerie in Kolonne geht zum C. meist nur im Galopp, in Linie stets in der Karriere; vgl. Attacke.

Chokand (Kokan), ehemaliges Chanat in Zentralasien, das 1876 als Provinz Ferghana (s. d.) dem russischen Generalgouvernement Turkistan einverleibt wurde, grenzte im O. an die chinesische Tatarei, im W. an Bochara, im N. an die Große Horde der Kirgisen, im S. an Karategin (s. Karte "Zentralasien"). Nach der großen Invasion der Mongolen kamen auch hier die Uzbeken zur Herrschaft. Timur entthronte die Nachkommen von Dschengischan; seine Nachkommen regierten lange, Baber war der letzte. Als dieser von Obeidullah (1511) geschlagen war, verlor C. seine Selbständigkeit, welche es erst nach dem Sturz der Scheibaniden (s. Bochara) wiederherstellte. Unter der schlaffen Regierung der letzten Aschtarchaniden (s. d.) waren die Herrscher Chokands nur wenig oder gar nicht beunruhigt. Mit dem Auftreten des Hauses Mangit (s. d.) änderte sich aber das Verhältnis. Emir Maasum führte wegen Chodshent einen blutigen Krieg, und sein Enkel Nasrullah suchte sich Chokands zu bemächtigen, dem Mehemmed Ali Chan von C. durch Grenzerweiterung und durch Hebung des innern Wohlstandes einen gewissen Glanz verliehen hatte. Dieser aber ergriff 1841 selbst die Offensive, indem er die bocharische Garnison aus Ura Tjube vertrieb. Nasrullah nahm die Stadt wieder, machte sich aber durch seine Grausamkeit die Bewohner zu bittern Feinden. Kaum war er wieder in Samarkand, als letztere im Einverständnis mit den Chokandern die bocharische Besatzung niedermachten. Nasrullah kehrte sofort zurück, Mehemmed Ali, der zur Überwachung der bereits am Sir Darja aufwärts rückenden Russen einen großen Teil seiner Streitkräfte verwenden mußte, wurde bei Chodshent geschlagen, mußte die Suzeränität Nasrullahs anerkennen und Chodshent mit vielen andern Orten abtreten. Sein Bruder und Thronrival wurde zum Gouverneur der eroberten Provinz ernannt. Bald aber versöhnten sich die Brüder, und Chodshent mit den übrigen Orten vereinigte sich abermals mit C. Sofort brach Nasrullah wieder auf, Mehemmed mußte fliehen, wurde aber bei Mergolan eingeholt und samt seinem Bruder und zwei Söhnen in der eignen Hauptstadt hingerichtet. Der Emir kehrte nach Bochara zurück und ließ eine Garnison in der eroberten Stadt. Bis dahin waren die Kiptschaken ruhige Zuschauer gewesen. Durch den Übermut der Bocharen indessen gereizt, bemächtigten sie sich bald der Stadt und setzten Schir Ali Chan, einen Sohn Mehemmeds, auf den Thron. Wieder rückte ein bocharisches Heer ein, dessen Anführer Musulman Kul aber gemeinsame Sache mit den Chokandern machte. Ein zweites Heer gelangte nur bis nach Ura Tjube, indem der Tod des Emirs (1860) dem Krieg ein Ende machte. Musulman Kul riß nun die Herrschaft in C. an sich, wurde aber bald beiseite geschafft und der dritte Enkel Mehemmed Alis, Chudajar Chan, an seine Stelle gesetzt. Dieser erlitt von den Russen eine Niederlage nach der andern. Chudajar wurde von seinem ältern Bruder, Molla Chan, entthront und zur Flucht nach Bochara genötigt, aber von Mozaffar ed din, jetzt Emir von Bochara, nach Ermordung Molla Chans wieder eingesetzt. Indes kam es bald zur Teilung. Der Schützling der Kiptschaken, Schamurad, älterer Bruder Chudajars, erhielt den Osten des Chanats von Oosch bis Mehrem, während der Norden von Ura Tjube bis über Taschkent hinaus Chudajar zufiel, der seine Residenz in Samarkand nahm. Dem Vorschreiten der Russen einen Damm entgegenzusetzen, vermochte C. nicht: 1864 fiel die Stadt Turkistan in ihre Hände, dann Tschemkent und Taschkent, ohne daß die Kiptschaken Chudajar beigestanden hätten. Jetzt nahm sich der Emir von Bochara seines Schützlings an: er züchtigte zunächst die Kiptschaken, eroberte das östliche C. und setzte Chudajar hier als Chan ein. Gegen die Russen aber verlor er die Schlacht bei Jirdschar 20. Mai 1866, bald fiel auch Chodshent. Chudajar mußte die Thalgegend des Sir Darja von Mehrem ab abtreten, seine Städte den Russen öffnen und eine Kriegskontribution zahlen. Die äußere Politik wurde ausschließlich von Taschkent aus geleitet, in den innern Angelegenheiten blieb er indes sein eigner Herr. Infolge seiner Bedrückungen empörte sich jedoch 1875 sein Volk und zwang ihn, auf russisches Gebiet zu fliehen; an seiner Stelle wurde sein Sohn Nassr ed din von dem Kiptschaken Abdurachman zum Herrscher von C. eingesetzt. Darauf überschritten die Aufständischen die russische Grenze. Aber das Gefecht bei Teljan, die Einnahme der Feste Machram und von Kokan zwangen Nassr ed din zur Abtretung des rechten Ufers des Sir Darja von der russischen Grenze bis zum Naryn. Bald brachen aber im südlich des Sir Darja gelegenen Gebiet Unruhen aus, die sich selbst in dem nunmehr russischen Territorium ausbreiteten. Pulat Bek wurde von Abdurachman zum Chan ausgerufen, nach der Einnahme von Andydjan 20. Jan. 1876 jedoch mit diesem gefangen genommen und die Ruhe wiederhergestellt. Nassr ed din kehrte als Chan zurück, geriet jedoch bald wieder in die Hände der russenfeindlichen Partei und verpflichtete sich sogar, den Krieg von neuem zu beginnen. Daraufhin

^[Artikel, die unter C vermißt werden, sind unter K oder Z nachzuschlagen.]