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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Cholera des Geflügels; Choleriker; Cholerine; Choles; Cholesteatom; Cholesterin; Cholet; Choliambus

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Cholera des Geflügels - Choliambus.

fieberhafte Erkrankungen an, welche gewöhnlich mit schweren Symptomen von seiten des Nervensystems verbunden sind, einen typhusähnlichen Charakter tragen und deshalb mit dem Namen des Choleratyphoids bezeichnet zu werden pflegen. Am häufigsten läßt sich die unter dem Bilde des Choleratyphoids verlaufende Nachkrankheit auf eine akute Entzündung der Nieren zurückführen, wobei ein stark eiweißhaltiger Harn sehr geringer Menge oder überhaupt gar kein Harn abgeschieden wird. Der Puls ist dabei frequent, oft doppelschlägig, und regelmäßig ist starkes Fieber vorhanden. Die Kranken klagen über heftigen Kopfschmerz, bekommen von neuem Erbrechen; es stellen sich Zuckungen der Muskeln, dann Unbesinnlichkeit, Schlafsucht und endlich der Tod ein. Nur selten wird ein Patient gerettet, welcher unter dem Bilde des Choleratyphoids erkrankt war.

Die Behandlung beginnt wie für ganze Völker, so auch für den Einzelnen mit Vorsichtsmaßregeln. Wer zum Verharren in einem bedrohten oder schon befallenen Bezirk gezwungen ist, hüte sich streng vor Diätfehlern, vor Erkältung, großen Strapazen, kurz vor allen Schädlichkeiten, welche geeignet sind, den Körper zu schwächen und in seiner Widerstandsfähigkeit zu beeinträchtigen. Auch Gesunde müssen eine wollene Leibbinde tragen und bei den geringfügigsten Klagen sofort ärztliche Hilfe nachsuchen.

Speisen und Trinkwasser sollten nur nach gründlichem Kochen genossen werden. Ist die C. zum Ausbruch gekommen, so kann sich in Ermangelung eines wirksamen Mittels gegen den Kommabacillus selbst die Behandlung nur gegen die Symptome richten. Gegen die Durchfälle ist das beste Mittel die Opiumtinktur. Besteht trotz wiederholter Gaben von Opium der Durchfall fort, so empfehlen manche Ärzte, Kaltwasserumschläge auf den Unterleib zu applizieren, welche aber nicht warm werden dürfen, also oft erneuert werden müssen. Gegen die Bluteindickung muß man den Kranken kleine Portionen eiskalten Wassers oder kleine Eisstückchen in kurzen Pausen verschlucken lassen. Hierdurch werden dem Patienten auch die Qualen des Durstes am meisten gelindert. Sobald der Puls sehr klein wird und der Kranke sichtlich verfällt, ist der Gebrauch von Reizmitteln gegen die drohende Herzlähmung dringend angezeigt. Ein vortreffliches Reizmittel ist in Eis gestellter Champagner; auch Rum oder Arrak, mit Wasser verdünnt, starke Weine u. dgl. thun gute Dienste. Auch kann man abwechselnd mit der Darreichung von Eis oder Eiswasser von Zeit zu Zeit eine Tasse starken heißen Kaffees reichen. Die Transfusion von Blut oder Kochsalzlösung hat sich nicht bewährt. - Zur Abwehr der C. hat Ferran, ein Arzt zu Tortosa in Spanien, während der Epidemie von 1885 Impfungen von Cholerapilzen in die Haut und die Muskeln Gesunder in Anwendung gebracht. Die Impfungen wurden in Spanien in großem Umfang unter Protektion der Regierung mit angeblich gutem Erfolg ausgeführt. Außerhalb Spaniens brachte man der Ferranschen Methode großes Mißtrauen entgegen, weil dieselbe geheim gehalten wurde und selbst den wissenschaftlichen Kommissionen, welche von Paris und Brüssel zur Prüfung an Ort und Stelle gesandt worden waren, jeder Einblick in das Geheimnis verschlossen blieb. Überdies wurde die Statistik über die Impfwirkung in Alcira von dem Brüsseler Abgesandten van Ermengem für völlig unzuverlässig erklärt. - Eingehendere Belehrung über die C., namentlich über die epidemiologische Seite derselben, findet man bei Griesinger, Infektionskrankheiten (Erlang. 1864), dann in zahlreichen Aufsätzen und Schriften von Pettenkofer (in der "Zeitschrift für Biologie" u. a. O.); höchst lesenswert ist Pettenkofers Ansprache an das Publikum: "Was man gegen die C. thun kann" (Münch. 1873). Endlich sei auf die Denkschrift der Cholerakommission für das Deutsche Reich (Berl. 1873) und den von derselben aufgestellten Untersuchungsplan zur Erforschung der Ursachen der C. und deren Verhütung hingewiesen. Vgl. auch Pettenkofer, Über den gegenwärtigen Stand der Cholerafrage (Münch. 1873); Schneider, Verbreitung und Wanderung der C., graphisch dargestellt (Tübing. 1877); Bellew, History of the c. in India 1862-81 (Lond. 1884); Cuningham, Die C. Was kann der Staat thun, sie zu verhüten? (mit Vorwort von Pettenkofer, Braunschw. 1885). Die neuesten Arbeiten Kochs über die C. sind bisher nur in medizinischen Zeitschriften (der "Deutschen medizinischen Wochenschrift" 1884 u. a.) enthalten.

