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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Cholin - Chomjakow.

standenes Versmaß, in welchem statt des erwarteten letzten iambischen Fußes ein Trochäus oder Spondeus eintritt, wodurch er eine hinkende, besonders für das Komische geeignete Bewegung erhält. Catull und Martial wenden den C. häufig an. Schema:

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Ich hatt' ein Liebchen, das auf einem Aug' schielte (Rückert).

Erfinder des C. soll der griechische Satiriker Hipponax (540 v. Chr.) sein.

Cholin, s. Galle.

Cholm, Stadt im russ. Gouvernement Pskow, an dem sich hier mit dem Kunoi verbindenden und in den Ilmensee fallenden schiffbaren Lowatfluß, an den äußersten Vorbergen des Waldaiplateaus, mit (1882) 5448 Einw., welche blühenden Handel mit Vieh, trocknen Fischen, Cerealien, besonders Flachs und Hanf, betreiben.

Cholmogory ("Hügelberge"), alte Stadt im russ. Gouvernement Archangel, in hügeliger Gegend am westlichen Ufer der Dwina, 119 km von der Mündung des Stroms entfernt, hat mehrere Kirchen, eine Navigationsschule, ein Kreisgericht, einen kleinen Kaufhof und (1881) 1074 Einw., die Fischerei, Viehzucht und Handel treiben. C. ist Geburtsort des Dichters Lomonossow, dem hier ein Denkmal errichtet ist.

Choloepus, Faultier.

Cholos (spr. tscho-), in Peru Name der Mestizen oder Mischlinge von Weißen und Indianern. Sie bilden nächst den Indianern die zahlreichste Bevölkerungsklasse des Landes und bewohnen namentlich die größern Dörfer und Provinzialstädte. Ihrem physischen Charakter nach scheinen sie im allgemeinen unter den Indianern und auch unter den Mischlingen der afrikanischen Rasse zu stehen; hinsichtlich der Farbe sind sie sehr verschieden, je nach dem Mischungsverhältnis des Bluts (s. Peru). Im Norden der Argentinischen Republik wurden zur spanischen Zeit die Mestizen als C. bezeichnet.

Cholosen (griech.), alle mit Gallenresorption verbundenen Krankheiten.

Cholsäure, s. Gallensäuren.

Cholui, Marktflecken im russ. Gouvernement Wladimir, Kreis Wjasniki, an der großen Straße von Moskau über Wladimir nach Nishnij Nowgorod, hat eine griechische Hauptkirche, einen großen Kaufhof und (1879) 2172 Einw., welche sich vorzugsweise mit dem Malen von Heiligenbildern (jährlich ½ Mill. Stück) beschäftigen. Berühmt ist C. durch seine vier großen Jahrmärkte, von denen der erste (8. Juli) gewissermaßen als Vorläufer des Nishnij Nowgorodschen Weltmarktes, der zweite (30. Aug.) als Abschluß desselben bezeichnet werden kann.

Cholúla (spr. tscho-, San Pedro), Stadt im mexikan. Staat Puebla, 10 km westlich von Puebla, 2138 m ü. M., war zur Zeit der Eroberung des Landes durch Cortez eine der blühendsten Städte der Azteken und der Hauptsitz des mexikanischen Religionskultus, mit mehr als 400 Tempeln und mindestens 150,000 Einw. Jetzt ist die Stadt ein kleiner, mit schönen Agavenpflanzungen umgebener Ort mit (1877) 8973 Einw., nur merkwürdig durch die in eigentümlichem Stil (wahrscheinlich von Cortez) erbaute Kirche von San Francisco und den berühmten Teokalli ("Gotteshaus") von C., das riesenhafteste architektonische Monument aus der Aztekenzeit. Dasselbe war zu Ehren des Gottes Quetzacoatl errichtet und bildet eine abgestumpfte, aus vier Abteilungen übereinander bestehende Pyramide von 54 m Höhe mit einer Grundfläche von 11 Hektar. Das Material sind ungebrannte Backsteine. Auf der 4200 qm großen Plattform der Pyramide waren tempelähnliche Gebäude errichtet; jetzt steht in der Mitte derselben eine von Cypressen umgebene Kirche der Lieben Frau de los Remedios. Der Platz gewährt eine entzückende Aussicht auf die Vulkane von Puebla und den Pik von Orizaba.

