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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Cranach

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Cranach.

aus einer Rechnung von 1525 erfahren wir, daß er auch einen Buchladen und eine Papierhandlung besaß. An den Reformationsstürmen beteiligte sich C. durch Gemälde und Holzschnitte, die das Papsttum aufs heftigste geißeln, und vervielfältigte nach Kräften die Bildnisse seiner Freunde Luther und Melanchthon. Die Kurfürsten Johann der Beständige und Johann Friedrich der Großmütige bewiesen sich nicht minder als Friedrich der Weise dem Maler geneigt. Auch seine Mitbürger ehrten ihn; 1519 erwählten sie ihn zum Kämmerer des Rats, 1537 und wieder 1540 zum Bürgermeister, welches Amt er bis 1544 bekleidete. 1550 begab er sich auf Wunsch des gefangenen Kurfürsten Johann Friedrich zu diesem nach Augsburg, und zwei Jahre später ging er mit demselben nach Weimar, wo C. 16. Okt. 1553 starb. Die Söhne des Kurfürsten setzten ihm einen Denkstein und ließen sein Bildnis in einen Teppich weben. C. erfreute sich seiner Zeit in Deutschland des größten Rufs, wozu hauptsächlich sein Verhältnis zu den Reformatoren, dann aber auch seine Fingerfertigkeit, mit der er, von zahlreichen Gehilfen unterstützt, die Welt mit Bildern überschwemmte, beitrug. Er steht indessen Dürer und Holbein durchaus nach. Von dem Eindringen der italienischen Formenwelt zeigt er sich wenig berührt, er blieb stets in einer kleinlichen Anschauung der Form befangen. Seine Farben sind klar und haben sich sehr gut gehalten; die Umrisse auf seinen Bildern pflegte er stets besonders zu markieren. Zu Gegenständen erhabenern Charakters fehlte es ihm an dem notwendigen Schwung, er faßt alles spießbürgerlich, in engem Gesichtskreis auf; seine kleinliche, wenig richtige Zeichnung und zu starke Betonung des Einzelnen ließen ihn nicht zu höherer Durchbildung der Form gelangen. Am meisten befriedigt C. noch im Porträt, wo es keine größere Komposition galt; seine Sorgfalt der Ausführung war hier am besten am Platz. Doch war C. auch hierin gänzlich unfähig, die Charaktere groß und voll aufzufassen. Sehr ergötzlich sind seine kleinen mythologischen Darstellungen, die freilich gar nichts vom Geiste der Antike haben, sondern nur als naiv erzählte, bisweilen im burlesken Sinn des Mittelalters behandelte Märchen erscheinen. Besonders hübsch sind dieselben, wenn er sie in landschaftlicher Umgebung darstellte, die er mit Glück und Phantasie zu schildern verstand, wenn er auch die Natur noch nicht als ein Ganzes zu erfassen vermochte. Er gebot über wenig Physiognomien, namentlich kehrt überall ein Frauengesicht wieder, das zumeist etwas verschoben erscheint und wohl im vulgären Sinn hübsch und naiv, aber keineswegs schön genannt werden kann. Seine männlichen Typen leiden häufig an abstoßender Häßlichkeit, die bisweilen bei gewissen Szenen nach dem Vorbild der ältern Künstler in Fratzenhaftigkeit übergeht, so z. B. in seiner Ehebrecherin vor Christus, in München. Sein Hauptwerk in religiöser Beziehung ist das große Altarwerk in der Stadtkirche zu Weimar, das übrigens nach seinem Tod von seinem Sohn Lukas C. dem jüngern vollendet wurde. Seine Bilder sind überaus häufig; doch muß man bemerken, daß seine Schüler vieles kopiert und selbständig ausgeführt haben. Außerhalb Deutschlands findet man wenige Bilder von ihm; den größten Teil besitzen die sächsischen Herzogtümer, das Königreich Sachsen und die bayrischen Sammlungen. C. war auch trefflicher Miniaturmaler und Illuminierer, wie das sächsische Wappen auf der Universität zu Jena, das Wittenberger Universitätsalbum