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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Darmsteine

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Darmstadt - Darmsteine.

von Georg I. (gest. 1596). Die andern Kirchen sind: die Stadtkapelle, die schon erwähnte katholische Kirche mit den Grabmälern der Großherzogin Mathilde und des Prinzen Friedrich und die am äußersten Nordostrand der Stadt neuerbaute Martinskirche. An der katholischen Kirche befindet sich das Neue Palais, Wohnung des Großherzogs, von da nach W. der Marienplatz mit dem Denkmal der in den Napoleonischen und Befreiungskriegen gefallenen Hessen und der Kavalleriekaserne. Die in neuerer Zeit durch einen großen Anbau vergrößerte Infanteriekaserne liegt in der Alexanderstraße, die Artilleriekaserne in Bessungen, die Trainkaserne vor der Stadt, im W. Bemerkenswert sind die schönen, wohleingerichteten Schulbauten der Stadt, darunter die Realgymnasialschule am Kapellplatz, die Knabenmittelschule in der Friedrichstraße, mehrere Volksschulhäuser. Als Vergnügungslokal in der Stadt (Konzerte) ist der Saalbau zu nennen. Die Zahl der Einwohner betrug Ende des vorigen Jahrhunderts erst 6700; 1816 zählte D. bereits 15,391 und nach der letzten Zählung (1880) mit der Garnison (Stab der 25. Division, der 49. und 50. Infanteriebrigade und 25. Kavalleriebrigade, 3 Inf.-Bat. Nr. 115, 2 Esk. Dragoner Nr. 23, 3 Esk. Dragoner Nr. 24) 41,199 und mit Bessungen, das bereits ganz mit D. verwachsen ist, 48,769 Einw., davon 39,880 Evangelische, 7340 Katholiken, 1352 Israeliten.

Handel und Industrie sind im Aufschwung begriffen; Gegenstände des Handels sind: Eisen, Petroleum, Früchte, Mehl, Wein und Landesprodukte; die Industrie erstreckt sich auf chemische Fabrikation, Hutfabrikation, Maschinenbau, Eisengießerei, Tabak, Spielkarten, Tapeten, technische Instrumente, Bierbrauerei u. a. Geldinstitute sind: die Bank für Handel und Industrie, die Bank für Süddeutschland, eine Reichsbanknebenstelle, Volksbank, Landwirtschaftliche Genossenschaftsbank u. a. D. durchschneiden die Main-Neckarbahn (Frankfurt-Heidelberg) und die Main-Rheinbahn (Mainz-Aschaffenburg), und es gehen davon aus die Riedbahn (D.-Worms) und die Odenwaldbahn (D.-Eberbach). An Bildungsanstalten besitzt D. außer der Bibliothek und den Sammlungen (s. oben) die technische Hochschule, das Ludwig-Georgs-Gymnasium, das Realgymnasium, die Realschule, die Viktoriaschule (höhere Mädchenschule) und gute Mittel- und Volksschulen sowie Privatmädchenschulen (Hoffmannsche Schule u. a.). D. zählt 17 wissenschaftliche Vereine und 14 Zeitschriften, darunter 4 täglich erscheinende Zeitungen. An Wohlthätigkeitsanstalten und milden Stiftungen besitzt D. 26, unter den Krankenanstalten sind das städtische Hospital, das Alicehospital und das Landkrankenhaus zu nennen. D. hat einen Zentralfriedhof, einen botanischen Garten, Gas- und Wasserleitung. Es ist Sitz der obersten Landesbehörden des Großherzogtums, der Ministerien, des Oberkonsistoriums, der Oberrechnungskammer, der Regierung für Starkenburg, eines Kreisamtes, Oberpostamtes, eines Hauptsteueramtes, einer Zentralstelle für Landesstatistik und Gewerbe, eines Oberlandes- und Landgerichts für die 18 Amtsgerichte zu Beerfelden, D. I und II, Fürth, Gernsheim, Groß-Gerau, Groß-Umstadt, Hirschhorn, Höchst, Lorsch, Michelstadt, Reinheim, Waldmichelbach, Wimpfen, Zwingenberg (für welche eine Kammer für Handelssachen in D. besteht), Langen, Offenbach a. M. und Seligenstadt (für welche eine Handelskammer zu Offenbach besteht).