Cholera des Geflügels, s. Hühnercholera.

Choleriker, Mensch mit cholerischem Temperament (s. Temperament).

Cholerine, s. v. w. Brechdurchfall, s. Cholera, S. 61.

Choles (spr. tscho-) ein Indianervolk im Staat Panama, zum Mayastamm gehörig, bewohnt die Küste im S. des Golfs von Darien, wo es seine Wohnungen am Wasser auf Pfählen 2-2,5 m über dem Boden zu bauen pflegt, und ist durch Sprache und Lebensweise von den übrigen Indianern des Isthmus verschieden.

Cholesteatom (griech., Perlgeschwulst), Balggeschwulst, welche wesentlich Cholesterin enthält, vom äußern Gehörgang in das Felsenbein vorwächst und leicht durch Entzündung der Gehirnhäute tödlich wird. Anatomisch ist das C. ein Grützbeutel.

Cholesterin (Cholestearin, Gallenfett) C26H44O findet sich in der Galle der höhern Tiere, in den Gallensteinen, im Gehirn, Rückenmark, Blut, Eigelb, in den Exkrementen, im Eiter, im Cholesteatom, dann aber auch in Erbsen, Bohnen, Mandeln, im Mandel- und Olivenöl, im Getreide und wahrscheinlich sehr verbreitet in Samen, Blüten und im jungen Pflanzengrün; man erhält es aus den mit Wasser ausgekochten Gallensteinen durch Ausziehen mit Äther. Es bildet farblose, perlglänzende Kristalle, ist geschmack- und geruchlos, unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol, Äther und fetten Ölen, schmilzt bei 145°, destilliert bei 360° und verhält sich chemisch wie ein Alkohol; bei der Oxydation liefert es Cholesterinsäure, welche auf gleiche Weise aus Gallensäuren erhalten wird. Über die Rolle, welche das C. im Organismus spielt, ist nichts Sicheres bekannt.

Cholet (spr. scholä), Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Maine-et-Loire, in angenehmer Lage an der Moine, Station der Orléansbahn, mit (1881) 13,921 Einw., hat ein Collège, ein Handelsgericht und eine sehr blühende Industrie in Batist und feiner Leinwand (insbesondere Sacktücher), Baumwollstoffen, Flanell etc., deren Betrieb sich nicht auf die Stadt beschränkt, sondern noch auf mehr als 120 Gemeinden der Umgegend sich erstreckt und im ganzen 50-60,000 Arbeiter beschäftigt. Außer mit seinen Geweben treibt C. starken Handel mit Vieh, wovon jährlich 100,000 Stück nach Paris versendet werden. Im Vendéekrieg war C. mehrmals der Schauplatz blutiger Auftritte. Die Umgend enthält verschiedene sogen. Druidendenkmäler (Peulven).

Choliambus (griech., "hinkender Iambus", auch Skazon), ein aus dem sechsfüßigen Iambus ent-^[folgende Seite]

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