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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Danzig (Herzog von) - Daphne.

gefordert hatte, mit Nachdruck fortgesetzt wurde. Der furchtbarste Angriff der Belagerer 21. Mai wurde noch einmal abgeschlagen, erschöpfte aber den letzten Pulvervorrat. Als nun auch die Lebensmittel auf die Neige gingen, die Besatzung auf 7000 Mann zusammengeschmolzen, dagegen die Streitmacht des Feindes durch die Ankunft des Marschalls Mortier auf 60,000 Mann angewachsen war, kapitulierte die Stadt 24. Mai. Die Besatzung verließ am 27., wo auch Weichselmünde kapitulierte, die Festung mit Kriegsehren und der Verpflichtung, ein Jahr lang nicht gegen Frankreich zu dienen. Den Einwohnern aber ward eine Kriegssteuer von 20 Mill. Frank mit der Bewilligung allmählicher Bezahlung auferlegt. Der Marschall Lefebvre erhielt den Titel eines Herzogs von D. Im Tilsiter Frieden vom 9. Juli 1807 wurde D. als Freistaat mit einem Gebiet von 2 Lieues, die durch die willkürliche Erklärung Napoleons I. auf 2 deutsche Meilen im Umkreis ausgedehnt wurden, unter Frankreichs, Preußens und Sachsens Schutz anerkannt; doch blieb fortwährend ein französischer Gouverneur daselbst in Garnison, und durch das Kontinentalsystem war der Handel mit England zerstört. Beim Rückzug aus Rußland gelang es den französischen und polnischen Truppen des 10. französischen Armeekorps, sich in die Stadt zu werfen. Da erschien gegen Ende Januar 1813 ein aus 6000 Mann Kosaken bestehendes russisches Einschließungskorps, welches jedoch bald durch ein Korps von 7000 Mann Infanterie und 2500 Mann Kavallerie mit 60 Feldgeschützen unter dem Kommando des Generalleutnants v. Loewis abgelöst wurde. Die elfmonatliche Belagerung brachte wieder schwere Drangsale über die Stadt. Die heftigsten Ausfälle und Angriffe fanden 4. Febr., 5. März, 27. April und, nachdem 1. Juni das Belagerungsheer durch 8000 Mann preußischer Landwehr unter dem Grafen Dohna verstärkt worden war, 9. Juli statt. Nach dem Waffenstillstand vom 24. Aug. übernahm der Herzog Alexander von Württemberg den Oberbefehl der Belagerungsarmee und fügte 28. und 29. Aug., 1., 7. und 17. Sept. und 1. Nov. den Belagerten große Nachteile zu, während ein englisches Geschwader die Stadt von der Seeseite her beschoß. Endlich kam 17. Nov. eine Kapitulation zu stande, nach welcher die Garnison 1. Jan. 1814 mit der Verpflichtung, ein Jahr lang nicht gegen die Verbündeten zu dienen, nach Frankreich entlassen werden sollte. Diese Bedingungen erhielten jedoch die Genehmigung des Kaisers Alexander I. nicht, und General Rapp mußte die Bedingung eingehen, daß alle Franzosen nach Rußland abgeführt wurden.

Mit dem 3. Febr. 1814 kehrte D. unter Preußens Oberherrschaft zurück; worauf die alte Verfassung wiederhergestellt ward. 1816 wurde D. der Sitz der Regierung des Danziger Bezirks, des Konsistoriums und des Oberpräsidiums von Westpreußen. Rasch erfolgten nun, namentlich auf Veranlassung des Oberpräsidenten v. Schön, zahlreiche und in alle Zweige tief eingreifende Verbesserungen. Großen Schaden erlitt die Stadt 1829 durch einen Durchbruch der Weichsel, 1831 durch die asiatische Cholera und durch einen Brand im Juni 1858. Seit 1863 hat die städtische Verwaltung einen neuen, großartigen Aufschwung genommen, hervorgerufen durch die Amtsthätigkeit des Oberbürgermeisters v. Winter. Ihm verdankt die Stadt die Anlage einer Wasserleitung und die Kanalisation, die hier zuerst auf dem Kontinent durchgeführt ist. Seitdem haben sich die Gesundheitsverhältnisse der Stadt erheblich gebessert. Nach der Teilung der ehemaligen Provinz Preußen (1. Juli 1878) ist D. Hauptstadt der Provinz Westpreußen geworden.