D. ist der Geburtsort von H. P. Sturz, Joh. Heinrich Merck (Goethes Freund), den Kupferstechern Heß und Jakob Felsing, dem Orientalisten F. E. Schul, Justus v. Liebig, General v. d. Tann u. a. Im benachbarten Ober-Ramstadt ist der Humorist Lichtenberg geboren.

Die Umgebungen der Stadt sind sehr waldreich und haben namentlich im O. und S. ausgedehnte Laubwaldungen mit schönen Partien und Spaziergängen; Vergnügungsorte sind: die Ludwigshöhe mit Aussichtsturm, Fasanerie und Einsiedel (im Wildpark), Traisa, Ober- und Nieder-Ramstadt (Stationen der Odenwaldbahn), in größerer Nähe der Karlshof. Von den großherzoglichen Gärten vor der Stadt sind die Rosenhöhe mit dem Mausoleum des großherzoglichen Hauses (Grabmal einer jung verstorbenen Prinzessin, von Rauch; Grabmal der Großherzogin Alice, von der Königin Viktoria von England gestiftet, ausgeführt von Böhm) und die Mathildenhöhe mit dem Hochreservoir des städtischen Wasserwerks zu nennen. 6 km westlich liegt der große Artillerieschießplatz, bestimmt für das 11. Korps (Regimenter 11, 25 und 27), das brandenburgische Fußartillerieregiment Nr. 3 und das württembergische (14.) Korps. D. ist der Ausgangspunkt für Ausflüge in die Bergstraße und den Odenwald.

Geschichte. In Urkunden des 8.-11. Jahrh. erscheint ein Dorf Darmundestat und war bis 1257 im Lehnsbesitz der Reichsministerialen von Dornberg. Dann vom Grafen Diether III. von Katzenelnbogen eingezogen, erhielt es 1330 Stadtrecht, und bis 1375 war die alte Burg vollendet. Nach dem Erlöschen der männlichen Linie der Grafen von Katzenelnbogen 1479 kam D. durch Heirat an Hessen. 1518 hatte D. eine heftige Belagerung durch Franz v. Sickingen zu bestehen, die durch einen Vergleich endete. Im Schmalkaldischen Krieg (1546) ward die Stadt von einem niederländisch-spanischen Korps unter dem Grafen von Büren mit List eingenommen, geplündert und das Schloß in die Luft gesprengt. D. blieb nun lange Zeit in seinen Trümmern liegen. Die Stadt erholte sich erst unter dem Landgrafen Georg I. von Hessen, der D. zu seiner Residenz wählte (1567) und Stifter der hessen-darmstädtischen Linie wurde. 1622 wurde D. von den Truppen Ernsts von Mansfeld geplündert, 1688 und 1693 von den Franzosen gebrandschatzt. Seine glänzendste Periode begann mit der Regierung Ludwigs X. (als Großherzog Ludwig I., 1790-1830). Die alten Mauern wurden größtenteils abgetragen, die Stadt nach allen Richtungen erweitert, ganze Straßen mit schönen Gebäuden und eine Menge trefflicher Bildungsanstalten gegründet. In D. wurde 1820-22 der sogen. Darmstädter Handelskongreß (zur Beratung über ein gemäßigtes Mautsystem und über gemeinschaftliche Zölle) von den Bevollmächtigten mehrerer süddeutscher Staaten gehalten und im April 1852 die sogen. Darmstädter Koalition gegen den preußischen Zollverein (s. d.) geschlossen. Vgl. Karl Wagner, D. (Beschreibung und Geschichte, Darmst. 1842); Walther, Darmstädter Antiquarius (das. 1857); Derselbe, D. wie es war und wie es geworden (das. 1865); Mitzenius, D. (Führer, das. 1871).

^[Abb.: Wappen von Darmstadt.]

Darmsteine (Kotsteine), harte, steinähnliche Körper von sehr verschiedener Form und Größe, welche sich zuweilen im Darmkanal bilden, indem sich Kalksalze schichtenförmig um einen harten, zurückgehaltenen Kotknollen oder um einen fremden Körper, einen