zu Halle und namentlich das prachtvolle Turnierbuch Johann Friedrichs, mit 146 Blättern, in Koburg beweisen. C. bezeichnete seine Werke bloß mit einem aus L und C zusammengesetzten Monogramm oder mit seinem Wappen, einer mit Drachenflügeln versehenen Schlange, die einen Ring im Maul hat. In Berlin ist eine Anzahl bedeutender Werke Cranachs: im Museum eine Folge aus dem Leiden Christi, Apollo und Diana, der Brunnen der Jugend, Venus und Cupido, das Porträt Albrechts, Kurfürsten von Mainz, etc. Die königliche Galerie zu Dresden hat: Adam und Eva zweimal, Judith, Lucretia, Delila und Simson, David und Bathseba, ein großes Altarwerk von 1515, den Kindermord darstellend, Christus und die Kinder, den Waldriesen mit den Zwergen, verschiedene Porträte, unter andern des Künstlers Bildnis und das des Joachim Rehle. In der Hauptkirche zu Glogau ist Maria mit dem Jesuskind, eins der gelungensten Bilder des Meisters. Zu Innsbruck befinden sich mehrere seiner besten Bilder: in der Kirche zu St. Jakob das berühmte Wallfahrtsbild Maria Hilf, in der Kapuzinerkirche das schöne kleine Madonnenbild mit dem Christuskind. Die Paulinerkirche in Leipzig besitzt von C. einen Christus, der die Kindlein zu sich kommen läßt; im Museum daselbst zeichnet sich ein Sterbender aus. In der Schloßkirche zu Mansfeld ist das Altarbild mit der Kreuzigung, Grablegung und Auferstehung von C. Im Dom zu Meißen sieht man den Heiland mit den Wundenmalen. Im Kloster Melk befindet sich ein treffliches Bild der Madonna mit dem auf einem Polster stehenden Kind, im Dom zu Merseburg die Kreuzigung Christi. Die königliche Galerie zu München hat: Moses und Aaron mit den Gesetzestafeln, die Ehebrecherin, Lucretia, Christus am Kreuz, die Porträte von Luther, Melanchthon und Friedrich dem Weisen, Venus und Amor; die königliche Bibliothek daselbst ein auf Pergament gedrucktes Gebetbuch mit Randzeichnungen von C. und Dürer, die lithographiert erschienen. In der Moritzkapelle zu Nürnberg befinden sich: die Ehebrecherin (Schulbild), das Brustbild einer jungen Frau, aus einem großen Bild geschnitten, welches Judith mit dem Kopf des Holofernes vorstellte, ein alter Mann in zärtlicher Umarmung mit einem Mädchen, die Grablegung und der vom Kreuz abgenommene Erlöser in den Armen seiner Freunde, das Porträt eines Königs von Dänemark; in der Eremitage zu Petersburg: Venus und Cupido und die Heirat eines Jünglings mit einer häßlichen Frau; in der ständischen Galerie zu Prag: der Sündenfall und Erlösung der Menschen; in der königlichen Galerie zu Schleißheim: Maria mit zwei Engeln, die heil. Katharina und die Enthauptung derselben, Lucretia, ein alter Mann ein junges Mädchen liebkosend, der Mund der Wahrheit u. a.; in der Stadtkirche zu Schneeberg ein großes Altargemälde, welches aber wohl nur von Cranachs Schülern ausgeführt ist. Das treffliche Altargemälde in der Stadtkirche zu Weimar stellt Christus am Kreuz, links die Auferstehung und rechts Johannes den Täufer dar. In der k. k. Galerie zu Wien zeichnen sich aus: Adam und Eva, die Anbetung der Weisen, Christus den heiligen Frauen erscheinend, Maria mit dem Kinde, die heil. Katharina und Rosalia, der heil. Hieronymus mit dem Löwen und der heil. Leopold, Lucretia, ein alter Mann, der einem jungen Mädchen einen Ring an den Finger steckt. C. hat auch acht Blätter in Kupfer gestochen: Buße des heil. Chrysostomus, Friedrich der Weise und sein Bruder Johann, Friedrich der Weise, derselbe den heil. Bartholomäus verehrend, Albrecht, Kurfürst von Mainz, drei Porträte Martin Luthers; doch stehen seine über-^[folgende Seite]

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