Choluteca (spr. tscho-), Departementshauptstadt im zentralamerikan. Staat Honduras, an dem schiffbaren Fluß gleichen Namens, 60 km oberhalb dessen Mündung in die Fonsecabai, mit Handel und 4000 Einw.

Chômage-Versicherung (franz. chômage, spr. schomahsch', das Feiern, Stillestehen, Unbeschäftigtsein) nennt man die Versicherung gegen die Verluste, welche neben dem direkten, die Versicherungsgesellschaften zum Ersatz verpflichtenden Schaden durch die aus letzterm entstandene Störung im Geschäftsbetrieb dem Versicherten erwachsen. Sie hat sich in Frankreich herausgebildet und von da nach Italien, Belgien etc. verbreitet, in Deutschland aber noch sehr wenig Platz gegriffen. Sie wird bis jetzt nicht als selbständige Versicherung, sondern nur als Erweiterung andrer Versicherungen, insbesondere der Feuerversicherung, doch auch der Unfallversicherung, eingegangen.

Chomer (hebr., "Haufe"), Hohlmaß der alten Hebräer für trockne und flüssige Dinge, 10 Baths enthaltend. Luther übersetzt bald Malter, bald Scheffel, bald behält er den Namen C. bei.

Chomjaków, Alexei Stepanowitsch, russ. Dichter, geb. 1. Mai (a. St.) 1804 zu Moskau, erhielt im elterlichen Haus eine sorgfältige Erziehung und ward durch einen Kreis russischer Schriftsteller schon früh in die russische Litteratur eingeweiht, wobei sein Geist zugleich eine liberale und patriotische Richtung erhielt, die mit einem begeisterten Studium der historischen Wissenschaften verbunden war. Ein Fluchtversuch, um am griechischen Freiheitskampf (1821) teilzunehmen, mißglückte, und C. mußte zur Strafe in ein Gardekavallerieregiment zu Petersburg eintreten. Nachdem C. 1825 seinen Abschied als Offizier genommen, reiste er in das Ausland und hielt sich längere Zeit in Paris auf, wo er seinen ersten dramatischen Versuch: "Jermak" (gedruckt 1832), verfaßte. Auf seiner Rückreise nach der Heimat besuchte C. die westslawischen Länder und machte sich mit dem Geist und der Sprache der Tschechen, Slowaken, Slowenen und Kroaten vertraut. Als Rußland 1828 der Türkei den Krieg erklärte, trat er wieder in die Armee ein und beteiligte sich am Feldzug, nahm indessen nach dem Friedensschluß sofort wieder seinen Abschied und ließ sich in Moskau nieder, wo er fortan, durch kein Amt behindert, einzig der Litteratur lebte. Jener Periode gehören an seine Tragödie "Der Pseudo-Dmitrij" ("Dmitrij Ssamoswánetz", Mosk. 1833), ein gehaltreiches und in schwungvoller Sprache geschriebenes Werk, und seine "Lyrischen Gedichte" ("Stichotworenija", das. 1844; neue Ausg., das. 1861), die seinen Namen bis über die Grenzen Rußlands trugen. C. wurde der Hauptrepräsentant jener Richtung im russischen Geistesleben, die man gewöhnlich mit dem Namen des Slawophilentums bezeichnet. Seine Dichtungen und Aufsätze dokumentieren sich als Ergüsse eines wenn auch oft zu weit gehenden, doch wahrhaften Patriotismus, der, alles Fremde verschmähend, das Gute im Vaterland aufsuchte und ihn in der Machtentfaltung des Slawentums den Beginn einer neuen Weltordnung erkennen ließ. Diese Ansichten findet man am schärfsten ausgesprochen in seinem "Sendschreiben an die Serben aus Moskau" (in russischer und serbischer Sprache, Leipz. 1860).

^[Artikel, die unter C vermißt werden, sind unter K oder Z nachzuschlagen.]