Vgl. Gralath, Geschichte Danzigs (Königsb. 1789 bis 1792, 3 Bde.); Duisburg, Geschichte der Belagerungen und Blockaden Danzigs seit den frühsten Zeiten (Danz. 1808); Derselbe, Historisch-topographische Beschreibung Danzigs (das. 1816); Blech, Geschichte der siebenjährigen Leiden der Stadt D. (das. 1815, 2 Bde.); Löschin, Geschichte Danzigs (das. 1822, 2 Bde.); Derselbe, D. und seine Umgebungen (4. Aufl., das. 1860); Hirsch, Danzigs Handels- und Gewerbsgeschichte unter der Herrschaft des Deutschen Ordens (Leipz. 1858); J. C. ^[Johann Carl] Schultz, D. und seine Bauwerke (54 Kupfertafeln, Berl. 1873); Brandstäter, Land und Leute des Kreises D. (Danz. 1879); "D. in naturwissenschaftlicher und medizinischer Beziehung" (Festschrift zur 53. Naturforscherversammlung, das. 1880); Wernick; Führer durch D. (das. 1873); Rudolf, Führer durch D. (2. Aufl., das. 1884).

Der Regierungsbezirk D. (s. Karte "Ost- und Westpreußen") zählt auf 7956 qkm (149,5 QM.) (1880) 569,181 Einw., davon 289,449 Evangelische, 271,685 Katholiken und 6567 Juden, und zerfällt in die neun Kreise:

Kreise QKilom. QMeilen Einw. Einw. auf 1 QKilom.

Berent 1235 22,40 46324 37

Danzig (Stadt) 20 0,27 108551 -

Danzig (Land) 1056 21,65 80232 76

Elbing (Stadt) 12 ) 13,97 35842 -

Elbing (Land) 608 ) 37316 61

Karthaus 1398 25,34 59268 42

Marienburg 812 14,71 59819 73

Neustadt 1432 26,01 64698 45

Stargard 1383 25,14 77131 56

Danzig, Herzog von, s. Lefebvre.

Danziger Bucht, eine nach der Stadt Danzig benannte Einbuchtung der Ostsee in das Festland von Ost- und Westpreußen, die bis an ihre Mündung (von Brüsterort bis Rixhöft) gegen 82 km Breite hat. Innerhalb derselben befindet sich im W. die Putziger Wiek, gebildet durch die vorspringende Landzunge Hela; im SO. zieht sich, von der Frischen Nehrung abgeschnitten, das Frische Haff hin. Der nördliche Teil der Ostküste ist die sogen. Bernsteinküste. Dieser Busen liegt lange im Eis und hat gegen die Küste 6-50, gegen die offene See hin 40-160 m Tiefe. Leuchttürme befinden sich zu Brüsterort, Pillau, bei Neufahrwasser, zu Hela und Heisternest auf der Halbinsel Hela und zu Rixhöft. S. Karte "Ost- und Westpreußen".

Danziger Goldwasser (Danziger Lachs), feiner, farbloser Likör, in welchem Blattgoldflitterchen verteilt sind.

Danziger Nehrung, der schmale, niedrige, zum Teil fruchtbare und gut angebaute Landstrich in Westpreußen zwischen der Ostsee und den beiden Weichselarmen, der östlich in die Frische Nehrung ausläuft.

Danziger Werder, fruchtbare Marschgegend in Westpreußen, südlich von der Stadt Danzig, zwischen der Weichsel, Mottlau und Radaune, mit starker Rindvieh- und Pferdezucht und Getreidebau.

Danziger Willkür, s. Danzig, S. 540.

Daonellaschichten, s. Triasformation.

Daphne ("Lorbeer"), in der griech. Mythe Tochter des arkadischen Flußgottes Ladon oder des Amyklas oder des thessalischen Peneios und der Gäa (Erde).